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Arkmodel "Ting Yuen"

Begonnen von Seemannsgarn, 27. August 2008, 23:04:50

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Seemannsgarn

Zunächst ein freundliches Hallo in die Runde.
Ich lese seit ein paar Wochen in diesem Forum und habe mich jetzt entschlossen, es auch mit einem Beitrag zu versuchen. Seit Beginn des Jahres arbeite ich an einem 1:100 Modell des chinesischen Panzerschiffes "Ting Yuen", das Anfang der 1880er Jahre auf der Vulcan-Werft gebaut und anschließend nach China überführt wurde. Das Foto zeigt das ebenfalls beim Vulcan gebaute Schwesterschiff "Chen Yuen" nach der Kaperung durch die Japaner 1895.

Ein paar laienhafte Worte über die "Genealogie" der Ting Yuen.
Vorbild der Zentralbatterie/Turmschiffe ist die englische "Inflexible", die der meistdiskutierte englische Schiffsneubau dieser Zeit gewesen sein dürfte. Nachdem die Geschütze immer schwerer und damit (pro Schiff) weniger geworden waren, stellte sich die Frage der Aufstellung. Inflexible bot die Lösung an, 2 2er-Türme in Diagonalaufstellung mittschiffs in einem gepanzerten Bereich zu führen. Theoretisch konnten also alle 4 in alle Richtungen feuern. Später sollte sich allerdings herausstellen, dass dieses Feuern dem Schiff selbst und insbesondere der Brückenbesatzung erheblichen Schaden zufügen konnte. Große Diskussionen, die zum Teil öffentlich unter Fachleuten und Verantwortlichen ausgetragen wurden, kreisten um folgende Themen: 1) Wird das Schiff, wenn seine ungepanzerten Enden "weggeschossen" sind, sinken? Ein während des Baus in den Ruhestand getretener Navy-Konstrukteur (E. Reed) entfachte darüber eine große Debatte, die in dem Eingeständnis mündete, man sei wohl doch nicht imstande, absolut unsinkbare Schiffe zu bauen. 2) Soll das Schiff eine Segeltakelage tragen? Hier spiegelte sich der Streit um die Verwendung der Schiffe. Inflexible war tendenziell für den Angriff auf oder die Blockade von Häfen gebaut worden, eingedenk der entsprechenden (und erfolgreichen) Einsätze der Royal Navy in den Napoleonischen Kriegen. Dementgegen drängten die Politiker darauf, Schiffe zu bauen, die imstande waren, die vielfältigen Sicherungsaufgaben einer weltumspannenden Kolonialmacht wahrnehmen zu können. Es lief darauf hinaus, dass Inflexible alles sein und können sollte: quasi von der schwimmdenen Batterie über den Kreuzer hin zum Linienschiff. Damit erklärt sich die enorm lange Bauzeit - immer wieder wurde "nachgebessert". Schließlich wurde die "Inflexible" mit einer Brigg-Takelage in Dienst gestellt, die später entfernt wurde.


Die deutschen Schiffe der Sachsen-Klasse orientierten sich an dem "Inflexible"-Entwurf, gingen aber in der Aufstellung der Geschütze nicht so weit, hier feuern immer je 2 zu einer Seite bzw. nach vorn und hinten. An eine Takelage war nie gedacht, da es keine überseeischen Aufträge gab. Tatsächlich suggerierte die deutsche Bezeichnung "Ausfallkorvette" sogar ein rein defensives Betätigungsfeld, was mir, betrachtet man Schiff und Ausrüstung, nicht ganz korrekt zu sein scheint. Für die beiden Auftragsschiffe der Beying-Flotte kopierten die Konstrukteure dann noch deutlicher den englischen Entwurf. Die Takelage diente hier aber nur der Überführung.
Soweit dies. Ich hoffe, ich habe nicht allzu viele technikhistorische Fehler gemacht. Selbst ausgedacht habe ich es mir auch nicht, fast alles stammt aus einem großartigen Buch, das die englische Entwicklung rund um das "Schwellenschiff" "Inflexible2 zum Thema hat: John Beeler: Birth of the Battleship. British Capital Ships 1870-1881. 2001. Tolles Buch, allerdings eher eine reich bebilderte Doktorarbeit, will sagen: sehr detail- und quellenreich und in einem akadem. Englisch, das viel Nachschlagen erfordert. Dafür exquisit bebildert. (im Antiquariat 14 Euro)
Dies für Erste. Ich will jetzt mal sehen, ob das Posting funktioniert. Später dann mehr zu meinem Modell, das aus einem Bausatz der chinesischen Firma Arkmodel entsteht.
Gruß von: Seemannsgarn
fertig: Arkmodel Ting Yuen http://www.modellboard.net/index.php?topic=25495.0
z.Zt. ruhend: Diorama mit Statenjacht http://www.modellboard.net/index.php?topic=25762.0

AnobiumPunctatum

Da bin ich mal gespannt, wie es weitergeht. Aus dieser interessanten Epoche sieht man leider viel zu wenig Modelle.
:winken:  Christian

in der Werft: HMS Triton 1773, Maßstab 1/48

"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

calidris

#2
Das ist wirklich interessant! Zwar habe ich bisher immer klassische Holz-(Segel)-schiffe gebaut, aber gerade diese Übergangszeit, in der man von (Holz)-Segelschiffen mit klassischer Breitseitenanordnung der Geschütze über verschiedene Zwischenstadien zu der Ende des 19. Jahrhunderts überwiegenden Geschützaufstellung in einzelnen Bug- und Hecktürmen übergegangen ist, und in der man Schritt um Schritt die Besegelung reduziert und schließlich abgeschafft hat, hat mich immer fasziniert. Mangels Zeit und mangels Planmaterial (habe auch noch nie danach intensiv gesucht) habe ich mich nie gezielt mit einzelnen Schiffen aus dieser Zeit beschäftigt, aber ich werde daher deinen Baubericht mit freudiger Aufmerksamkeit verfolgen!  :winken:
In gespannter Erwartung

Frank

Seemannsgarn

Danke für das Interesse.

Da ich mittlerweile schon einigermaßen fortgeschritten bin mit dem Bau der "Ting Yuen" (begonnen Anfang des Jahres), kann ich hier in Schritten rekapitulieren.

Zunächst zum Bausatz und wie ich daran gekommen bin:
Vor nicht allzu langer Zeit ist in China ein Nachbau der "Ting Yuen" fertiggestellt worden, der als Museum und Touristenattraktion im Küstenort Wai Hai liegt. Offenbar dadurch veranlasst bietet eine chinesische Modellbaufirma ein Modell bzw. einen Bausatz an. Ich hatte schon einmal Kontakt zu "Arkmodel" via Mail aufgenommen, zögerte aber, einen Bausatz zu bestellen.
Im September 2007 erhielt ich eine Einladung nach China für eine Kurzzeitdozentur an der Universität von Hangzhou (120 km sw von Shanghai). Ich hatte dann zwar die Reise vorbereitet, aber nicht im Traum daran gedacht, dass das einzige in China mich interessierende Fachgeschäft von meinem Standort aus evtl. erreichbar sein könnte. China ist ja, wie man richtig vermutet, sehr groß. Erste wenige Tage vor Antritt der Reise stellte ich dann fest, dass die Firma Arkmodel in Hangzhou residiert. Tatsächlich halfen mir meine chinesischen Gastgeber, die Firma zu besuchen.
Ich habe etwa 3 Stunden mit dem Besitzer von Arkmodel, Herrn Feng, verbracht, während derer er mir in sehr gutem Englisch seine Firma erklärt hat. Die Produkte will ich hier nicht nennen, die sind ja auch auf seiner Website http://www.arkmodel.com zu besichtigen. Ich habe mich eher für die Qualität und den Aufwand interessiert, mit dem Herr Feng recherchiert und konstruiert. Die Modelle haben GFK-Rümpfe, Aufbauten aus ABS, die Gussteile sind aus Resin, zu jedem Modell gehören Ätzteile. Herr Feng ist Ingenieur, er konstruiert selbst; mittlerweile gibt es zu jedem Modell eine 3 D Bauanleitung. Die "Ting Yuen" ist, da eine Art Nationaldenkmal, so etwas wie das Flaggschiff der Flotte von Arkmodel. Herr Feng hat Bausatz und Modell mehrfach überarbeitet, zuletzt anhand der deutschen Modellbaupläne für die "SMS Sachsen". Ich habe dann einen Bausatz bestellt und (wg. des günstigen Wechselkurses) vor Ort bezahlt. Zur angekündigten Zeit traf der Bausatz bei mir zu Hause ein.



Bei einer so kritischen Würdigung, wie sie in diesen Foren üblich ist, würde der Bausatz wahrscheinlich einen von fünf möglichen Sternen bekommen. Der GFK-Rumpf bedurfte der Korrektur durch Spanten und Spachtelmasse, die Gussteile waren ebenfalls "suboptimal". Das größte Manko aber ist der Umstand, dass praktisch nichts zueinander passt. Und von einem Bauplan kann man nicht eigentlich reden, es liegt nur eine Art Skizze bei. Ich verwende, so könnte ich sagen, wenn ich bitter sein wollte, seither den Bausatz als eine Art dreidimensionaler Anregungsliste für den Bau eines solchen Schiffes. Aber ich will nicht bitter sein! Ich bin froh, durch die Existenz dieses Bausatzes zu einem solchen Vorhaben angeregt worden zu sein. Die "Ting Yuen" ist wahrlich kein schönes Schiff, aber eines auf der interessanten Grenze zwischen Segel- und Dampf- bzw. Motorzeit. An ihr lassen sich alle Umbrüche ablesen.
Gleich zu Baubeginn musste ich alle Komponenten zuerst einmal im Rohbau erstellen und aneinander anpassen. Ich habe mich dabei an zeitgenössischen Fotografien und Stichen orientiert. Zuverlässige Pläne sind bis auf die der (baulich stark abweichenden) Schwesterschiffe der Sachsen-Klasse nicht erhältlich. So sah schließlich der erste Rohbau aus:



Die ABS-Aufbauten habe ichdurch solche aus Polystyrol ersetzt, weil ich mit diesem Material lieber arbeite. Statt des dünnen ABS-Decks aus dem Bausatz habe ich ein stabiles aus Holz fest einlaminiert, das dem GFk-Rumpf die Form gibt. Natürlich ist so kein Fahrmodell mehr möglich (wie vom Hersteller vorgesehen), aber das hatte ich auch nie bauen wollen, weil ich das Schiff mit der Überführungs-Takelage darstellen will.
Soweit: Seemannsgarn
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DAB

Hallo,
den Reiz dieses Modell zu bauen, kann ich nachvollziehen. Aber ohne Plan? Der chinesische Konstrukteur ist da sicher mit einer gehörigen Portion Phantasie herangegangen, von pedantischer Recherche kann hier keine Rede sein. Ärgerlich wenn man nach einiger Zeit feststellen muss, dass weder Dimensionen noch Details stimmen. Trotzdem viel Spaß damit!

Seemannsgarn

Nein, von Pedanterie kann hier keine Rede sein. Würde man pedantisch sein, dürfte man kein Modell dieses Schiffes bauen, weil (zumindest nach meiner Recherche) keine hoch verlässlichen Pläne existieren bzw. zugänglich sind.
Aber dürfte man, wenn man pedantisch genug ist, Schiffe aus dem 17. Jahrhundert nachbauen? (Siehe die Soleil Royale-Debatten in diesem Forum.) Und wie sieht es überhaupt mit Plänen bei Schiffen aus? Fixieren sie nicht immer nur einen von vielen Bauzuständen - oder sogar nur eine Bau-Absicht, die einmal bestanden hat und von der man gar nicht weiß, ob sie genau so realisiert worden ist?
Ich finde, man kann wählen: Ein Schiff bauen, das glänzend dokumentiert ist - und das alle bauen. Z.B. die Wasa. (Vorsicht nur, vielleicht war sie weder blau noch rot, sondern - neueste Forschung - grün lackiert!) Oder ein Schiff bauen, das einem interessant erscheint und das vielleicht nicht alle bauen. Und dann den Ärger schlucken, wenn man später auf Unterlagen stößt, die man nicht kannte. (Wobei Letzteres in diesem Fall mir so gut wie ausgeschlossen erscheint.)
Oder anders formuliert: Wenn das Schiff fertig ist, sage ich nicht: Alles richtig gemacht! Sondern: So in etwa hat es ausgesehen. (Was man ja, wenn die Anmerkung gestattet ist, letzten Endes bei allen Modellen sagen muss, weil es eben Modelle sind ....)
Seemannsgarn

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m5specht

Ich habe zwar wenig Ahnung vom Schiffsmodellbau, aber das hier scheint mir ein interessantes Projekt zu werden. Werde es auf jedenfall im Auge behalten.

:1:

Uwek

Ein sehr interessantes Projekt dass du hier angefangen hast......auch ich bin immer wieder von den Schiffen dieser Zeit fasziniert.

Irgenwie wird anscheinend die chinesische Seite des Herstellers nicht sehr gepflegt (Fotos sind fast keine sichtbar) und auch die Preisangaben kann ich nicht finden.....darf man fragen was du für den Kit bezahlt hast (nur so aus Interesse)

Auf jeden Fall wedre ich deinen Baubericht verfolgen  :winken:

Seemannsgarn

Die Seite bedürfte in der Tat der Pflege. So sind außer der TY kaum noch die alten Schiffe der Beijing Fleet zu sehen, die Arkmodel im Programm hatte (und von denen einige in Deutschland und England gebaut wurden). Wer den Bausatz von hier aus bestellt, müsste ca 600 Dollar plus Porto bezahlen. Ich hatte, wie gesagt, eine wesentlich günstigere Möglichkeit, muss aber auch unabhängig davon von einem Kauf abraten. Wer dieses Schiff bauen will, sollte nach meinem momentanen Erkenntnisstand den Rumpf nach den Sachsen-Plänen bauen. Und die Aufbauten - nun ja - vielleicht von meinem Modell abmessen.
Einzig hilfreich ist noch der Riss in Meyers Konversationslexikon, der u.a. gelegentlich im Ebay als Original(-Ausriss) angeboten wird:

Alle (!) weiteren Pläne, die ich in Fachbüchern gefunden habe, scheinen mir auf diesem zu beruhen.
Ach ja, und dann könnte man noch den Nachbau in Wai Hai besuchen. Aber davon rate ich - wieder nicht nur aus finanziellen Gründen - ebenfalls ab. Es handelt sich dabei weniger um eine historische Rekonstruktion (wie etwa bei der Batavia) und viel mehr um eine Touristenattraktion.
Seemannsgarn
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panzerchen

Klasse daß Du damit angefangen hast und es uns zeigst !!!
besten Dank !

Man kennt mich zwar allgemein als Panzermodellbauer, aber irgendwie bin bei google mal über das Schiff gestolpert und es kommt mir daher bekannt vor.
Mir geht es auch so:
Schiffe aus dieser Zeit und vielleicht noch 20 Jahre danach üben auch auf mich einen besonderen Reiz aus.
Zum Bauen sind sie mit der Takelage ja ziemlich aufwendig, ich gucke da lieber Anderen zu und genieße.

Und ich stimme Dir auch insofern zu:
Lieber ein "nur plausibles" wenig bekanntes Schiff als ein penibel exaktes daß man schon um die Ohren geklatscht kriegt, so häufig wie es gebaut und gezeigt wird.

:P

Murdock

ZitatIch hatte, wie gesagt, eine wesentlich günstigere Möglichkeit, muss aber auch unabhängig davon von einem Kauf abraten.

Bei mir ist das so:
Je schlechter die Datenlage für ein Schiff ist, und je ungenauer die Einzelteile gefertigt sind, desto interessanter wird ein Bauprojekt für mich. Die Recherche, die Auseinandersetzung mit vergangenen Technologien und/oder politischen und geschichtlichen Einflüssen sind für mich ein Benefit, das weit über den Basisspaß des Teileklebens hinaus geht. Viel Spaß beim Bauen - ich lese äußerst interessiert mit. ;)

:winken: Murdock

Seemannsgarn

Die Aufbauten mussten von der Mitte zu den Enden gebaut werden. Zentrales Element sind die beiden asymetrisch angeordneten Barbetten. Deren Größe wiederum bemaß sich nach der der Geschütze. Also baute ich die zuerst aus den (ziemlich maßgenauen, weil dem Sachsen-Plan entlehnten) Bausatzteilen.



Anschließend baute ich die Barbetten drumherum. Die wurden so auf dem Deck platziert, wie das die vorhandenen Pläne/Fotos zeigen. An dieser "Mitte" orientieren sich die anderen Aufbauten sowie der Kommandoturm, der zwischen den Geschützen steht und die Brücke trägt.



Ich habe die grob vorgebauten Aufbauten in Ausmaß und Position x-mal korrigieren müssen, bis alles wie im Vorbild eine Fluchtlinie bildete. Die Position der Schornsteine und der Masten orientiert sich wiederum an der Brücke, die den Fockmast und den ersten Schornstein gewissermaßen "umschließt". Die Brücke ist bereits beplankt, was sich als vorschnell erwies.



Seemannsgarn
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DAB

Zitat von: Seemannsgarn in 28. August 2008, 12:13:14
Nein, von Pedanterie kann hier keine Rede sein. Würde man pedantisch sein, dürfte man kein Modell dieses Schiffes bauen, weil (zumindest nach meiner Recherche) keine hoch verlässlichen Pläne existieren bzw. zugänglich sind.
Aber dürfte man, wenn man pedantisch genug ist, Schiffe aus dem 17. Jahrhundert nachbauen?

Ja, man wird kein maßstäbliches Modell des Schiffes YX bauen können, aber man kann versuchen alle Informationen über Schiffe dieser Epoche, des Typs etc., in den Bau des Modells einfließen zu lassen. (War die WASA laut Stand der Wissenschaft bisher blau und jetzt grün, dann wird sie eben grün lackiert, du weißt aber schon vorher, das es bei deinem Schiff womöglich anders war.) Aber wir reden bei deinem Schiff vom 19. Jh. und nicht von 17., und da gibt es schon einiges mehr an Information, vielleicht nicht so auf die schnelle zu bekommen von der chinesischen Provinz aus.

Noch mal: ein wirklich interessantes Schiff, das beim Bau und danach sicher viel Freude machen wird und das es verdient hätte, dass sich mal jemand etwas intensiver damit beschäftigt (ich meine intensiver als Mister Feng) und seine Erkenntnisse in einen guten Bauplan einfließen lässt. Da hast du nach Fertigstellung gleich die nächste Aufgabe @Semannsgarn  ;)


Seemannsgarn

@ DAB
Nun, ich beschäftige mich seit ca. 4 Jahren mit Schiffen dieser Epoche und habe nach den mir möglichen Recherchen die zugänglichen Bücher und Quellen eingesehen und berücksichtigt. Ich war auch in China und habe mit Leuten über den Bau der Replik gesprochen. Sicher kann man wohl noch mehr machen - wenn man weder Beruf noch Familie noch sonstige Interessen hat.  ;)

Basteln wir mal weiter. Vor einiger Zeit hat mir jemand, der auch in diesem Forum aktiv ist, die aztek empfohlen als DIE Airbrush schlechthin. Anfangs war ich nicht so überzeugt. Aber der Mann hat Recht. Die Ting Yuen ist das erste Modell, das ich damit lackiert habe. Ich war sehr zufrieden. Als Abklebeband kann ich übrigens sehr das "Malerband Gold" empfehlen. Es besteht nicht aus zwei Schichten (Band und Kleber), lässt sich bis zu einem gewissem Grad seitlich biegen, legt sich sehr gut über Unebenheiten und hinterlässt beim Abziehen keine Spuren.



Anschließend habe ich die Decks beplankt. Ich habe das dem Bausatz beiliegende Holz verwendet: sehr hell, in langen Streifen geschnitten, knapp 2mm und sehr gerade. Die langen Streifen boten den Vorteil, die Arbeit sehr zu beschleunigen. Außerdem werden die Plankengänge so wunderbar gerade und parallel. Verarbeitet wurde nach der Bleitift am Rand-Methode. Ich mag diese extrem schmalem Kalfaterungen. Es musste kaum gestückelt werden, bloß an den Kanten der Barbetten musste ich sehr exakt arbeiten. Trotz des Farbüberzuges auf dem Rumpf konnte ich die Planken mit verdünntem Weißleim gut und schnell befestigen. Die fehlenden Stöße an den Schmalseiten der Planken habe ich später mit einem zugeschnittenen Klingenstück eingedrückt. Diese Methode hat vielleicht den Nachteil, dass das Deck zu uniform oder zu "sauber" wirkt. Ich mag es so; gleichzeitig gefallen mir auch die Decks aus einzelnen, also nur 5 cm langen Planken, die dann rustikaler wirken. Die Diskussionen in diesem Forum zeigen ja, inwieweit das Geschmackssache ist.



Seemannsgarn
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Seemannsgarn

Viel Zeit verwandte ich auf den Bau der "fliegenden" Brücke. Zunächst wollte ich sie aus Polystyrol bauen, aber das erwies sich trotz Unterzügen als zu flexibel. Schließlich entschied ich mich für 1mm Messing. Die Brücke ist so eingerichtet, dass sie in der Mitte auf einem Kommandoturm ruht, der zwischen den Barbetten auf dem Deck steht wird. Die vier Stützen hinten und vorne tauchen in die Aufbauten ein, sitzen dort in einem Sackloch auf und justieren die Brücke vorn und hinten. Es war wichtig, die Brücke leicht demontierbar zu halten, weil darunter an den Geschützen noch viel gearbeitet werden muss. In einer ersten Fassung hatte ich eine Konstruktion für die Sonnensegel gebaut, die recht robust war. Zwei komplette Neufassungen von Reling und Stützen später sah es so aus:



Das Kartenhaus ist aus den ABS-Teilen des Bausatzes gefertigt und mit Furnierstreifen verkleidet.
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Burkhardt



Löle,


ein ganz toller Baubericht und auch eine SUPER Ausführung :klatsch: :klatsch: Weiter so ich werde alles aufsaugen was hier noch so an tollen Bauvortschritten kommt!

Gruß
Burkhardt

Wormattack

Hi,

erstmal herzlich Willkommen an Bord. Ich habe leider keine Ahnung von den Schiffen dieser Epoche, aber du hast dir ein wirklich interessantes Projekt vorgenommen. Bisher sieht es sehr vielversprechend aus; die unzureichende Bauanleitung scheint da wohl kein allzu großes Problem zu sein. :D

Viele Grüße
Frank

Seemannsgarn


Wie eigentlich alle Teile aus dem Bausatz mussten auch die Schornsteine (Resinguss) stark nachbehandelt werden. Bei den großen Lüftern war ich mir nicht sicher, ab ich sie überhaupt verwenden könnte, weil das Resin auch unter der Oberfläche porös war. Schließlich half eine Menge Spritzspachtel.
Die Aufbauten wurden wieder mit der Aztek gespritzt. Ich habe die graue Düse (0,3 mm, wenn ich nicht irre) und den kleinsten Behälter benutzt, um Schornsteine und Lüfter zu lackieren. Farbe: Brillux mit spezieller Spühverdünnung, Konsistenz: eher Wasser als Milch. Die Farbe traf quasi unsichtbar, also ohne jede Tropfen- oder Schlierenbildung auf und trocknete fast umgehend. Glanzgrad, ich würde sagen: seidenmatt zu matt. Etwas gewöhnungsbedürftig an der Aztek ist, dass die Farbe erst recht weit hinten kommt, will sagen: man muss den Hebel ziemlich weit zurücklegen, bis der Farbstrom einsetzt. Das hat allerdings den Vorteil, dass man nicht versehentlich gleich zu viel Farbe gibt.
Im Ganzen bin ich mit dem Ergebnis mehr als zufrieden.
Seemannsgarn
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panzerchen

Zufrieden ?
Klar !!!
Bei mir sezt auch allmählich Begeisterung ein !

Rolle

Ach, Arkmodell nicht Aktmodell und ich wundere mich schon, warum hier immer nur ein Dampfer zu sehen ist.  :D
Da hast du dir aber eine ganze menge Arbeit gemacht, sieht prima aus, für  einen wie mich, der Dampfer nicht sonderlich gut kennt. Aber das Handwerkliche kann ich berurteilen und nachvollziehen, das hast du drauf.  :P
Gruß aus Hamburg
Rolf Karotka
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Modellbau-Stammtisch-Hamburg.de

DAB

Saubere Arbeit, Seemannsgarn  :P


Was mich reizen würde ist die doch umfangreiche Takelage, die es bei meinem aktuellen Projekt der SACHSEN-Klasse nicht gibt. Aber wenn du sagst, der Rumpf der Ting Yuen ist womöglich mit der Sachsen identisch, könnte ich ja später eine TY in 1:700 bauen mit dem Hinweis, dass das Schiff mal so ähnlich aussah, warum nicht.

Seemannsgarn

@ DAB
Aus Deiner Form ließe sich problemlos ein stimmiges Modell der TY ableiten. Die Längen/Breiten-Abmessungen etc. sind identisch. Tatsächlich hatte die Vulkan-Werft den Chinesen eine "Sachsen" verkauft, dann aber die inzwischen üblichen "updates" eingebaut (u.a. stärkere Maschinen). Außerdem hatte man sich dann getraut, die Geschützaufstellung der englischen "Inflexible" (die schon für die Sachsen-Klasse Pate stand) genau zu kopieren. Bei der "Sachsen" hatte man das nicht gewagt. Aus gutem Grund, wie sich später erwies, denn beim Feuern nach vorn und achtern beschädigte der Luftdruck die Aufbauten.
Ich baue übrigens den Ablieferungszustand mit Überführungstakelage und gesetzten Segeln.  :D
Bilder später.
Danke für die Komplimente.  :)
Seemannsgarn
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Dannebrog

Zitat von: Rolle in 12. September 2008, 13:22:38
Ach, Arkmodell nicht Aktmodell ...

Wie gut, daß ich nicht der Einzige hier mit einer abgedrehten Phantasie bin - genau das Gleiche hab ich nämlich auch immer gelesen...  :D

Ich schließe mich mal nahtlos in die Riege der Komplimentmacher ein! SEHR schön gebauter und seltener Exot!  :P

AnobiumPunctatum

Hi Seemannsgarn,

ein sehr interessanter und lesenswerter Baubericht. :P
:winken:  Christian

in der Werft: HMS Triton 1773, Maßstab 1/48

"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

Seemannsgarn


Davor hatte ich mich gefürchtet: den weißen Strich an der Wasserlinie anzubringen. Ihn zu malen oder zu spritzen hatte ich niemals vor. Ich habe da schon zu viele Lackiermordopfer gesehen. Auf Hinweis von Modellbaukollegen habe ich schließlich die Streifen von einem Plotter aus der Folie schneiden lassen, die man zum Beschriften von Scheiben, Autos etc. verwendet (sehr dünn). Ich musste für den Quadratmeter zwar 29 Euro zahlen, habe aber dafür Wasserlinien und Zierstriche in drei Breiten für 10 oder 20 Schiffe! Der Streifen ließ sich recht gut anbringen. Auf Hinweis des Ladenbesitzers habe ich ihn mit Wasser noch etwas geschmeidiger machen und die Antrockenzeit etwas verlängern können. Wie fest er jetzt aufsitzt, weiß ich nicht, will ich natürlich auch nicht testen. Aber das Modell ist ja keinen besonderen Umwelteinflüssen ausgesetzt, sprich: es kommt nicht ins Wasser.
Seemannsgarn
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