Herstellung von Wasserfläche mit Acrylgel

Begonnen von Jensel1964, 04. Mai 2012, 22:01:51

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Jensel1964

Hallo zusammen.
Ich bin mir nicht sicher, ob ,,Bauberichte" der richtige Platz für dieses Thema ist. Bei Bedarf wird das von den Admins aber sicherlich korrigiert.  :woist:

Ich wurde kürzlich gefragt, ob ich meinen Weg der Wasserdarstellung mal Schritt für Schritt zeigen könnte. Und ich denke, dass das sicherlich den Einen oder Anderen ebenfalls interessieren könnte. Darum zeige ich meine Methode mal im größeren Kreis.

Vorweg möchte ich darauf hinweisen, dass meine Methode nicht der Weisheit letzter Schluss ist. Gerade bei ruhigen Wasserflächen bietet sich die Methode des Vormalens und Strukturierens mit Dispersionsfarben und dem anschließenden Überzug mit Glanzlack an. Ich habe diese Methode bislang noch nicht ausprobiert  und in diesem Fall vertraute ich dann auf Altbewährtes: Die Acrylgel-Variante.

Ich zeige meinen Weg anhand des im Bau befindlichen Norwegen-Dios.

Schritt 1:
Die Umgebung (Gelände, Hafenanlagen etc.) ist fertig. Die Wasserfläche selbst wurde mit Künstleracrylfarben (in diesem Fall ein Tchibo-Angebot  :D) in verschiedenen Blau-, Grün-, Weiß- und Brauntönen vorbemalt. Braun und grün, um dunkle Blautöne zu erzeigen. NIEMALS (!!!) schwarz verwenden. Das wirkt nicht natürlich.
Das Anmalen erfolgte mit dem Pinsel. Immer schön diagonal malen und fließende Übergänge erzeugen.
Wichtig: tiefes Wasser ist dunkel, flache Bereiche mit weiß aufhellen.  Auch der Bereich dicht um die Schiffe herum und aufgewühltes Wasser im Schraubenbereich wird hellblau gemalt.



Anschließend klebe ich doppelseitiges Klebeband an den Stellen auf, an denen später die Schiffe vorgesehen werden. Ich muss gestehen, dass ich nicht sicher bin wie lange das hält. Aber ich finde es angenehmer als ein brachiales Aufkleben. Und bisher klappte das super. Kleine Schiffe halten aber auch im Gel. Das härtet super aus und fixiert sehr gut.



Schritt 2:
Jetzt kommt das Gel zum Einsatz. Ich verwendete in diesem Fall Acrylgel von Reeves. Jedes andere Acrylgel aus dem Künstlerbedarf sollte aber ähnlich gut funktionieren. Am besten probiert man es an einem Probestück aus. Der Auftrag erfolgt in diesem Fall mit Spachteln aus dem Baumarkt. Pinseln geht aufgrund der Gelkonsistenz nicht so gut. Die Pinselspuren bleiben dauerhaft sichtbar.



Aber zum Anfang. Zunächst trägt man ein wenig Gel auf. Nicht erschrecken. Das Zeug bleibt bis zum Austrocknen weiß. Bei meinem ersten Dio habe ich einen Mordsschreck bekommen. 8o

Anschließend wird das Gel mit dem Spachtel dünn verteilt. Es bleibt dabei nicht aus, dass Spuren vom Spachteln bleiben, die so überhaupt nicht nach ,,Wasserfläche" aussehen. Aber das lassen wir erst mal so.



Wenn die ganze Fläche fertig ist kann man vorsichtig versuchen alle geraden ,,Kanten", die an den Spachtelrändern entstehen, versuchen auszugleichen. Bei aufgewühltem Wasser (z.B. Schiff in schwerer See) sollte man einen kleineren Spachtel aus dem Künstlerbedarf verwenden, mit dem man optimaler Wellen darstellen kann. Da entsteht das Problem mit den ,,Spachtelkanten" natürlich nicht. Deswegen meinte ich oben, dass das Acrylgelverfahren für diesen Fall (ruhige See) nicht sooo optimal ist. :pffft:









Die Trockungsdauer hängt ganz wesentlich von der Stärke der aufgetragenen Acrylgelschicht ab. In diesem Fall war es ca. 1 Tag. Ich habe aber auch schon bis zu 4 Tage gewartet, bis die Fläche nicht mehr weiß sondern glänzend transparent war. Hier sieht man den Zustand nach ca. 1 Stunde. Auf der rechten Seite wird´s schon durchsichtiger.



So sah es am nächsten Morgen aus:



Hier sieht man recht gut, dass die Wasserfläche durch den Spachtelauftrag noch sehr ,,unwassermäßig" aussieht.



Da wiederum kommt ein weiterer Vorteil des Acrylgels in´s Spiel: Man kann auf das ausgetrocknete Gel neues Gel auftragen das trotzdem ebenso transparent aushärtet. In diesem Fall habe ich auf die gespachtelte Fläche kleine ,,Unebenheiten = Wellen" aufgetragen:





Wichtig hierbei ist, dass dieser Auftrag in eine Richtung (Windrichtung) erfolgt und eine ungefähre Wellenform hat. Dieser Auftrag härtet innerhalb von wenigen Stunden transparent aus.
Anschließend kann man mit weißer Farbe gaaaanz vorsichtig die Wellenkämme (Gischt) andeuten. Das erfolgt wie das Trockenmalen. Besonders im Bereich der Küste, d.h. dort wo die Wellen brechen kommt diese Methode zum Einsatz. Ich meine mich zu erinnern, dass auf See erst ab Windstärken über 5-6  (?) Gischt auf den Wellenkämmen entsteht. Dies sollte sich in den Flaggen der Schiffe widerspiegeln (schlaff Runterhängen nix gut). In meinem Fall bin ich mit dem Ergebnis nicht ganz zufrieden. Bei  mir sieht man Pinselstriche, weil die Wellen auf denen die Gischt entsteht  einfach nicht hoch genug sind. Der Pinsel hat auf der Wasserfläche m.E. zu deutliche Spuren hinterlassen. Aber damit kann/muss ich leben. :8:





So, das war´s dann auch. Ich hoffe, dass Euch der Bericht nicht erschlagen hat. Ist doch ,,etwas" umfangreicher geworden.  :pffft:
Solltet Ihr Fragen haben, beantworte ich die natürlich gerne. :1:
Viel Spaß beim Nachmachen!!!
Jens  :winken:

tigrazor2012

Sehr gut geworden. :) Danke für diesen tollen Bericht  :P

Universalniet

Nach dem ersten Durchlauf dachte ich noch Hmmmhhh ....

Mit der zweiten Schicht ist es aber  :P :P :P :P :P

Gruß,

Marc

Der Hoff

Hallo

Und mal ne Frage, kann man das Acrylgel nicht mit Wasser verdünnen damit die Pinselstriche verschwinden? Hab damit noch nie gearbeitet. Benutzte bisher immer transparentes Silikon.

Und das mit der Gischt kenn ich



Sieht toll aus so weiße Wellenkämme aber man übertreibt da mal schnell. Aber wie du schon geschrieben hast, damit muss man dann leben. Ich habs bei meiner Trireme noch versucht auszubessern und zu verbessern - jetzt steht das Ding am Dachboden  ;)

Gruß
Georg

Jensel1964

@Der Hoff: Das mit dem "Wasserverdünnen" hab´ich erfolglos ausprobiert. Das Gel ist....eben gelartig und vermischt sich schlecht mit Wasser. Möglicherweise würde es funktionieren wenn man die beiden Komponenten (Wasser / Gel) mit dem Mixer mischt. Der Versuch steht allerdings noch aus.  Übrigens: Deine Trireme ist wirklich ein feines Stück. :klatsch:  Ist das die von Zvezda?

:winken: Jens 

Hajo L.

Hmm, also, das Gel, das ich benutze, kann man relativ gut mit dem Pinsel auftragen und dann auch mit Wasser entsprechend verdünnen. Was ich aber auf den Fall empfehlen würde wäre ein nachträglicher Auftrag von hochglänzendem Klarlack. Der sorgt zum einen für noch "wässrigere" (durch stärker glänzendere) Oberfläche und gleicht außerdem mögliche Kanten und Pinselspuren aus.

Hier mal ein Beitrag von mir zu meinen Erfahrungen:

http://www.modellboard.net/index.php?topic=33482.0


HAJO
"My theory is longer, thicker and harder than yours." (Frank Farrelly)

Aufgrund der Photobucket-Problematik sind zahlreiche Bilder von mir nicht sichtbar. Bei signalisiertem Interesse stelle ich die fehlenden Bilder gerne über einen anderen Host wieder online.

wefalck

Ich habe das Gel immer mit einem Borstenpinsel verarbeitet. Mit Wasser läßt sich normalerweise auch die Konsistenz gut einstellen.

Wenn das Gel nach mehreren Auftragsdurchgängen gut getrocknet ist, gehe ich mit der Spritzpistole und glänzendem Acryl-Klarlack darüber. An den Stellen an denen sich Wasseroberfläche leicht kräuseln soll, z.B. weil gerade eine Bö einfällt, 'stippe' ich mit einem Pinsel mit kurzen Borsten verdünntes Gel auf.

Leider sind solche Effekte nicht so leicht zu photographieren ...



wefalck

www.maritima-et-mechanika.org
www.imago-orbis.org
www.arbeitskreis-historischer-schiffbau.de

tigrazor2012

Jetzt bin ich echt platt. Reschbeggd und... nachträglich alles Gute zum Geburtstag übrigens ;)

wefalck

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starship24

Nach dieser Methode wirkt das Wasser recht "flach". Ich verwende bei neueren Schiffsbau-Projekten gerne die unten beschriebene Methode.


http://finewaterline.com/pages/tips&tricks/fswater/fswater.htm


:winken:

wefalck

Es wirkt flach, wenn es flach sein soll, wie bei obigem Bild, das eine Szene im Inneren eines Atolls darstellt, wo es wegen des Riffsaumes kaum Seegang, aber eben Wind gibt.

Für andere Szenen, wie z.B. hier, das ein UBII-Boot (Langley-Models, 1:200) in der Mitte des I. WK im Englischen Kanal bei einer frischen Brise zeigt, kann man das größere Wellenbild z.B. in Gips modellieren.



Um dem Gips Halt auf dem Grundbrett zu geben, wurden ein paar kleine Nägel zur Hälfte eingeschlagen. Die Wellen wurden nach und nach mit Stuckgips aufmodelliert und dann mit Schnitzeisen 'ziseliert'. Der Gips wurde nach gutem Durchtrocknen mit Porenfüller versiegelt, bevor die Bemalung mit der Spritzpistole aufgetragen wurde. Da sich brechende Wellen wenn man entgegen ihrer Laufrichtung schaut eher grünlich wirken (hängt natürlich vom Wetter und der Beleuchtung ab), wurde grüne Farbe mit der Spritzpistole in dieser Richtung aufgetragen, mit Blau wurde dann in der entgegengesetzen Richtung gespritzt. Das gibt einen gewissen changierenden Effekt, wenn man das Modell aus verschiedenen Richtungen betrachtet und läßt das Wasser dadurch 'lebendiger' erscheinen. Die weitere Ausarbeitung erfolgte dann, wie bereits beschrieben. Das Modell ist übrigens schon 1995 entstanden.

Mehr Details (in Englisch) gibt's auch hier: http://www.maritima-et-mechanika.org/maritime/tips/makingwaves.html

wefalck
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Jensel1964

@wefalck: Vielen dank, dass Du mir zuvor gekommen bist :D.
Das von mir gezeigte Beispiel stellt eine weitestgehend glatte Wasserfläche dar. Darum mein Hinweis, dass diese Variante für diesen Zweck nicht unbedingt optimal ist.
Wenn ich eine unruhige See mit kleineren Wellen darstellen möchte gehe ich i.d.R. so vor, dass ich den Untergrund mit einer Mischung aus Klopapier (unbenutzt :pffft:), Wasser und Holzleim betreiche. In diese Masse lassen sich recht gut Wellen einarbeiten. Der Vorteil gegenüber Gips ist m.E. die Gewichtseinsparung. Anschließend kommt ein Farbauftrag und das Gel.
Hier ein Beispiel:
http://www.modellmarine.de/index.php?option=com_content&view=article&id=2991:schwerer-kreuzer-prinz-eugen-1700-trumpter-von-jens-bartels&catid=393

Für "ganz Harte Fälle", wie z.B. 1:350er Modelle in schwerer See, habe ich eine Styrodurplatte (s=5cm) in Wellenform geschnitten, das Schiff in eingesetzt (klar: vorher die Rumpfform ausschneiden), die Klopapier-Wasser-Weißleim.Masse drüber und ganz zum Schluss alles angemalt und mit Acrylgel überzogen.

Kurzum: Die Ausgestaltung des "Unterbaus" ist vollkommen egal. Das Gel sorgt nur für den Glanz und die Tiefe (will sagen die ersten 10-20cm des Wassers im Original).

:winken: Jens

P.S.: Ich hoffe das war verständlich