Nicolle/Hook: "Die Ritter der Johanniterordens"

Begonnen von Bernd B., 20. Februar 2009, 12:25:00

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Bernd B.

David Nicolle (Autor), Christa Hook (Grafikerin)
Die Ritter der Johanniterordens 1100-1565
Brandenburgisches Verlagshaus (Siegler) 2004



Die deutsche Ausgabe der zwei Osprey-Hefte "Knight Hospitaller (1)" und "Knight Hospitaller (2)" in einem Hardcover-Band zum Preis von weniger als einem Originalheft ... kein schlechtes Geschäft.

Aber nur für Menschen, die sich die bunten Bilder gönnen mögen:



Die Positivpunkte sind rasch abgehandelt: Wer einen schnellen Einblick in die Geschichte des Johanniterordens haben möchte, reich illustriert, aber ohne grossen Tiefgang, der ist hier richtig. Vor allem die Figurenmodellbauer kommen auf ihre Kosten und können Inspiration tanken, sowohl für Einzelfiguren wie auch für ganze Szenen.

Auf der anderen Seite muss man leider sagen, dass viele der Schwarz-Weiss-Abbildungen nicht die besten sind (ein Problem, das ich oft bei Fotos in Osprey-Heften beobachte, vor allem bei "Autorenphotos"). Und dass so mancher geschichtliche Abriss schlicht zu oberflächlich ist, um (Hobby-)Historiker zu befriedigen.

Doch der günstige Preis der deutschen Ausgabe versöhnt da etwas ...  bis man zu lesen beginnt.

Bei den Büchern der Serie wird oft gemeckert, dass die Übersetzung hapert. Das kann ich so pauschal nicht bestätigen, denn auf den ersten Blick ist die Übersetzung zwar ab und an holprig und hölzern, aber nicht falsch. Kennt man sich aber etwas mit der Geschichte (und den Sprachen) aus, bekommt man graue Haare. Es ist schnell offensichtlich, dass Übersetzerin Juliane Waltke keine Ahnung von der Materie hatte und so übersetzte, wie ich eine Anleitung zum Bau eines thermonuklearen Sprengkörpers angehen würde ... vollkommen unbeleckt. Da wimmelt es dann von "Senior-Rittern" und "Junior-Offizieren", die "teutonischen Ritter" reiten gen Ostland ... es ist grausam.

Davon abgesehen hätte man die Karten auch mit deutschen Texten versehen können, oder?

Empfehlenswert?

Ja, als Übersicht und visuelle Inspiration. Aber nie und nimmer als Lesegenuss. Da muss Siegler noch dran arbeiten!

Primoz

Tja, wenn man bei der Übersetzung spart, dann kommt sowas raus (niedriger Preis + holprige Übersetzung).  :rolleyes:
Das Leben ist eine sexuell übertragbare unheilbare Krankheit mit tödlichem Ausgang

Hans

Es ist wohl grundsätzlich schwierig, Übersetzer zu finden, deren Fachgebiet exakt das ist, von dem das Original stammt. Egal nun, woran das liegt. Ich hab mir zumindest bei englischsprachigen Publikationen zwischenzeitlich angewöhnt, immer das Original zu besorgen - soweit das geht.
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

Bernd B.

Hans, das stimmt so weit schon ... deswegen lässt man allgemein die erste Arbeit einen Übersetzer machen, im zweiten Schritt kommt dann ein Redakteur/Lektor und bearbeitet das Ganze. Hier wurde aber nur die Übersetzerin eingespannt und (vermutlich aus Kostengründen) auf eine fachliche Redaktion ganz verzichtet - anders lassen sich die zahlreichen Unstimmigkeiten und Fehler in diesem Band nicht erklären.

Normalerweise (!) würde ich mir auch das Original holen, aber da es mir kaum auf den Text ankommt, ist der Preis doch ein gutes Argument (obwohl ich hier immer wieder Ospreys für € 3 bis € 4 aus Remittenden schiessen kann, aber nie die, die ich gerade haben will ...).

Ohne jetzt gross nachzudenken würde ich es wagen, zu sagen, dass das Fragen eines Fachmanns (kann auch ein Hobbyist oder Student sein) den Buchpreis um maximal 10% erhöht hätte ... immer noch spottbillig. Und wenn wenigstens so Brüller wie die Junioren, Senioren und Teutonen verhindert würden ...

PS:

Ich habe gerade 'mal die Bände zu den Samurai und Ninja angesehen, deren Übersetzung weitaus gelungener ist - da ist sogar ein Fachlektorat angegeben (wahrscheinlich wäre sonst Stephen Turnbull mit einem Katana in der Tür des Verlags aufgetaucht). Der Landsknecht-Band ist in der übersetzung ebenfalls um Welten besser, hat jedoch kein Lektorat angegeben. Vorstellungen folgen bei Interesse.

PPS:

Was mich verwundert: Warum stürzt sich Siegler nicht auf die für ein deutsches Publikum imho am interessantesten Themen ...?

Primoz

Und welche sind denn die interessantesten Themen?
Das Leben ist eine sexuell übertragbare unheilbare Krankheit mit tödlichem Ausgang

Bernd B.

Tja, Primoz ... so pauschal würde ich erstmal auf die "deutschen" Themen kommen, von den alten Germanen über die Bauernkriege bis hin zu den deutschen Truppen für und gegen Napoleon.

Primoz

OK, aber die Landsknechte sind doch auch irgendwie ein deutsches Thema. Andererseits könnte man aber auch sagen, dass sehr preiswerte Ausgaben gerade auch bei eher exotischen Themenbereichen sinnvoll sind (wer sich nicht so sehr für die Samurai interessiert, wird z.B. keine teure Ausgabe kaufen, bei einer billigen schaut es vielleicht schon anders aus).
Das Leben ist eine sexuell übertragbare unheilbare Krankheit mit tödlichem Ausgang

Hans

Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

Bernd B.

Soooooooooo kann man's auch sehen (letztlich habe ich ja selbst so gekauft) ... als Verlagsleitung wäre ich aber wahrscheinlich so ein Projekt anders angegangen. Osprey selber macht ja schon länger vor, wie man dieselben Materialien immer und immer wieder verwerten kann, wenn man sie nur neu sortiert und gut redigiert (vor allem sich wiederholendes Material herausschneidet).

Ist aber letztlich für eine Einzelbeurteilung des Buches irrelevant ...