He 162 im DTM/Berlin Beobachtungen und Anmerkungen

Begonnen von Wolf, 13. April 2015, 16:40:32

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Wolf

Ich hatte vergangenen Freitag (überraschend) die Gelegenheit mir die He 162 im Deutschen Technik Museum zu betrachten. Insbesondere war ich natürlich an der Lackierung unteressiert.

In der Literatur und und bisweilen im Internet war ja mal zu lesen, dass die Maschine angeblich noch im originalen Farbkleid sei. Ausnahmen wären z.B. die Bereiche der Hoheitszeichen.
Eins kann man vorweg sagen: Dem ist nicht so. Entsprechendes wird auch auf der Schautafel im Museum erwähnt (nicht Original, Lackierung aus den 60er Jahren)

Allerdings kann man an manchen Stellen eine unter der 60er Jahre liegende Lackierung erkennen. Auch scheint man (museumsseitig?) einige Stellen abgeschliffen zu haben um die darunter leigend Lackierung freizulegen.

Anhand dem vorgefundenen habe ich mir nun meine eigene Meinung gebildet. Ich möchte extra betonen, dass es sich um eine Meinung und Spekulationen meinerseits handelt ohne irgendwelche Ansprüche auf Korrektheit oder der Behauptung, dass das was ich vermute den Tatsachen entspricht.
Dazu muss man  auch sagen, dass die Beleuchtung im Museum sehr schlecht ist.
Da mein Besuch überraschend erfolgte, hatte ich leider auch nur eine Handykamera zur Verfügung.

Grundsätzlich ist die Maschine auf der  Oberseite in zwei Grüntönen lackiert. Ein Grünton ähnlich RLM 82 und ein weiterer dunkler stumpfer Grünton. Letzter befindet sich aber nur auf Flügel und Höhenleitwerk. Der Rumpf ist komplett in diesem RLM 82 ähnlichen Grün lackiert. Die Unterseiten der Maschine sind in einem Himmelblau lackiert. So weit zur Lckierung aus den 60er Jahren.
Auf dieser Lackierung befinden sich deutsche Wartungstexte, teilweise mit Schreibfehlern.

Daneben fallen am rechten vorderen Rumpf zwei Stellen auf. (rote Kreise)



Hier sind die Farben abgeblättert bzw. entfernt worden und es scheinen die originalen Farben durchzukommen. Beim Grün würde ich auf RLM 82 tippen,


beim Blau auf RLM 76 in der grünlichen Variante. Es scheint aber, dass unter der 60er Jahre Lackierung der Holzteile ein anderes blau zu finden ist. Genau konnte ich das aber nicht erkennen (siehe Kanten der Klappen/Holzteile). Es könnte auch drunter liegender Spachtel sein (gräulich)



Richtig interessant wird es dann beim hinteren Rumpfbereich. Unter dem 60er Jahre grün und den Hoheitszeichen findet sich ein kräftiger schokoladenbrauner Farbton. Es sieht so aus, als ob man hier die grüne Farbe abgeschliffen/gebeitzt hat. Wenn dem so ist, so kann diese Farbe eigentlich nur RLM 81 sein.



Ebenso interessant ist der Bereich rund um das Triebwerk und das Triebwerk selber. Dieses ist neben einem schwarzen Endstück in deinem dunklen Olivfarbton gehalten. Der Bereich ganz unten am Triebwerk (welcher normalerweise wegen einer Verkleidung nicht sichtbar ist) ist in einem lasierenden grüngelb. Außerdem findet man auch hier am Rumpf Abbläterungen der 60er Jahre Lackierung mit darunter liegenden Farben.
Entsprechende Stellen sind im Bild markiert.



Beim Triebwerk kann man aber auch noch eine andere Vermutung haben. Die genannten Farbveränderungen/dunklen Farben könnten auch von einem Schutzanstrich stammen, mit welchem man das Triebwerk vor dem Seetransport gestrichen hat. Ein ähnliches Erscheinungsbild hat nämlich auch eine weitere aus Kanada stammende He 162, die Ser.Nr. 120086.

Im Heckbereich fallen dann die starken Abblätterungen der himmelblauen Farbe ins Auge. Auch hier findet sich darunter ein grünblauer Farbton (vermutlich RLM 76 in der späten, öminösen, bisweilen früher auch als RLM 84 bezeichneteten Variante). Darunter wiederum ein grauer Farbton (vermutlich Spachtel und/oder Grundierung



Nahaufnahme



Die gleichen "Farbabfolgen findet man auch beim Rumpf vor dem Leitwerksende. unter dem 60er Jahre grün, das bereits erwähnte Schokoladenbraun. Darunter dann wieder ein grauer Farbton. Auch hier vermutlich Spachtel oder eine Grundierung.



Nahaufnahme



So gar nicht zuordnen kann ich die Farben auf Seitenleitwerk und Seitenruder. Auf dem Ruder finden sich mehrere abgeschliffene Bereiche. Deutlich ist das helle Holz zu erkennen. Darüber ein dunkelbrauner Farbton. Aber auch hier schimmert noch die Holzmaserung durch. Eventuell handelt es sich hier um eine Holzschutzlackierung bevor die eigentliche Tarnung aufgebracht wurde. Mit dem Gedanken, dass es evt. auch RLM 81 sein könnte,  kann ich mich nicht so recht anfreunden. Wenn gleich sich über dem dunkelbraun nur noch das 60er Jahre blau befindet.
Oder man hat in der Tat hier einfach einen braunen Schutzlack aufgebracht und es dabei belassen. der stumpfe Holzschutzlasur Eindruck kommt dann evt. nur durch das abschleifen.



Ein Indiz, dass es auch anders gewesen sein könnte gibt das folgende Foto der Innenseite Seitenruder. (Rot markierter Bereich folgt gleich als Nahaufnahme)

übrigens sieht man hier deutlich die 60er Jahre Segmentlackierung der Oberseite


Die Nahaufnahme des erwähnten Bereiches:




zeigt hier, zwischen dem himmelblau und dem braun der "Holzfarbe" noch einen Farbton ähnlich RLM 02, allerdings etwas heller. Eventuell waren die Ruder Holbraun grundiert und darüber nur ganz dünn mit einem blau bzw. blaugrün lackiert, so dass dieser schnutzige graugrüne Farbeindruck entsteht. An dieser Stelle noch einmal der Hinweis, das das Licht im Museum sehr schlecht war und diese Nahaufnahme im Schatten mit Gegenlicht lag.

Sehr interessant und vollkommen abweichend vom Rest der Maschine waren Ober und Unterseite der Flügel.

Hier fand sich unter der 60er Jahre Lackierung ein kräftiger dunkelgrüner und nicht wirklich matter Farbton. unter diesem Grün dann wiederum eine graublaue Grundierung/Lackierung

Aufnahme ohne Blitz



Aufnahme mit Blitz



und Nahaufnahme



Ich würde hier fast auf RLM 70 tippen. Das würde auch dem entsprechen was man bei der Restaurierung der He 162 in Frankreich gefunden hatte.
http://memorial.flight.free.fr/He162.html

Weitere Indizien hierfür sind wie in Frankreich ein auch an der Unterseite grünes Querruder



sowie die Unterseitenlackierung der FLügel. Denn hier findet man auf der rechten Seite unter dem abblätternden 60er Jahre blau einen kräftigen mittelblauen Farbton (RLM 65??)



unter der linken Fläche wird es noch kurioser.

Hier ebenfalls zunächst das 60er Jahre himmelblau. Dann darunter ein blau welches von einem helleren in einen kräftigeren blauton übergeht und darunter wiederum eine eher graue Farbe (Grundierung Spachtel?) Kurios halt dieser Wechsel in der mittleren Schicht. Als ob die Farbe verblassen würde oder nicht richtig aufgerührt war.



Das waren so weit meine Beobachtungen und Anmerkungen zur He 162 im DTM. Wie gesagt, es sind einfach nur Spekulationen/Vermutungen auf Grund des gesehenen.

Auf Anregungen/Ideen/Dsikusson freue ich mich.

















Wer Future hat, hat noch lange keine Zukunft

Hans

Da muss ich selber erst nochmal länger nachdenken. Besonders irritierend finde ich das schokobraun sowohl auf Holz als auch auf dem Rumpf (Metall). Ich hoffe mal, es gab neben der 1960er Lackierung nicht auch noch eine 1946er-Lackierung....Gibts Fotos im Übergabezustand?

H
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

Russfinger

#2
@ Wolf: Wow! Danke! Da steckt viel Mühe dahinter  :P

Was meine - aus Viertel- udn Halbwissen gewonnenen Beiträge betrifft:

Aber ist ein Rumpf in 81 so ungewöhnlich? Es gibt ja Profile von der Maschine Paul-Heinrich Dähnes, die exakt das zeigen und die - (wenn auch nicht in Top-Qualität) just heute auf Britmodeller zu sehen war: http://www.britmodeller.com/forums/index.php?/topic/234973502-heinkel-he-162-volksjager-frog-172/

Und: Könnte das Triebwerk nicht in RLM 70 gehalten sein?
Ansonsten ist ja viel Anlass zur Spekulation gegeben... Die Farbreste, die Du möglicherweise - mit Hinweis auf die französiche Maschine - als RLM 76 identifizierst, hätte ich jetzt als 82 gesehen.

Kurzum: Kann das nicht so gewesen sein: Rumpf und Leitwerk 81. Triebwerk 70. Flügel 82. Unterseite 65? Soll ja auch bei der französischen Maschine verwendet worden sein.
Der Rest kann wirklich Spachtel sein.  Oder mechanischer Verschleiß. Hatte mal vor Jahren hölzerne Schulmöbel vor Augen, die zur Ausmusterung anstanden. Diese Sitze von Flötotto. An den Ecken hatte man da fast jede Farbe von Grau, Weiss, bis zu einer Art Orange. Würde also die entsprechenden Partien an den Randbögen und Tragflächenkanten nicht unterpflügen aber auch nicht für 100% gegeben nehmen.  Vielleicht hat da einfach einer seinen Pinsel abgestreift - und wir sitzen jetzt hier.
Edit: Das meinte ich - wären diese Stühle ein hölzerner Luftwaffenjet - wie viele RLM-Farbtöne würden wir erkennen?  ;)
http://de.dawanda.com/product/47863470-2-Vintage-SchulstuehleCasala60er?partnerid=affilinet&utm_campaign=307468&utm_medium=affilinet&utm_source=affilinet&utm_term=73#product_gallery



:winken:

Russie



No Kit left behind!

Wolf

Wo habe ich denn RLM 76 gemutmaßt, das eher wie 82 aussieht?

Einen Rumpf oder den Teil des Rumpfes in RLM 81 halte ich nicht für ungewöhnlich. Ich bin wenn nur erstaunt über dieses kräftige braun.

Triebwerk in RLM 70 halte ich im vorliegenden Fall für unwahrscheinlich. Wenn, dann eher den Flügel in 70. Leider habe ich mir im Eifer der Gefechtes nicht die linke Flügelspitze angesehen und weiß jetzt nicht ob da unter der 60er Jahre Lackierung auch dieses kräftige dunkelgrün hervorschaut oder gar braun, was ja nach Vorschrift auch möglich wäre
Wer Future hat, hat noch lange keine Zukunft

Russfinger

ZitatWo habe ich denn RLM 76 gemutmaßt, das eher wie 82 aussieht?
Argh! Meinte natürlich 70, also Schwarzgrün, das auf dem bild (kann auch am Blitz oder am Licht liegen) für mich doch stark in Richtung 82 Hellgrün tendiert.
Gemeint ist die Stelle, die Du an den Flügeln ausgemacht hast. Eine der Bildunterschriften:
Zitatch würde hier fast auf RLM 70 tippen. Das würde auch dem entsprechenwas man bei der Restaurierung der He 162 in Frankreich gefunden hatte.

Dein Erstaunen über das kräftige Braun teile ich.

:winken:

Russie


No Kit left behind!

Wolf

Ich habe ja extra mit und ihne Blitz fotografiert um es hervorzuheben. Mit Blitz wirkt es natürlich heller. Aber der Farbton ist im Original doch weit davon entfernt was man z.B laut Merrick als RLM 82 kennt. Allerdings ist es auch für RLM 70 etwas zu kräftig im Erscheinungsbild.
Kann aber auch daran liegen, dass es relativ glatt ist und nicht stumpfmatt.
Wer Future hat, hat noch lange keine Zukunft

Skyfox

Moin!

Danke Wolfgang, für den Fotoexkurs – die He 162 im DTM ist auch noch auf meiner "to do"-Liste, da kommt mir Deine Bilderserie als Ansporn sehr gelegen...
Hochinteressant, was da an vorher/nachher-Farbschichten zu Tage tritt. Ich habe gestern Abend nur schnell in ein paar Bücher geschaut,
und fand als einzigen Hinweis auf die Lackiervorschriften zur He 162 im Ullmann auf S. 168/169 den Verweis auf die "Flieglackkette 33" und ein abgedrucktes
Schreiben einer Zulieferfirma für die Tragflächen, in dem von einer "Konservierungsvorschrift 8-162" die Rede ist...
Beim dunkelbraunen Farbton bin ich mir auch ehrlich gesagt nicht Sicher, ob das evtl. Holzprimer oder aber die braune Variante von RLM 81 sein kann.
Den grünen Farbton, der an den Flächenkanten zu Tage tritt und den Du als RLM 70 ansprichst, kann ich auch nicht so richtig einsortieren – RLM 82 ist das definitiv nicht, das sehe ich auch so.
Was ist mit chemischer Veränderung der Töne im Verlauf von 70 Jahren? Hat die Kautschuk-artige Versiegelung für die Überführung auf der "Reaper" in die Staaten den Lack verändern können?
Die nicht gerade schonende/konservierende Lagerung nach Austesten und Ausstellen der Maschinen könnte auch dazu beitragen, das sich die Farben verändern.
(wenn ich daran denke, was für ein "Bohei" um farbverbindliche Proofs (Farbausdrucke) in meinem Beruf gemacht wird – deren Verbindlichkeit besteht im Mittel für max. 3 Monate – bei optimaler Lagerung!).

spannender Beitrag  :P
:V:
Skyfox

MBSTHH 
Im Gedenken an meinen Freund Ulf Petersen, 1967 – 2018

Hans

Ehrlich gesagt, von den Bildschirmfotos her kann ich mich nicht für eine Diskussion ob 70 oder einen 80er Farbton nicht begeistern. Da muss man sich schlicht auf das verlassen, was Wolf vor Ort gesehen hat. Die Alternative wären Farbproben, die kann man relativ einfach dem RLM-Ton zuordnen.

Das Braun ist nach wie vor das Problem. Es gibt zwar Farbaufnahmen dieser Maschine mit RAF-Markierung und da sieht der hintere Rumpf eben aus wie "richtiges" 82, nicht schokobraun. Es bleibt schwierig.

H.
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

Olaf

Danke für die aufschlussreichen Bilder und Gedanken dazu!
Im vergangenen Jahr habe ich mir die Maschine auch schon angesehen - bevor ich um das komplzierte und hoch komplexe Thema RLM-Farben wusste.
Daher war mein Blick eher auf Details in der Technik gerichtet.

Tja.

Das Braun am Seitenleitwerk, bei dem die Holzmaserung durchscheint, erinnert mich an Leinölfirnis, einer seinerzeit noch recht verbreiteten Behandlung von Holzteilen, die auch als Grundierung Verwendung fand. Soweit ich mich erinnern kann, besteht Leinölfirnis zu gleichen Teilen aus Leinöl und Terpentin(ersatz). Je älter der Anstrich wird, umso stärker ist die rötlich braune Verfärbung des behandelten Holzes. Könnte es das vielleicht sein?!

Was die z.T. merkwürdige Farbgebung betrifft, so halte ich (mit einiger Vorsicht!) auch Mischfarben aus Resten für denkbar. Warum?
Mein Vater war gut mit einem Flugzeugmonteur bekannt, der im Krieg zunächst Flugzeugwert im Feld war und später in der Endphase des Krieges auch in der Flugzeugfertigung eingesetzt wurde. Laut meinem Vater hat der erzählt, dass teilweise eben genau das gemacht wurde. Was da war, wurde verwendet, vor allem in der Jägerproduktion. Anfang 1945 haben die angeblich Alles Mögliche sogar mit dem Schrubber auf die Maschinen "geschmiert".

Ich betone ausdrücklich, dass es sich hierbei um Erzählungen handelt, die ich nicht überprüfen kann. Mein Vater hat mir das unlängst gesagt, als ich mit meiner Bf 110 bei der Farbgebung im Zweifel war. Leider ist der Bekannte meines Vaters vor einigen Jahren gestorben.

Lg Olaf  :winken:
Das nächste Modell wird besser!

Hans

Leinölfirnis wird auch heute noch verwendet. Er ist transparent, nicht opak. Zudem ist der Rumpf aus Metall.

Das mit dem wild zusammengemischten Farben ist ein nicht aus der Welt zu bekommender Mythos.
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

Olaf

#10
Leinölfirnis habe ich selbst schon mal angemsicht und ausprobiert. Das hat sich sehr wohl eingefärbt. Immerhin ist Leinöl selbst ja auch nicht wasserklar, sondern eher gelblich orange :1:
Edit Ich habe mich auf die Holzteile bezogen, nicht auf den Rumpf! Das Braun am Rumpf ist mir auch nicht erklärlich.

Worauf stützt sich die felsenfeste Aussage, dass es sich um einen Mythos handelt?
Ich behaupte ja nicht, dass es unbedingt so gewesen sein muss, und schon gar nicht, es sei die Regel gewesen, aber immerhin war der Mann erstens definitv Flugzeugmechaniker und war zweitens dabei.  8o
Das nächste Modell wird besser!

Wolf

Vieleicht wurde da auch nach so vielen Jahren etwas durcheinander geworfen. Was wohl gemacht wurde war, dass Wintertarnungen oder Nachtarnungen (temporär) mit Pinsel, Besen und Schrubber aufgebracht wurden.
Wer Future hat, hat noch lange keine Zukunft

Olaf

#12
Davon habe ich sogar mal ein Foto gesehen  :P
Kann natürlich sein, dass er es durcheinander gebracht hat.

BTW, die 60er-Jahre-Segmenttarnung in 70/71/65 ist ja eine interessante Interpretation gewesen. Vor dem Hintergrund, dass damals noch ziemlich viele Zeitzeugen lebten, die es besser wussten!  :2:
Das nächste Modell wird besser!

Hans

Olaf, Ölfirnis ist bernsteinfarben, mal heller, mal dunkler, je nachdem welche "Frucht" verwendet wurde - ist ja nicht immer einfach der Flachs. Im Auftrag ist er aber transparent, nicht deckend, wie ich schon schrieb. Die diversen Vorschriften für die Lackierung von Holzteilen für die Flugzeugindustrie sahen aber immer einen Lack vor, nicht auf Ölbasis. Das hat man schon im Ersten Weltkrieg nicht mehr gemacht. Wie du ja selbst weisst, dauert die Oxidation des geölten Holzes ziemlich lang, auch wenn man Härtungsstoffe zusetzt. In einer Serienfertigung unzumutbar - von der Ressourcenverschwendung von Stoffen, die auch der Lebensmittelversorgen dienen, mal abgesehen. Ausschlaggebend für Holz war anfangs die sogenannte Lackkette 30, die in der Urform eine graue Grundierung ergab. In der Schlußphase wurde nur noch einmal grundiert, mit einer Holzlackgrundierung, deren Farbton nicht definiert war. Aber auch hier ist festzustellen, dass eine zusätzliche Pigmentierung mit einem oxidroten Farbstoff auch hier schlicht Rohstoffverschwendung und damit unwahrscheinlich, aber nicht völlig ausgeschlossen war. Auf diesen Holzlack kam dann direkt die Tarnlackierung. Es gibt da dazu regen Schriftverkehr zB zwischen Focke-Wulf und dem RLM. Dass das keine bürokratischen Hirngespinste waren, bestätigen entsprechende Reste, Farbfotos etc.

Die einzige oxidrote "Grundierung" war eigentlich Spannlack für Stoffteile, den es in zwei Versionen gab. Auf Metall würde er nicht halten, auf Holz macht er keinen Sinn.

Was die Mischerei anbelangt: Der Luftfahrtindustrie fehlte es nicht an Material, sondern an Menschen. Der Lack hatte genau definierte Eigenschaften, der genau ins Produktionsschema passen musste. Eine wilde Mischerei ist bei der Industrie genau so wenig vorstellbar wie gemischte Motoren oder M3er Muttern auf M5er Schrauben. Dies mag bei den Feldausbesserungen anders ausgesehen haben und bei den Reparaturbetrieben auch - da sieht man oft zb in Schulgeschwadern geradezu aberwitzige Lackierungen - auch bei Umbauten, die auf Werften, nicht in der Serie hergestellt wurden (zB alle Zweisitzer von Jägern).

Was die Schrubber-Lackierung anbelangt: Fotos würden mich überzeugen, sonst nix - aus verschiedensten Gründen.

Das der Erinnerungsaspekt, den Wolf schon angesprochen hat, schon unmittelbar nach 1945 bis weit in die 197oer Jahre extrem schlecht war, schreibst du ja letztlich selbst. Obwohl eindeutig belegt, wurden die späten Farbtöne komplett vergessen, ja selbst die grauen Jägertarnungen ab 1941 oder die grau-grünen Tarnungen von 1940 mussten erst mühselig wieder neu entdeckt werden. Mit dran schuld waren die Ingenieursmäßige Einstellung "Farbe fliegt nicht" sowie die völlige Ignorierung des technischen Fortschritts in der Farbenproduktion und in den teilweise hoch komplexen Anforderungen bei den Farben bis 1945. Dies ist teilweise heute noch nicht veröffentlicht ( Infrarotreflektion etc).

Zurück zur He 162: Wie schon a.a.O erwähnt, war die Maschine bei der Übergabe offensichtlich nicht rot-braun, sondern normal 81. Man weiss aber nicht, was die RAF alles getrieben hat zwischen den Testflügen in 1946 und der Übergabe an die Kanadier. Wie schon erwähnt, ohne Farbchips kommt man da letztlich nicht weiter. Nach dem Ausscheiden von Dr Steinle in Berlin halte ich es allerdings auch nicht für ganz einfach, welche zu bekommen.

H
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

Olaf

Hans,
die von Dir gern zitierten Vorschriften sind mir inzwischen auch gut bekannt.
Deren minuziöse Einhaltung sieht man an unlackierten Flugzeugunterseiten, komplett nicht lackierten Me 262.... wie von Dir ja schon verschiedentlich selbst an anderer Stelle ins Feld geführt.

Was die Oxidation betrifft, hast Du vollkommen recht. Die Maschine ist ca. 70 Jahre alt.

Fakt ist, wir stehen vor einer Maschine, die merkwürdige Merkmale aufweist, bei der die Vorschirften eben NICHT weiterhelfen. Es bleibt nur Spekulation.
Was Du ins Feld führst, ist leider, und das meine ich wirklich so, leider auch keine Erklärung.

Du hast wahrscheinlich Recht, es gab wahrscheinlich wirklich genug Material, allerdings gab es auch kaum noch Logistik. So ist die These mit dem Materialmangel vor Ort doch nicht so abwegig.

Zum Thema Erinnerung merke ich an, dass ich nicht wissen möchte, wie viele Zeitzeugen überhaupt gefragt wurden. Vermessen finde ich aber, die Erinnerungen von Zeitzeugen gleich pauschal als Unsinn abzutun. Eine ernsthaft Aufarbeitung durch Historiker von geschichtlichen Fakten durch Interviews mit Zeitzeugen fand erst spät statt.



Das nächste Modell wird besser!

Hans

Ich tue die Erinnerung von Zeitzeugen nicht als Unsinn ab. Die Frage ist einfach, ob die von uns diskutierten Sachverhalte für die damalig beteiligten überhaupt einen Erinnerungswert hatten. Ich selber zb muss bei Objekten, mit denen ich vor 30 Jahren zu tun hatte, auch in Unterlagen und Fotos nachsehen, wenn es um solche "Details" geht.
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

Dannebrog

Sorry wenn ich ein wenig vom Thema abschweife - aber weiß jemand warum die Maschine in so einem schlechten Zustand ist? Es erscheint mir irgendwie ... hmmm, ja "undeutsch" sie so zu präsentieren, wenn ihr versteht was ich meine... ?( Wir sind ja sonst weltweit eher für Gründlichkeit und Ordentlichkeit bekannt...

Hans

Ich kann natürlich nicht für das DTM antworten, sondern nur allgemeine Trends wiedergeben.

Der Trend in Museen geht tatsächlich dahin, dass nicht alles in einen Neuzustand versetzt wird, solange das Objekt ausreichend konserviert, also vor weiterem Verfall gerettet ist. Eigentlich verfälscht jede "Restaurierung" den Originalzustand - wie man ja auch grad an dem Objekt hier wirklich gut erkennen kann.

In diesem Fall könnte man eine Diskussion beginnen, ob es nicht sinnvoll wäre, diese Verfälschungen zu beseitigen. Welchen Zustand sollte man nun herbeiführen? Auslieferung? Aktiver Dienst? Luftwaffe oder RAF?

Und, dies wohl das ausschlaggebende Argument, das kostet massiv Geld und Zeit. Man müsste das Objekt erst sehr gründlich analysieren, zerlegen, Proben analysieren etc etc, also aus der Ausstellung entnehmen. Weiss der Kuckuck, vielleicht steht das im Haushaltsplan des DTM für 2030.

H.
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

hakkikt

Vielen Dank für die Fotostrecke (die Handykamera kann was!) und für die interessanten Gedanken dazu.
Bißchen schmunzeln hab ich auch müssen:
Zitat von: Wolf in 13. April 2015, 16:40:32
Auf dieser Lackierung befinden sich deutsche Wartungstexte, teilweise mit Schreifehlern.

Wolf

Ich habe eine Anfrage an das DTMB geschickt und auf diesen Thread verwiesen. Später mehr dazu.
Wer Future hat, hat noch lange keine Zukunft

Olaf

Hans hat da einen interessanten Aspekt eingebracht.
Niemand kann zzt. sagen, ob die zum Vorschein kommenden Altanstriche tatsächlich die ursprünglichen sind.
Anhand der Fotos sehen die zwar nach RLM aus, nur sind wir uns wohl alle einig, dass diese Bemalung wenig mit den seinerzeit geltenden Vorschriften zu tun hat.
Nur so kam ich ja auch auf meine Spekulationen.

Lg Olaf  :winken:
Das nächste Modell wird besser!

Baron von Wien

#21
Hallo zusammen!

Nachdem ich in einem anderen Forum den Hinweis zu dem Thread gelesen habe, hab ich mal gleich registriert.
Wolf, danke für die schönen Fotos. Am witzigsten an der Maschine finde ich den Schreibfehler. Der ist mir bis dato noch nicht aufgefallen. Fakt ist, die Maschine ist definitiv nicht original.

1. Tarnverlauf (RLM 82 zu RLM 76) am Rumpf passt nicht zur Produktionsreihe von Heinkel Rostock.
2. Segmenttarnung gabs bei der He162 definitiv nicht
3. Die Gelbe 4 gehörte zur 3. Staffel des JG1. Das aufgemalte Geschwaderemblem gehörte allerdings zur 2. Staffel. Fotos gibt es von der Roten 1 und Roten 7 die ebenfalls dieses Emblem aufgemalt hatten.

Wenn man mal im Internet sucht findet man zwei schöne Farbaufnahmen der 120076 kurz nachdem sie an die Briten übergeben wurde. Die Originalfarben sind schön zu erkennen. So wie sie sein sollen. RLM 81/82/76. Bitte den Tarnverlauf am Rumpf vor dem Flügel beachten! Weiters den Farbverlauf auf den Lippischohren.  

http://2.bp.blogspot.com/-w5HMrkdRy6Q/UQNf6c7oDxI/AAAAAAAAY-Y/THl65T75SlE/s1600/He+162A-2+WkN+120076+(VH523)+1.jpg

Ohne großartige Farbanalyse kann man erkennen dass die Maschine nicht original ist und übermalt wurde. Leider hat in der Vergangenheit der Unfug der da in der Kanada passiert ist, den Weg in die "Fachliteratur" gefunden.

Übrigens gibt es von der Maschine zwei sw-Fotos in Leck. Allerdings extrem schlechte Qualität. Wenn ich mich recht entsinne sind im FLUGZEUG He162 Band von Manfred Griehl die Fotos drinnen. Die Maschine stand direkt neben der Roten 1 in Leck als sie an die Briten übergeben wurde. Emblem hatte die Maschine übrigens auf der rechten Rumpfseite keines.

Schöne Grüße,
Simon

PS: Ich erlaube mir noch ein paar Worte zu meiner Person zu schreiben, sollte man mich ev. nicht kennen. Mein Name ist Simon Schatz, Luftfahrtinteressierter und Illustrator von einigen Luftfahrtbüchern seit mehr als 10 Jahren. Das Buch "From Drawing Board to Destruction: the Volksjäger Spatz" wurde mit meinen Farbprofilen nach dem damaligen Wissensstand illustriert. In der Zwischenzeit gibt es neue Erkenntnisse was die Tarnung und die Geschwaderembleme der He162 der He162 betrifft. Hier gibt's ein paar Korrekturen meiner alten Farbprofile: http://luftwaffe-aviation-art.blogspot.co.at/search/label/Heinkel%20He%20162 Hier der direkte Link zu meiner Webseite: http://luftwaffe-aviation-art.blogspot.co.at/
PPS: Olaf, nettes Avatar hast du da. Kommt mir irgendwie bekannt vor.  ;) Allerdings verwendest du die nicht mehr korrekte Ausführung. Schriftzug und Umrahmung waren rot: http://www.rlm.at/cont/profil07.htm
Luftwaffe Aviation Art
made by Simon Schatz
http://luftwaffe-aviation-art.blogspot.co.at/

Russfinger

Vielen Dank!
Dann schieß ich gleich mal eine Fachfrage hinterher: Auf den von dir verlinkten Farbfoto ist der hintere Rumpfbereich schwarz. Ist das Schatten? Wirkt dafür m.M.n ein wenig zu dunkel - aber kann das wirklich sein, dass das bemalt wurde?

:winken:

Russie



No Kit left behind!

rabapla

die sonne steht rechts rel. hoch hinter dem betrachter: kann eigentlich kein Schatten sein.......
Gruß

Ralf

komplexe Systeme machen komplexe Fehler, 
einfache Systeme machen............ komplexe Fehler.    jede Menge 1/48 Flugzeuge und 1/72 Schiffe in unterschiedlichen Stadien

WaltMcLeod

Ich äussere mal eine Vermutung als absoluter (!!!) Nichtsanhnender ... kann das Dunkle irgendwie mit der mittig drüberliegenden Düse zu tun haben (Russ, Schutzlack, ...) ....

:winken: Walter
... dahoam im schönen Oberalm, Salzburger-Land