Staffage für einen Zuiderzee-Botter (1:90)

Begonnen von wefalck, 13. März 2013, 22:23:10

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wefalck

Über den Bau eines Zuiderzee-Botters auf Grundlage des Artitec-Bausatzes berichte ich an anderer Stelle (http://www.modellboard.net/index.php?topic=33918.0). Zur vorgesehenen szenischen Gestaltung gehören natürlich auch verschiedene Figuren. Das ,story-board' für die szenische Gestaltung sieht in etwa so aus: ein Marker Botter (so um 1900 herum) hat es wegen Eisgang nicht bis nach Marken zurück geschafft und stattdessen Volendam angelaufen. Dort liegt er nun im Eis fest. Es ist Sonnabend-Nachmittag und die Besatzung vertreibt sich die Zeit mit Unterhaltsarbeiten, während die Volendammer das schöne, aber kalte, Wetter mit einem Spaziergang auf dem Eis bzw. dem Deich genießen. Inspiriert ist diese ,story' von einem winterlichen Besuch des Zuiderzeemuseums in Enkhuizen und anschließender Fahrt entlang des Deiches nach Volendam, wobei sich ordentlich Packeis auf dem Ijsselmeer (damals Zuiderzee) gebildet hatte. Ich finde die Tracht der Frauen von Marken ästhetisch nicht so ansprechend (sie trugen den Hinterkopf geschoren und lange Schläfenlocken, die unter der Haube heraushingen). Die Volendamer Männer und Frauen tragen hingegen, was die Nicht-Holländer als die holländische Tracht schlechthin betrachten – wer kennt nicht ,Frau Antje'. Schuld daran sind die zahlreichen Maler, die Volendam besucht haben und das erfolgreiche Marketing der Niederländer selber. Diese ,story' erlaubt mir also einen Marker Botter in einem Volendammer Kontext zu zeigen. Außerdem, erlaubt die ,story' Zitate nach Winterbildern von Breughel et al., allerdings in einem moderneren Umfeld.


Marker Fischerwww.geheugenvannederland.nl)


Marker Fischerwww.geheugenvannederland.nl)

Zwischen den Arbeiten am Botter, habe ich mich dann einmal dem Skipper und seinem Knecht zugewandt. Zu diesem Zweck habe ich mir einen Satz unbemalter Preiser-Figuren ,Verschiedene Berufe' besorgt und zwei geeignete Figuren ausgewählt. Diese wurden zurechtgeschnitzt bzw. ,putty' aufgetragen, bis sie annehmbare Marker Fischer ergaben. Die traditionelle Marker Tracht besteht aus dunklen wollenen oder hellen leinenen Pumphosen, die bis unter das Knie reichen, einem kragenlosen Hemd oder ,Buscherump' oder Pullover mit Rundauschnitt. Darüber kann eine kurze Spenzer-ähnliche Jacke oder auch ein ,Collani' getragen werden. Die Fischer waren abgehärtete Menschen, so daß man auf winterlichen Photographien Jacken eher selten sind. Die Unterschenkel werden mit dunklen Wollsocken geschützt und die Füße stecken in Holzschuhen. Als Kopfbedeckung wird auf Marken ein runder Filzhut getragen oder auch eine Képi-ähnliche Mütze mit kleinem Schirm. Es gibt natürlich noch viel mehr Details der Kleidung auf die einzugehen hier aber zuweit führen würde.


Scan der Schachtel-Abbildung

Der Gutsverwalter, oder was auch immer die Profession des Herrn in Schaftstiefeln aus dem Preiser-Set sein mag, wurde also in den Fischer und Bootseigner mutiert. Der Spediteur mit Schürze und Schildmütze hingegen mußte für den Fischerknecht herhalten. In beiden Fällen wurden die Pumphosen anmodelliert und die Kopfbedeckung zurechtgestutzt. Die Hemdkragen fielen ebenfalls dem Skalpell zum Opfer, während der Modellierspatel Schuhe und Stiefel zu ,Botten' aufarbeitete. Der Fischerknecht trägt vollständige Arbeitskleidung einschließlich Botten mit Segeltuchschäften.


Fischer im Rohzustand


Fischer nach der Grundierung

Ich habe mich seit Jahren kaum noch mit Figurenumbauten beschäftigt und deswegen war mein Arsenal an Materialien etwas beschränkt: eine Tube Britfix ,customising body putty', das auch nach 40 Jahren noch brauchbar ist und eine Packung Milliput ,grey', das aber nicht mehr ganz so fit war. Auf die modernen 2K-Modelliermassen hatte ich im Augenblick keinen Zugriff. Nach der ersten Spritzgrundierung mit terracotta-farbenem Mattlack sieht man dann all die Unsauberkeiten, die noch nachgearbeitet werden müssen. Besonders auf Photographien – immerhin erscheinen die knapp 2 cm hohen Figuren auf dem Bildschirm hier in etwa zehnfacher Vergrößerung.


Fischerknecht im Rohzustand


Fischerknecht nach der Grundierung

Demnächst wird es dann mit der eigentlichen Bemalung weitergehen.

wefalck
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Bradhower

Hallo Welfalck,

die Figuren sehen schon super aus für deinen Zuiderzee-Botter - ich freue mich schon auf die Bemalung  :klatsch:

Grüße Marcel

wefalck

Inzwischen hat es auch an dieser Front Fortschritte gegeben.

Die eigentliche Bemalung erfolgte mit Acrylfarben, der Einfachheit halber mit Schminke-, Vallejo- und Prince August-Farben, die eigentlich zur Verarbeitung mit der Spritzpistole gedacht sind.

 
Der bemalte Fischer von vorne

Dabei hatte ich mit den Pinseln zu kämpfen. Der Künstlerbedarf meines ursprünglichen Vertrauens im Kaufhaus BHV (www.bhv.fr, dessen Heimwerkerabteilung die Beste in Paris ist) war nach einer Re-Organisation äußert schlecht sortiert, sodaß ich dort keinen wirklichen Ersatz meiner abgenutzten Pinsel beschaffen konnte. Ich habe mir daher über die E-Bucht ein paar Pinsel der Größen 4/0, 5/0 und 10/0 kommen lassen. Die dreikantigen Pinselstile liegen eigentlich gut in der Hand, die Pinsel selber stellten sich als richtige Rattenschwänze heraus. Na ja, man bekommt das für das man bezahlt. Muß mich bei Gelegenheit mal wieder bei da vinci eindecken. Interessanterweise scheinen die meisten in Frankreich erhältlichen Künstlerpinsel aus Deutschland zu stammen.

 
Der bemalte Fischer von hinten

Bei der Bemalung wurde in ähnlicher Weise, wie bei größeren Figuren vorgegangen. Im Maßstab 1:90 muß man natürlich die Gesichtsbemalung vereinfachen. So wurden die Augen nur durch den Schatten der Augenhöhlen angedeutet. Ich hatte mir das ursprünglich bei Canaletto abgeschaut, der die Figurenstaffagen seiner Bilder mit wenigen Pinselstrichen sehr lebendig gestaltet hat. Die Wirkung ist dabei in etwa auf Lesedistanz ausgelegt. Die Gesichtsbemalung mit Acryl war ein Versuch. Vielleicht werde ich doch dafür wieder zu Öl zurückkehren. Die offene Zeit der Acrylfarben ist mir für feine Nuancierungen einfach zu kurz, vorallem bei den mehr körperhaften Farben.

 
Der bemalte Fischerknecht von vorne

Die Photographien machen einem immer die Grobheit seiner Arbeiten bewußt. Man muß allerdings auch in Betracht ziehen, daß die Figuren in mehrfacher Vergrößerung auf dem Bildschirm erscheinen. In Wirklichkeit sind sie ja nur knapp 2 cm hoch. Aus normaler Lesedistanz sehen sie da schon ganz anders aus.

 
Der bemalte Fischerknecht von hinten

In nicht allzuferner Zukunft wird es mit einem Schiffsjungen, einem Voldendammer Paar als Spaziergänger auf Deich und einem Volendammer Paar auf Schlittschuhen bzw. einem Schubschlitten weitergehen.

wefalck
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Universalniet

In Wilnsdorf von G.I.Joe auf seinem Figurworkshop gelernt

Er schwört auf Windsor & Newton  der 7er Serie

http://www.fredericus-rex.de/Pinsel/Winsor---Newton-Pinsel-Series-7/W-N-Pinsel-Serie-7-lang-134/

Als Aquarellmaler kann ich seine Erfahrungen nur bestätigen. Ein Pinsel mit guter Spitze ist sein Geld wirklich wert.


wefalck

Nach meiner Erfahrung braucht es für Acrylfarben eher Pinsel mit kurzen Haaren. Bei lasierender Malweise mit Ölfarben oder bei Aquarellfarben ist das anders. Ich hatte lange Zeit Kunstfaserpinsel von Prolene aus England, mit denen ich sehr gut zurecht kam. Leider habe ich im Augenblick keinen Zugang zu entsprechendem Ersatz.

wefalck
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Der Hoff

Also für diesen Maßstab alle Achtung  :P Würd mich da nicht mehr mit Öl dran wagen. Da ist bei mir bei 1:72 schluß, bei kleineren Maßstäben sieht mans ja wirklich nur noch mehr in der Makroaufnahme oder mit einer Lupe.

Bei den Pinseln hab ich auch schon festgestellt, dass es da unglaubliche unterschiede gibt - meine kosten jetzt so ca. 3 Euroen pro Stück, letztens für 4 Stück knapp 20€ bezahlt, aber dafür sitz ich jetzt wesentlich entspannter beim malen  :D

Zu den Figuren  :P Schön geworden - Makro ist hier tödlich, da kann man ja gleich in den Nano bereich gehen und die einzelnen Farbpigmente mit einer Nadel setzen. Einfach mal mit etwas Abstand ablichten, dann sieht man da von "Fehlern" sicher nix mehr.

Gruß

Georg

Foxtrott

Hallo Wefalck

die Figuren sind echt klasse geworden!
Die Schattierungen in diesem Maßstab noch in dieser Detaillierung ist fantastisch  :klatsch:
Bin schon auf das Gesamt-Diorama gespannt!

Grüße, Alexander

Universalniet

G.I.Joe hat nur Acrylfarben verwendet - Vallejos.

Allerdings lassen die sich sehr stark verdünnen ohne an Deckkraft einzubüßen.

AnobiumPunctatum

Ich finde die Figuren äußerst gelungen. Vlt. solltest Du ein Cent Stück zum größenvergleich mit ablichten, damit man eine bessere Vorstellung bekommt, wie klein diese wirklich sind.
:winken:  Christian

in der Werft: HMS Triton 1773, Maßstab 1/48

"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

wefalck

Ich sehe demnächst ein maltechnisches Problem auf mich zukommen: zur Volendammer Frauentracht gehört ein längsgestreifter Rock oder eine längsgestreifte Schürze. Die Stoffe waren typischerweise mit ca. 1 cm breiten Streifen z.B. in der Art weiß-rot-weiß-blau-weiß-rot usw. bedruckt bzw. gewebt. Im Maßstab 1:90 bedeutet das ca. 0,1 mm breite Streifen, die auch dem Faltenwurf folgen müssen.

Ich könnte mir z.B. folgende Vorgehensweise vorstellen: auf einer weißen Grundierung wird ein roter Streifen gemalt, mit Weiß wird der Streifen soweit übermalt bis er die richtige Breite hat, dann wird ein blauer Streifen gemalt, der ebenfalls mit Weiß auf die richtige Breite gebracht wird, usw. Mal abgesehen davon, daß das ein ziemlich (zeit)aufwendiges Verfahren ist, habe ich auch Bedenken, daß das (Künstler-)Acrylweiß mit einer Lage genügend Deckkraft hat.

Mit Tusche könnte man eine Zeichenfeder nehmen, obwohl das auf dreidimensionalen Oberflächen nicht so ganz einfach ist. Möglicherweise geht das auch mit meinen Schmincke AeroColor-Farben.

Hat jemand noch andere Ideen ?

Danke,

wefalck
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Tomwilberg

Ich habe seinerzeit mit Isographen und farbiger Zeichentusche auf Humbrol Mattweiss ganz gute Ergebnisse erzielt.
Man hat aber auch nur 1 Versuch, weil durch die Berührung mit dem Stift die matte Oberfläche poliert wird.
Anschliessend mit einem Airbrush ganz vorsichtig Lack drauf.

Bei mir ging es um Wartungshinweise auf Jets, die sind auch reichlich filigran...

Viele Grüße
Thomas

wefalck

Ja, an Trichterfedern (die Ursprungsversion des Isographen et al.) habe ich auch schon gedacht. Das Problem ist allerdings, daß rote Tuschen (nicht pigmentierte Farben) i.d.R. nicht lichtbeständig sind. Inzwischen gibt es auch Faserschreiber mit pigmentierten Tuschen, allerdings erst von 0,3 mm Durchmesser an aufwärts. Es gibt aber auch diese Faserschreiber mit Pinselspitze anstatt mit gefasster Spitze. Vielleicht sollte ich es damit mal probieren. In der Tat hat man bei dieser Vorgehensweise nur einen Versuch  8o

wefalck
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Jensel1964

Aaaaaaaalso....
Die Figuren sind angesichts des Maßstabes 1:35 (war doch so, oder  :6:) unglaublich toll gelungen.

Wie Du jetzt die 0,1 mm Linien umsetzen sollst ist in der Tat nicht leicht zu beantworten.
Die Feder- bzw. Isograf-Variante sehe ich sehr kritisch. Ich hab Anfang der 80er Bauzeichner gelernt (Opa erzählt vom Krieg) und mit Rapitografen und später Isografen gearbeitet. Das kleinste, mit dem wir arbeiteten waren 0.18er Isografen. Und da sind die Nadeln, bzw. Tintenkanülen  reihenweise über den Jordan gegangen. Eine Unebenheit auf dem Transparentpapier und das wars. 0.18 ist noch fast doppelt so groß, wie das was Du brauchst. Und Transparentpapier ist ungleich ebener als eine Figurenoberfläche.
Eine Feder ist vielleicht etwas robuster, aber einmal anhaken und das Ding tropft.

Ich würde ganz anders vorgehen:

Die feinen Linien im Computer zeichnen und soweit runterskalieren, bis es noch gut ausieht. Denn ich fürchte mal, dass die Streifen auf der Figur irgendwann nicht mehr als Einzellinien  sichtbar sind. Es zählt letztendlich ja nur der Effekt, dass die Frauen etwas blau-weiß-rot-gestreiftes anhatten.
Die Fläche mit den Linien würde ich dann auf Decalfolie (weiß für die weißen Streifen) ausdrucken, fixieren und mit ganz viel Weichmacher auf die Figur aufbringen. 
Ob das wirklich funktioniert kann ich Dir nicht sagen, aber einen Versuch ist es wert.
Jens  :winken:

wefalck

Also, die Figuren sind, wie im Titel zu lesen, im Maßstab 1:90  :pffft:

Bei den Damen bin ich noch nicht, erst einmal wird die Botter-Besatzung durch einen Jungen, einen Lehrling, komplettiert, der oft ein junger Verwandter des Fischers war. Das verwendete Preiser-Set enthält auch einen smarten Hotelpagen, der sich nun an ein weniger wohlriechendes Leben in der groben Kluft der Fischer gewöhnen muß. Anstatt die Hutschachtel einer modischen Dame wird er mit zwei Pützen an einem Tragejoch aus dem Dorf Wasser zum Boot bringen müssen.


Volendammer Fischerjunge mit Tragejochwww.geheugenvannederland.nl)


Die originale Preiser-Figur eines Hotelpagen

Die Preiser-Figur wurde ein bißchen zurechtgeschnitzt und mit Milliput die weiten Kniehosen und natürlich die Holzschuhe anmodelliert. Die Spenzer-ähnliche Jacke konnte fast unverändert übernommen werden. Das Tragejoch wurde aus einem Streifen Hartpapier geschnitzt und geschliffen.


Tragejoch


Der grundierte Marker Fischerjunge

Die Makro-Aufnahme der mit Acryl-Deckweiß grundierten zeigt wieder einmal alle Unsauberheiten mit schrecklicher Deutlichkeit. Wenn man die Figur in der Hand hält sieht sie eigentlich ganz annnehmbar aus. An verschiedenen Stellen muß noch versäubert und nachgearbeitet werden ...
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wefalck

Die Tracht der Volendammer unterscheidet sich deutlich von der auf der nur wenige Kilometer entfernten Insel Marken. Die Volendammer Männer tragen eine in den Hüften sehr weit geschnittene Hose, die ihnen eine charakteristische Silhouette verleiht. Der Oberkörper ist mit einem oft Hemd aus dickem Stoff bzw. einer hemdartigen engsitzenden Jacke bekleidet. Diese sind oft rot oder beige, die aber beide durch Wind und Wetter und Waschen meist stark verblaßt sind. Darüber wird im Winter eine einreihig geknöpfte schwerere Jacke mit oft blauem Futter getragen, das an den Revers sichtbar ist. Als Kopfbedeckung wird im Winter eine Pelzmütze getragen.


Volendammer Fischer in Wintertracht  (© www.geheugenvannederland.nl)


Junge Frau aus Volendamm  (© www.geheugenvannederland.nl)


Junge Voldendamerin mit Säugling  (© www.geheugenvannederland.nl)


Ältere Frau aus Volendamm  (© www.geheugenvannederland.nl)

Die Frauen tragen einen langen Rock und darüber eine Schürze von gleicher Länge, die etwa zwei Drittel der Tallie umfaßt. Die Röcke sind entweder indigoblau bzw. mit Blaudruck gefärbt oder weiß mit roten, blauen und/oder grünen Streifen. Meist wird eine Kombination aus dunkler Schürze und hellem Rock oder umgekehrt getragen. Das Oberteil ist eine enganliegende Jacke unter dem ein weißes Hemd getragen wird, das manchmal unter der ausgeschnittenen Jacke zu sehen ist. Nach alten Photographien zu urteilen wurden werktags aber viele unterschiedliche Varianten und Kombinationen getragen. Bei erwachsenen Frauen waren die Ärmel oft nur ¾-lang und wurden bis zu den Ellenbogen hochgeschoben. Im Winter wurden die Unterarme dann mit gestrickten Stulpen geschützt, die offenbar meist schwarz waren. An Sonntagen herrschte bei der Tracht auch eher schwarz als blau vor. Das charakteristische der Volendammer Frauentracht war jedoch die Form der Spitzenhaube mit zwei hochgebogenen und abstehenden Flügeln. In Westdeutschland ist diese Tracht durch ,Frau Antje', die über mehrere Jahrzehnte im Fernsehen und Zeitschriften für niederländische Produkte warb, bekannt. Die piktoreske Tracht zog auch schon am Ende des 19. Jh. Viele Maler nach Volendam, die sie dadurch zu einem Synonym für die ,holländische' Tracht schlechthin werden ließ.


Die originalen Preiser-Figuren für das junge Paar mit Säugling


Die originalen Preiser-Figuren für das Paar mit dem Schlitten

Beide Geschlechter tragen an Werktagen ,Klumpen', deren Form von Dorf zu Dorf auch verschieden ist. An Sonntagen werden Lederpantoffeln getragen. Übrigens ist Volendam in religiöser Hinsicht ein Sonderfall, da es ein katholisches Dorf (was sich z.B. durch Kruzifixe im Vorunter der Botter bemerkbar macht) inmitten einer ansonsten protestantischen Umgebung ist.


Die grundierte Figur einer jungen Mutter aus Volendam


Die grundierte Figur eines jungen Vaters aus Volendam

Das erste Paar ist eine junge Familie mit Säugling, die an diesem kalten, aber schönen Sonnabend-Nachmittag auf dem Deich einen Spaziergang macht. Das zweite Paar besteht aus einem jüngeren Mann der eine ältere Frau (seine Mutter oder Großmutter ?) auf einem Schlitten über das Eis schiebt. Eine in kalten Winter durchaus übliche Fortbewegungsart, wie man auf Bildern seit Breughel und noch auf Photographien in den 1940er Jahren sehen kann.


Die grundierte Figur des schlittenschiebenden Mannes aus Volendam


Die von einer bayerischen Marktfrau zur Volendammer Fischerwitwe mutierte Figur

Wie man sieht, sind auch hier weitere Nacharbeiten erforderlich. Deshalb sind diese Nahaufnahmen so nützlich. Im Original sind die Unsauberkeiten nur schwer zu erkennen.

Demnächst geht es mit der Bemalung weiter.
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LoHo

Hat was von Brueghel in dreidimensional. Coole Sache!  :P

nuggetier

Tolle Figurenänderungen.  :klatsch:


Ansonsten:

Boah, waren die hässlich gekleidet. Und ob solche weiten Hosen wirklich praktisch waren ist auch eine Frage.  :pffft:
Fertig gebaute Modelle seit ich hier angemeldet bin: Porsche 356 B/C 1:24, ---  Umbau/Streckung ägyptische Figur "Sobek";
Angefangene Bauberichte:  "Rio Magdalena" 1:160, "Ghostbusters Cadillac", diverse "Citroen B14" 1:24, "Mississippi Queen" 1:271 http://www.modellboard.net/index.php?topic=43112.msg643463#msg643463, "Mississippi-Schauferaddampfer" 1:250, "Burgmodell" 1:400, "Odawara-Castle" 1:350, "Burg Eltz" Scratchbau 1:160, Umbau - aus '34er Ford wird ein Mercedes C

Bongolo67

Das ist kein Hobby mehr, das ist wissenschaftliche Arbeit! 8o :respekt:

wefalck

Zitat von: nuggetier in 07. Oktober 2014, 20:10:47
... Boah, waren die hässlich gekleidet. Und ob solche weiten Hosen wirklich praktisch waren ist auch eine Frage.  :pffft:

Na ja, was man heute so an Turnschuhen, Trainingsanzügen, T-Shirts, 'Sweatshirts' und was immer in unseren Städten und Dörfern herumlaufen sieht ist nun auch nicht kleidsamer  :2:

*****

Für den Marker Fischerjungen fehlten noch die Pützen, die er an dem Tragejoch schleptt. Diese wurden aus Plexiglas gedreht, wobei die Teile nur bis zur Höhe der angenommenen Wasserfläche im Inneren ausgedreht wurden. Die Henkel und die Trageseile sind aus Fliegenbindegarn selbst geschlagene Seile.


Der bemalte Marker Fischerjunge


Der bemalte Marker Fischerjunge

Die Bemalung der Figuren wurde mit Schmincke AeroColor-, Vallejo- bzw. Prince August-Acrylfarben vorgenommen. Die Farben, die eigentlich für die Verabeitung mit der Spritzpistole gedacht sind, eignen sich sehr gut für Lasuren. Auch die unbedeckten Körperteile, wie Gesichter wurden mit Acrylfarben gemalt. Bei Figuren im Maßstab 1:35 habe ich in der Vergangenheit mit Erfolg Künstlerlölfarben verwendet, in diesem kleinen Maßstab funktionierte das aber nicht. Vielleicht waren meine Ölfarben, die z.T. schon Jahrzehnte in ihren Tuben verbracht haben, auch überaltert und teilweise oxidiert. Da die Köpfe nur einen Durchmesser von etwa 2 mm ist das ein bißchen eine Herausforderung.


Die bemalte junge Mutter aus Volendam


Die bemalte junge Mutter aus Volendam


Der bemalte junge Vater aus Volendam


Der bemalte junge Vater aus Volendam


Der bemalte schlittenschiebende Mann aus Volendam


Die bemalte Volendammer Fischerswitwe

Für die beiden wurde ein Schiebeschlitten nach Vorbildern aus dem Zuiderzeemuseum in Enkhuizen aus 0,5 mm dicker Polystyrolfolie ,zusammengeschustert'. Die Schlitten wurden wohl von den Leuten selbst nach dem eigenen Bedarf gebaut. Eine winterliche Ausstellung in diesem Museum im Jahr 2009 hat eigentlich auch die Anregung für diese szenische Gestaltung gegeben. Solche Schlitten wurden zum Transport von Waren, Ausrüstung für die Eisfischerei und auch Personen auf dem Eis verwendet. Man sieht sie bereits auf holländischen Gemälden des 16. Jh.


Schiebeschlitten im Zuiderzeemuseum Enkhuizen


Der noch unbemalte Schiebeschlitten


Bemalter Schiebeschlitten auf einer 1 Cent-Münze


Schiebeschlitten in Gebrauch

Wie immer zeigen die Macroaufnahmen unerbittlich sämtliche Unsauberkeiten und auch den Staub, der sich schon auf den Figuren abgelagert hat.  ?(
Aus einer normalen Betrachtungsdistanz von 20 bis 30 Zentimern sieht alles viel sauberer aus ... :D

Zur Erinnerung: die Figuren sind maximal 18 mm hoch !


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AnobiumPunctatum

ZitatZur Erinnerung: die Figuren sind maximal 18 mm hoch !

8o Gut, dass Du noch einmal darauf hinweist. Wenn Du geschrieben hättest, dass die Figuren doppelt so groß sind, hätte ich immer noch gestaunt. :P
:winken:  Christian

in der Werft: HMS Triton 1773, Maßstab 1/48

"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."