Panzerkanonenboot S.M.S. WESPE (1876) in 1:160

Begonnen von wefalck, 17. Februar 2010, 13:26:23

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wefalck

Steuerräder dritte Auflage

Ein Kollege meinte, daß man doch die Messingreifen gut drehen könne. Also habe ich die Herausforderung angenommen und ein Stück Rundmessing innen auf 6,8 mm ausgebohrt und außen auf 7,2 mm abgedreht. Von diesem Rohr mit einer Wandstärke von 0,3 mm wurden dann 0,1 mm dicke Ringe abgestochen. Nach ein paar Vorversuchen klappte das dann rasch und unkompliziert. Diese Ringe wurden dann auf 600er Schleifpapier geschliffen, um den leichten Drehgrat zu entfernen. Auf einem Arkansastein und schließlich einem Blatt Papier mit Polierpaste feingeschliffen und poliert.


Die neuen Steuerräder, darüber die gedrehten Messingringe

Da ich die Ringe aus Papier nur mit Mühe von den Rädern hätte entfernen könnnen, nahm ich die Gelegenheit zu einer dritten Auflage war, bei der ich eine mittlere Schicht weggelassen habe, da die zweite Auflag der Räder eigentlich zu dick geworden waren. Mit den bereits erprobten Schneidparametern und einer gewissen Übung im Zusammensetzen war das recht rasch erledigt. Die Messingringe wurden ebenfalls mit Zaponlack aufgeklebt.


Steuerräder direkt aus dem Laserschneider (Ich verwende ein Stück Dachschiefer als Schneidunterlage)

Die Wellen samt Spindeln für das Steuerseil wurden aus Messing gedreht.


Steuerräder zusammegesteckt, daneben die Einzelteile

Die Räder werden dann im Ganzen lackiert und die Farbe von den Messingringen wieder heruntergeschliffen. Das wird eine vorbildgerechte Anmutung ergeben, da diese Verstärkungsringe in das Holz eingelassen waren.

Fortsetzung folgt ... hoffentlich bald ...
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wefalck

Steuerstände

Die Steuerstände bestehen aus je zwei Ständern in denen die Räder gelagert sind. Diese sind irgendwie auf dem Deck verbolzt, wobei aus den Zeichnungen und Photographien nicht ersichtlich ist, wie das gemacht wurde. Auf dem Modell wird es aber ohnehin kaum zu sehen sein, da der untere Teil der Ständer unter den Grätingsplatformen verborgen ist.

Die Grätings wurden eigentlich schon vor langer Zeit als Ätzteile hergestellt. Mir haben aber die prozeßbedingten ausgerundeten Ecken nicht so recht gefallen. Ich habe daher die Grätings ebenfalls mit dem Laser aus Canson-Papier geschnitten. Durch entsprechende Einstellung der Schneidparameter ließen sich recht scharfe Ecken erzielen. Die Felder messen 0,3 mm im Quadrat und die Dicke der Grätings beträgt 0,3 mm, was knapp 5 cm beim Original entsprecht. Die Grätings vorbildgerecht z.B. aus Holz oder aus Hartpapier zu schneiden wäre praktisch unmöglich.


Steuerstand-Grätings: JPG-Bild als Vorlage für den Laserschneider

Die Grätings bestehen dabei aus zwei Lagen von je 0,15 mm dickem Papier. In Anlehnung an die Bauweise der Grätings hat die untere Lage nur transverale Stäbe. Die beiden Lagen wurden mit Zapon-Lack verklebt. Ebenfalls mit Zapon-Lack wurden die vier Unterzüge aufgeklebt, die aus drei Lagen Papier bestehen.

Die Grätings stehen auf vier kurzen Säulchen, die aus Ms-Draht gedreht und dann auf der Mikro-Fräse für die Unterzüge geschlitzt wurden.

Die Säulen wurden nach der Photographie und den Lithographien entworfen. Die Front scheint kanneliert gewesen zu sein. Auf der vorderen Säule des Steuerstandes der Brücke befindet sich ein Stab dessen Funktion unklar ist. Möglicherweise hat er mit einem Ruderlagezeiger zu tun oder er hält die Zugleine für die Dampfpfeife. Die einzige bekannte Photographie ohne den späteren gepanzerten Kommandoturm ist zu unklar, um Schlüsse daraus ziehen zu können.


Steuerrad-Ständer: JPG-Bild als Vorlage für den Laserschneider

Die Ständer wurden ebenfalls aus mehreren Lagen Canson-Papier aufgebaut, auch um die Kannelierung zu imitieren. Der Ständer erscheint ziemlich dünn, ist aber so in der Lithographie gezeichnet.

Die Ruderwelle wird in Lagern gehalten die mit Messing- oder Bronzeteilen verkleidet waren. Ein Stück Rundmessing von 2 mm Durchmesser wurde zunächst für die runden Köpfe der Ständer ausgedreht und dann eine dünne Scheibe abgestochen. Zur weiteren Bearbeitung wurden diese hohlen Scheiben in eine spezielle Einsatzspannzange aufgenommen.


Bearbeitung der Wellenlagerabdeckungen in einer Einsatzspannzange

Die Spannzangen besitzen flache Ausdrehungen und sind eigentlich für be Bearbeitung von Uhrsteinen oder kurzen Lagerbuchsen gedacht. Das Profil an der Vorderseite wurde eingedreht und dann die kugelige Abdeckung für das Wellenende mit einem Abrundfräser geformt.


Ausformen der Abdeckung des Wellenendes mit einem Abrundfräser

Da die Lagerabdeckungen am unteren Rand abgeschnitten sind, wurden sie auf der Främaschine entsprechend befräst.


Befräsen des Wellenlagers

Alle Teile wurden wiederum mit Zapon-Lack verklebt


Die Einzelteile der Steuerstände


Brücken-Steuerstand provisorisch zusammengesetzt (im Hintergrund eine 1 €-Cent-Münze)

Fortsetzung folgt ...
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bughunter

Immer wieder faszinierend, Fortschritte an diesem Kleinod zu sehen!
Und der Lasergravierer trägt, wie immer bei Deinen Werkzeugen, zur weiteren Perfektionierung der Kleinstteile bei :P

Viele Grüße,
Bughunter

Wikipedia sagt: "Ein Modell ist ein vereinfachtes Abbild der Wirklichkeit."
Deshalb baue ich lieber verkleinerte Originale.

Bohemund

Das hier ist ein Niveau von Modellbau, zu dem ich wirklich nichts konstruktiv beitragen kann. Aber ich schaue es mir mit großer Begeisterung an. Wirklich beeindruckend!

wefalck

Danke für die freundlichen Worte  :D

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Wasserpforten

Ursprünglich hätten Pfortendeckel und die Rahmen auf der Innenseite des Schanzkleides oberflächengeätzte Teile werden sollen. Die Zeichnungen waren eigentlich schon fertig. Ich bin nur nicht dazu gekommen sie auch zu ätzen. Nachdem ich nun den Laserschneider habe, habe ich sie aus Druckerpapier (80 g/m2 = 0,1 mm Dicke) geschnitten. Da die Rahmen nur 0,5 mm breit sind wären die Niete möglicherweise sowieso nicht sehr gut herausgekommen. Dito die Niete auf den Schanieren. Jedenfalls nicht mit meiner Heimätztechnik. Beim Oberflächenätzen von 0,1 mm Neusilberblech wäre die Dicke allerdings auf vorbilgerechtere 0,05 mm reduziert worden.

Die Wasserpforten haben keine Vorreiber zum Verschließen und auch keine Stange o.ä. quer darüber, um zu verhindern das Dinge oder Personen über Bord gehen. Das vereinfacht ihren Bau.

Da Papier, auch gestrichenes, immer eine etwas rauhe Oberfläche hat, jedenfalls im Vergleich zum Hartpapier, wurde ein Stück des Papieres in Schnellschleifgrundierung getränkt und auf einer Glasplatte getrocknet, die mit Frischhaltefolie bespannt war. Durch letztere läßt sich das Papier ohne zu rollen ablösen. Anschließend wurde die Oberfläche mit feinster Stahlwolle geglättet. Aus diesem so vorbereiteten Papier wurden die Pfortendeckel geschnitten. Es brauchte mehrere Versuche mit unterschiedlichen Schneidparametern, bis maßhaltige Teile herauskamen. Das ist ein Nachteil dieser einfachen Lasercutter und deren Software. Da das Material aber praktisch nichts kostet ist das nur lästig, bedeutet aber sonst keinen Verlust. Auch das Ätzen produziert mitunter Ausschauß, was teuer ist und Zeitverlust bedeutet, wenn man es nach außen vergibt.


Lasergeschnittene Wasserpfortendeckel

Leider funktioniert das mit dem so präparierten Papier nur bis zu einer gewissen Kleinheit der Teile. Bei sehr kleinen Teilen und auch den Rahmen war es besser, unpräpariertes Papier zu verwenden. Das Laserschneiden funktioniert auch besser bei dunklen Materialien, durch die geringere Albedo (Reflektionsvermögen), nimmt das Papier mehr von der Energie auf.. Leider sind die farbigen Papiere, die ich bisher gefunden habe, relativ rauh.

Bei den Wasserpforten habe ich etwas gemogelt. Ich habe befürchtet, daß ich die Auschnitte nicht so sauber hinbekommen würde. Auch würde das aus Stabilitätsgründen verwendete Hartpapier einer Schanzkleiddicke von 64 mm entsprechen, was mindesten um einen Faktor 8 zu dick ist. Deswegen wurden die Rahmen nur innen und die Deckel außen aufgesetzt. Ich hoffe, daß das nicht mehr zu sehr auffällt, wenn dan die Schanzkleidstützen eingebaut sind.

Rahmen und Deckel wurden mit Zaponlack aufgeklebt. Zuvor waren noch kleine lasergeschnittene Rechtecke von 0,3 mm x 0,5 mm als Scharnierimitation auf die Deckel geklebt.


Installation der Wasserpfortenrahmen  und -deckel 

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wefalck

Türen in Back und Deckshaus

Die Back und das Deckshaus waren durch diverse Türen zugänglich. Diese wurden aus 0.1 mm dickem Hartpapier mit dem Laserschneider ausgeschnitten. Die Scharniere bestehen aus lasergeschnittenen kleinen Papierteilen. In beiden Fällen waren verschiedene Versuche notwendig, um die richtige Endgröße durch variierne der Schnittparameter aber auch der Zeichnung zu bestimmen. Die Einzelteile wurden mit Zaponlack zusammengeklebt und dann die Türen ebenfalls mit Zaponlack an die enstprechenden Stellen geklebt.


Lasergeschnittene Türen aus Hartpapier vor dem Versäubern 

Auf Photos ist zu sehen, daß es unter jeder Tür eine Art Schwelle gab. Diese wurden ebenfalls mit lasergeschnittenen Papierstreifen dargestellt.


Blick auf Deckshaus und die Rückseite der Back mit den installierten Türen

Nach dem Aufkleben der der Türen wurden die Bohrungen für die Bullaugen eingebracht, wobei die durch den Laser geschnitte Öffnung in den Türen die Lage vorgab. Wenn dann das Schiff lackiert ist, wird die Verglasung zur eingesteckte Abschnitte von 1 mm Plexiglas-Rundstab dargestellt werden. Auf der Drehbank werden diese sorgfältig plangedreht und dann poliert werden.
Die Türknöpfe werden zu einem späteren Zeitpunkt aus Messing gedreht und dann eingesetzt werden.

P.S. Entschuldigung für die letzthin etwas schlechte Qualität der Photos, aber ich war zu faul die Spiegelreflex herauszuholen und habe sie mit dem Telephon gemacht.

Fortsetzung folgt ...
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wefalck

#131
Unterlafette des 30,5 cm-Geschützes

Die Unterlafette des Geschützes war eine recht komplexe Konstruktion aus gewalzten Winkelprofilen und dicken Blechplatten. Leider haben sich von ihr nur Übersichtszeichnungen in GALSTER (1885) und die untenstehende kolorierte Zeichnung aus der Admiralität erhalten. Viele Bauelemente sind z.Z. mit gerissenen Linien übereinander gezeichnet, so daß die Interpretation der Zeichnungen recht schwierig ist. Als Interpretationshilfen stehen eine zeitgenössische Photographie, das Demonstrationsmodell im Marinemuseum in Kopenhagen sowie die erhaltenen Geschütze in der Festung Suomenlinna vor Helsinki zur Verfügung. Das Modell in Kopenhagen eines Geschützes für das dänische Panzerschiff HELGOLAND weicht allerding in einigen Details von der Lafette von SMS WESPE ab. Die Lafetten in Suomenlinna sind zwar russische Kopien von Krupp-Festungslafetten, aber man kann an ihnen gewisse Konstruktionsdetails verifizieren, die aus den Zeichnungen nicht klar ersichtlich sind.


Übersichtszeichnung der Lafette des 30,5 cm-Geschützes (aus http://www.dreadnoughtproject.org/)

Ursprünglich hatte ich geplant, die Unterlafetten, wie die Oberlafette, aus oberflächengeätzten Teilen zusammenzusetzen. Dafür hatte ich schon vor einigier Zeit die nötigen Detailzeichnungen erstellt. Mit dem Oberflächenätzen lassen sich sehr schön die Vernietungen darstellen. Inzwischen habe ich aber ja den Laserschneider angeschafft, so daß lasergeschnittene Teile eine Alternative darstellten. Ich hatte gehofft, die Teile aus Hartpapier schneiden zu können. Diverse Versuche mit unterschiedlichen Schneidparametern waren aber nur mäßig erfolgreich, da der 5W-Laser zu schwach ist, um das Material schnell genug zu verbrennen. Es bilden sich Ränder von angeschmolzenem und verkohltem Harz. Ich habe daher wieder auf Canson-Papier zurückgegriffen, das allerdings mit 0,15 mm Dicke eigentlich maßstäblich etwas zu dick ist.


Grundplatte und Laufbohlen aus lasergeschnittenem Canson-Papier

Die vorhandenen Zeichnungen mußten für das Laserschneiden umgearbeitet werden, da sie explizit auf das beidseitige Äzten ausgerichtet waren. Es hat sich dann beim Zusammenbau auch gezeigt, daß mir in den Zeichnungen diverse Fehler bzw. Fehlinterpretationen unterlaufen waren. Beim Ätzen, wenn nach außen vergeben, wäre das teuer geworden, da ich die Platine samt Masken hätte neu machen lassen müssen. Beim Laserschneiden von Papier ließen sich Fehler leicht und rasch korrigieren – und das Material kostet praktisch nichts.


Das Grundgerüst der Unterlafette von hinten

Die ausgeschnittenen Teile wurden mit Clou-Schnellschleifgrund getränkt und anschließend mit feiner Stahlwolle leicht abgezogen. Zum Doppeln und zusammensetzen wurde wieder Zaponlack verwendet. Dieser trocknet so schnell, daß man auf Klemmen oä. Weitgehend verzichten kann.


Das Grundgerüst von vorn

Von den einzelnen Schritten des Zusammenbaus habe ich keine Photos gemacht, da das die Arbeit zu sehr behindert hätte. Zunächst wurden alle Teile die gedoppelt werden sollten mit Zaponlack verklebt und z.T. beschwert, damit sie beim Trocknen flach bleiben. Die Wangen der Lafette haben Paßschlitze eingeschnitten, so daß die Querriegel exact positioniert werden konnten. Der zusammengefügte Rahmen wurde dann auf die Grundplatte geklebt (in Wirklichkeit war das keine Platte, sondern ein aus L-Profilen zusammengesetzter Rahmen mit Füllungen aus Blechplatten). Darauf wurden die Laufbohlen geklebt, die ebenfalls als ein Teil geschnitten worden waren. Unter die Grundplatte wurde in dieser Phase noch das Gehäuse geklebt, das später das (stark vereinfachte, weil am fertigen Modell kaum sichtbare) Richtgetriebe aufnehmen wird.


Das Grundgerüst von unten mit dem Gehäuse für das Richtgetriebe

Man kann auf den laser-geschnitttenen Teilen Markierungen für die Vernietung erkennen. Die Nieten werden durch kleine Tröpfchen von Weißleim dargestellt werden. In den nächsten Schritten werden dann weitere Details ergänzt werden.




Das Grundgerüst der Unterlafette mir Oberlafette und Rohr provisorisch aufgesetzt

Fortsetzung folgt ...
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maxim

Tolle Arbeit!

Für was war die "Schiene" (?) innen in der Lafette?
Im Bau: portugiesische Fregatte NRP Almirante Gago Coutinho (1/700, Umbau Niko Model)


wefalck

Danke !

Zur Frage: diese 'Rinne' liegt direkt unter der hydraulischen Rücklaufbremse (die voraussichtlich Gegenstand des nächsten Beitrages sein wird). Da aber der Mechanismus an zwei Punkten aufgehängt ist, hat die Rinne keine offensichtliche mechanische Funktion. Vielleicht dient sie dazu, eventuell leckende Hydraulikflüssigkeit (Glyzerin) aufzufangen.
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maxim

Vielen Dank für die Erklärung. Bei den Lafetten auf/in Suomenlinna waren die nicht mehr vorhanden. Wenn es dünneres Material ist, kann es natürlich weggerostet sein - oder es wurde als nicht notwendig erachtet.
Im Bau: portugiesische Fregatte NRP Almirante Gago Coutinho (1/700, Umbau Niko Model)


wefalck

Glyzerin, das um diese Zeit als Hydraulikflüssigkeit verwendet wurde, würde das Deck sehr glitschig machen, was auf See gar nicht gut ist. An Land dürfte das weniger ein Problem gewesen sein.
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Maesi

Hallo,

klasse Fortschritt, schaut super aus  :klatsch: .

Gruß Matthias

Rafael Neumann

Sehr schöner Baubericht mit wirklich erstklassig hergestellten Details.
Was mich aber außerdem fasziniert sind die ganzen Bilder der Fräsmaschine mit den Werkzeugen und den eingespannten Teilen.
Was es alles so gibt und was man alles so machen könnte ....  :klatsch:

Schöne Grüße
Rafael
Wenn ich mal sterbe, hoffe ich, dass meine Frau die Bausätze nicht zu den Preisen verkauft, die ich Ihr genannt habe ...

wefalck

Danke für die netten Worte !

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Die hydraulische Rücklaufbremse

Die 30,5 cm Ringkanone in Pivotlafette C/76 war eines der ersten Geschütze der deutschen Marine, das mit einer hydraulischen Rücklaufbremse ausgestattet war, während zuvor Lamellenkompressoren und Brooktaue die Norm waren.

Die Rücklaufbremse besteht aus einem langen Zylinder mit aufgeschraubten Zylinderdeckeln an beiden Seiten. Die Zylinderdeckel haben Durchführungen für zwei Kolbenstangen, die mit Stopfbuchsen abgedichtet werden. Die Kolbenstangen sind jeweils am vorderen und hinteren Ende der Unterlafette gelagert. Der Kolben ist als einseitig selbstöffnendes Ventil ausgebildet. Der Zylinder wird über einen Hahn mit Glyzerin befüllt. Der Zylinderkopf stellt auch eine von Art Kreuzkopf dar und ist mit zwei kurzen Kuppelstangen mit der Oberlafette verbunden, die dazu an der Unterseite entsprechende Laschen hat. Der Kreuzkopf läuft auf einer Gleitbahn, da die Kolbenstangen nur durch den kurzen Kolben, der gleichzeitig der Ventilkörper ist, miteinander verbunden sind und das Gewicht der Bremse nicht alleine tragen würden.


Arbeitszeichnung für die Einzelteile der hydraulischen Rücklaufbremse

Beim Schuß läuft die Oberlafette nach hinten, wobei der Kolben durch die Glyzerinfüllung gepreßt wird und somit die Rückstoßenergie in Wärme umgewandelt wird. Das Ventil im Kolben verhindert zunächst, daß die Lafette selbstständig in die Schußstellung zurückgleiten kann. Um das Geschütz wieder auszurennen wird die Oberlafette durch die exzentrisch gelagerten Hinterräder angehoben und das Ventil im Kolben geöffnet. Dazu befindet sich konzentrisch in der hinteren Kolbenstange eine lange Stange, mit der von der Plattform des Richtschützen aus das Ventil kontrolliiert geöffnet werden kann. Er kann damit die Oberlafette langsam wieder nach vorne laufen lassen.

Leider wir auf dem Modell von der Rücklaufbremse nicht viel zu sehen sein. Daher wurde sie nur etwas vereinfacht nachgebildet. Sie besteht aus fünf Einzelteilen.


Die Einzelteile der hydraulischen Rücklaufbremse (das Rastermaß der Schneidmatte beträgt 5 mm).

Zunächst wurden die Kolbenstangen aus Stecknadeln von 0,6 mm bzw. 0,7 mm Durchmesser gedreht. Stecknadeln haben eine fein polierte Oberfläche und eignen sich deswegen dazu sehr gut. Das Auge zum Einhängen der vorderen Kolbenstange wurde aus dem Nadelkopf herausgefräst.

Der Zylinder samt Deckeln und Stopfbuchsen wurde aus einem Rundstahl von 2,5 mm Durchmesser in einem Stück gedreht. Auf der Fräsmaschine wurde eine Querbohrung eingebracht und ein weiteres Drehteil aus Stahl für die Bolzen der Kreuzkopfgelenke eingelötet. Der Sechskant der Stopfbuchsenmutter wurde in der gleichen Aufspannung gefräst.

Die beiden gegabelten Kuppelstangen, die die Bremse mit der Oberlafette verbinden sind aus jeweils drei lasergeschnittenen Papierteilen zusammengesetzt.

Das bronzene Ventilfedergehäuse wurde aus 1 mm Rundmessing gedreht.

Der Ventilhebel wird dann zu einem späteren Zeitpunkt noch hergestellt werden.




Rücklaufbremse provisorisch in die Oberlafette eingebaut

Leider wird von der Rücklaufbremse später nicht viel zu sehen sein, da sie von der Oberlafette, zwei Trittrosten und einem Tunnel über der hinteren Kolbenstange weitgehend verdeckt sein wird.

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wefalck

Pufferbohlen

Um den Rück- bzw. Vorlauf zu begrenzen befindet sich am hinteren und vorderen Ende des Rahmens der Unterlafette eine Pufferbohle mit jeweils vier Puffern gegen die Oberlafette mit ihren Querträgern läuft. Die Puffer sind als Kolben mit einer Kolbenstange ausgebildet, die an der Hinterseite der Pufferbohle verschraubt ist. Es ist nicht ganz klar woraus die Federelemente bestanden. Die Zeichnungen lassen Gummischeiben mit dazwischen gelegten Metallscheiben vermuten. Bei einigen der Geschütze auf Suomenlinna haben sich ebenfalls Gummischeiben erhalten, während es bei dem Demonstrationsmodell für die dänische Marine offenbar starke Federn sind.


Pufferbohlen auf der Unterlafette

Die Pufferkörper wurden aus 1 mm Stahldraht gedreht. An der entsprechenden Stelle wurde dann eine Wicklung aus 0,15 mm dickem, verzinntem Kupferdraht aufgebracht. Ob das nun Gummischeiben oder Federn sein sollen kann ich dann beim Bemalen noch entscheiden.


Ein Puffer provisorisch installiert

Zur Herstellung der Muttern wurde zunächst ein kurzes Stück 1 mm Stahldraht im Teilkopf der Fräsmaschine sechseckig gefräst. Auf der Drehmaschine wurde die 0,4 mm Bohrung eingebracht und dann die Muttern von 0,3 mm Dicke abgestochen. Die Muttern habe eine SW von 0,6 mm. Und nein: ich habe kein M0,4 mm-Gewinde hineingeschnitten ...


Puffer und Befestigungsmuttern

Die Teile für die Pufferbohlen wurden aus 0,15 mm dickem Canson-Papier mit dem Laserschneider ausgeschnitten, in Clou Schnellschleifgrundierung getränkt, gefaltet und mit Zaponlack verklebt. Um das Falten zu erleichtern, wurden mit dem Lasercutter entlang der Faltlinien eine Reihe von kleinen Löchern gestanzt, die das Material schwächen. Die Nieten wurden mit kleinsten Tröpfchen von Acrylgel dargestellt, die mit einer feinen Injektionskanüle aufgebracht wurden. Die Kanüle war dazu vorne flachgeschliffen worden.


Puffer und Befestigungsmuttern – die Puffer haben einen Durchmesser von 1 mm

Die Unterlafette wurde um weitere Details ergänzt. Je eine schwerere geschmiedete Klaue vorn und hinten greift unter die Schienen auf denen die Lafettenräder laufen, um die Lafette gegen ein Abheben vom Pivot zu sichern. Das Profil der Haken wurde gezeichnet und in mehreren Exemplaren aus Canson-Papier lasergeschnitten. Diese wurden dann zu einem Stapel verklebt und verschliffen. So hundertprozentig bin ich mit dem Resultat nicht zufrieden, aber die Haken aus dem Vollen zu feilen war mir einfach zu fizzelig. Die Schuhe, mit denen die Haken an der Lafette befestigt sind, wurden ebenfalls lasergeschnitten.


Sicherungshaken, Pivotplatte und Antrieb für die Richtmaschine

Die Unterlafette wird mit Hilfe einer gebogenen Zahnstage, die als Segment eines Kronenrades ausgebildet ist. In die bronzene Zahnstange greift ein stählernes Ritzel ein, das über eine Art kuppelbares Differential und Handkurbeln aus dem Raum unter der Barbette angetrieben wird. Ich habe nach einigem Überlegen auf die Herstellung des Ritzels verzichtet, das es nicht mehr sichtbar ist, wenn das Geschütz an Bord ist, auch wenn mich die Herausforderung gereizt hätte. Die Antriebswelle, die aber auch kaum zu sehen ist, wurde vereinfacht mit einer Stecknadel dargestellt, deren Kopf entsprechend abgedreht wurde.

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Ladekran

Irgendwie geht es immer zwei Schritte vorwärts und dann wieder einen zurück. Auf ein fertiges Teil kommt mindestens eines oder mehrere, die entweder irgendwo unwiederbringlich von der Pinzette hüpfen oder bei weiteren Bearbeitungsschritten zerstört werden ...
Der Ladekran ist mechanisch eigentlich eine ziemlich einfache Vorrichtung, eine Seiltrommel, die über ein Vorgelege mit einer Handkurbel angetrieben wird und ein ebenfalls mit Handkurbel angetriebenes Schneckengetriebe zum Schwenken. Die Krankonsole ist allerdings ein komplex geformtes, aus mehreren Gußteilen zusammengenietetes Bauteil.


Der Ladekran am Demonstrationsmodell im ehemaligen Marinemuseum in Kopenhagen


Die Mechanik des Ladekranes

Nach Überlegungen, die Konsole aus dem Vollen zu fräsen bzw. aus mehreren Frästeilen zusammenzulöten, mache ich mich schließlich dazu entschlossen, die Einzelteile mit dem Laserschneider aus Karton herzustellen. Unter dem Strich schien dies die einfachste Lösung.
Der Kran am Kopenhagener Demonstrationsmodell besteht überwiegend aus blanken Stahlteilen. Ob das beim Vorbild ursprünglich auch so war läßt sich nicht mehr nachvollziehen, da keine entsprechenden Detailaufnahmen existieren. Dagegen spricht eigentlich die ständig notwendige Pflege, um Rostansatz zu verhindern sowie das Risiko, daß das Schiff frühzeitig durch die Sonne spiegelnde Metallteile erkannt wird. Ich habe mir aber diese artisanal-ästhetische Freiheit erlaubt, da das später mit der dunkelgrünen Lafette einen schönen Kontrast ergeben wird.
Entsprechend wurde er Kranarm aus einem 2,5 mm Stahldraht gefräst. Dazu wurde das Profil aus der Zeichnung abgenommen und zeichnerisch ,ausgestreckt'. Nach dem Fräsen im Teilapparat wurde das Teil weichgeglüht, so daß es nach der Zeichnung gebogen werden konnte. Die Bohrung und der Schlitz für die Rolle wurden erst anschließend eingebracht, da das Teil an diesen Stellen beim Biegen brechen könnte. Mit gumigebundenen Schleifstiften erfolgte dann die engültige Formgebung.


Fräsen des Kranarmes im Teilapparat

Seilrollen und Gabeln dafür sind kleinste Dreh- und Frästeile.


Gabel für die untere Seilrolle

Die Mechanik besteht aus etwa einem Dutzend Drehteilen, die abgesehen von ihrer Kleinheit nichts besonderes herausfordernd sind.
Die beiden Stirnzahnräder und das Schneckenrad wurden zusammen mit ihren Achsen gedreht und gefräst. Aus den Photographien ergibt sich, daß das große Zahnrad 60 Zähne, was bei einem Durchmesser von 3 mm einen Modul von 0,05 bzw. eine Zahnweite von 0,16 mm ergibt. Mir einen passenden Einzahnfräser anzuschleifen war mir zu aufwendig, so daß eine gewisse Abkürzung gegangen bin und das Zahnrad mit einer 0,1 mm dicken Kreissäge geschlitzt habe. Es geht ja nur um das Aussehen und nicht um die mechanische Funktionsfähigkeit. Das Schneckenrad wäre noch komplizierter herzustellen gewesen. Auch dieses wurde mit der Kreissäge geschlitzt, wobei allerding wenigsten die Achse um 20° gekippt wurde.




Fräsen des Ritzels und des Zahnrades



Teilweise zusammengebauter Ladekran und weitere Einzelteile

Der endgültige Zusammenbau kann erst dann erfolgen, wenn die Krankonsole an der Unterlafette angebracht und die gesamte Lafette bemalt ist.

Fortsetzung folgt ...
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Cpt. Lee Adama

Also, hab mir den BB jetzt auch mal zu Gemüte geführt, und mir fehlen die Worte... Das nenne ich mal Modellbau!

Ziehe alle Hüte die ich habe, ganz großes Kino!

Grüße
Drago

wefalck

#142
Danke !

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Faltwerkzeug

Wie man dann im nächsten Beitrag sehen wird, steht das Falten von verschiedenen, kleinen laser-geschnittenen Teilen an. Ich dachte mir, daß ein Faltwerkzeug diese Arbeit erleichtern würde. Es gibt diverse kommerzielle Produkte auf dem Markt. Dafür aber, daß sie eigentlich nur aus zwei gefrästen Aluminiumteilen und einer Rändelschraube bestehen, sind die Preise von 20€ bis 70€ ziemlich überzogen. Außerdem, wenn ich das Material und das Werkzeug dafür habe, mache ich mir so etwas lieber selber.
Ich hatte kein geignetes Aluminium-Flachmaterial im Haus und habe mich daher entschieden, ein 4 mm Plexiglas Abfallstück zu nehmen. Das hat den zusätzlichen Vorteil, daß man besser sehen kann, wo man mit der Faltlinie ist. Plexiglas ist natürlich empfindlicher als Aluminium, aber ich kann mir leicht einen Ersatz machen, falls das nötig werden sollte. Die Unterseite wurde so ausgefräst, daß nur die Kanten aufliegen, um ein sicheres Klemmen zu erreichen.



Eine Anzahl von Fingern mit einer Breite von 1 mm bis 6 mm wurden durch Einfräsungen mit einem 4 mm Fräser erzeugt. Die Vorderseite wurde mit einer 20° Fase versehen, damit man besser an kleine Teile herankommt. Im Augenblick haben die Faltkanten einen Winkel von 90°, aber ich denke, daß ein Falten über den erforderlichen Winkel hinaus Vorteile haben könnte. Eventuell werde ich die Faltkanten noch mit einem 'Freiwinkel' von 5° oder 10° versehen, aber erst möchte ich das Werkzeug in der Praxis erproben. Ein spitzerer Winkel macht die Faltkante empfindlicher für Ausbrechen.



Da ich kein geeignetes Material für einen Sockel zur Hand hatte, habe ich den Sockel des Mikro-Handschleifgerätes genommen, das ich mir vor einiger Zeit fabriziert hatte. Das hat den Vorteil, daß nicht noch ein zusätzliches Werkzeug in der Werkstatt herumliegt. Das Faltwerkzeug wurde mit zwei Bohrungen versehen und ebenso der Sockel. Dort wurden Gewinde für M3 Rändelmuttern eingeschnitten.
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Motschke

Ist das noch Modellbau? Wenn man nicht nur das Modell scratcht, sondern auch noch die Werkzeuge. Das ist doch eigentlich schon ein Level darüber. Hmmm..... :8: Meta-Modellbau?  :8:

Sehr, sehr beeindruckend. Immer wieder!  :klatsch:
Moritz

"Das Wichtigste im Leben ist, man selbst zu sein. Es sei denn, man kann Batman sein. Sei immer Batman!"

wefalck

Danke für die netten Worte  :P

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Ergänzungen zum Biegegerät
Nach dem ersten Gebrauch habe ich unmittelbar eine paar kleine Verbesserungen vorgenommen, die aber eigentlich ohnehin vorgesehen waren.
Beim Arbeiten mit Karton oder Papier müssen diese etwas über den gewünschten Winkel hinausgebogen werden, anders als bei weichem Blech. Bei Polystyrol kann dieser Federeffekt ebenfalls auftreten. Daher wurde der Biegekante ein Freiwinkel von 10° angefräst. Ein Winkel von 15° wäre vielleicht sogar noch besser gewesen, aber es funktioniert zufriedenstellend mit 10°. Die Kanten wurden dadurch nicht merklich geschwächt.
Die zweite Verbesserung bestand darin, Federscheiben unter das Biegelineal zu legen. Ich wollte das eigentlich von Anfang an machen, habe aber die Federscheiben nicht gleich gefunden. Die Scheiben heben das Lineal etwa vom Tisch ab, was das Einschieben des zu biegenden Materials erleichtert.

Die Trittroste der Unterlafette
Die Lafette bildet ja effektiv eine Drehscheibe und die verschiedenen Trittroste sind notwendig, damit die Mannschaft am Geschütz arbeiten kann, während die Seitenrichtung genommen wird. Diese Roste bestehen aus einem Rahmen von Winkeleisen, der mit Drahtgeflecht belegt ist. Konsolen am Rahmen der Unterlafette unterstützen die Roste. Das verfügbare Bildmaterial (Photographien, Zeichnungen) ist im Hinblick auf das genaue Aussehen und die Art der Befestigung an der Lafette nicht sehr aussagekräftig. Zusätzliche Informationen kann man dem dänischen Instruktionsmodell und den russischen Klonen in der Festung Suomenlinna entnehmen, auch wenn deren Konstruktion im Detail etwas vom Geschütz von SMS WESPE abweichen. Daher ist die Rekonstruktion der Roste etwas gegißt.


Geschützmannschaften auf den Trittrosten


Roste des dänischen Instruktionsmodells


Trittroste eines der Geschütze in der Festung Suomenlinna

Es gab insgesamt 13 Trittroste- und Stufen und zusätzlich die Plattform für den Richtschützen. Ursprünglich wollte ich diese Teile als Ätzteile ausführen, aber der Kauf des Laserschneiders änderte diesen Plan. Die bereits angefertigten Zeichnungen für die Ätzmasken wurden entsprechend abgeändert. Es war naheliegend die Roste als offene Rahmen zu konstruieren, deren Seiten hochgefaltet werden, um die Winkeleisen zu simulieren. Der Versuch diese schmalen, nur 0,3 bis 0,4 mm breiten Streifen zu falten verlief allerdings nicht sehr erfolgreich. Es war nicht möglich diese ohne Verformungen zu falten. Ich bin mir nicht sicher, ob das mit den geätzten Teilen funktioniert hätte. Ich habe daher den offenen Rahmen und die Seitenteile als separate Teile ausgeschnitten und mit Zaponlack zusammengeklebt. Auch dann waren noch mehrere Iterationen von Zeichnungen und Schneidversuchen notwendig um eine praktikable Kombination von Streifenbreite und Schneidparametern zu finden. Ich denke, das Ergbnis ist ganz annehmbar, auch wenn die 'Winkeleisen' maßstabsmäßig etwas überdimensioniert sind.


Beispiel einer Schneidvorlage für die Trittroste und die zugehörigen Konsolen

Der Zusammenbau war langsam und nervenaufreibend. Ich habe nicht mehr, als einen Rost pro Abend geschafft und das auch nur mit einer Menge (innerlicher) Flüche. Irgendwann war es dann geschafft. Zaponlack war das einzige Klebemittel bei Zusammenbau. Die fertigen Teile sind erstaunlich stabil.


Erster Versuch einer Oberflächengravur in Karton – Stand des Richtschützen


Endgültige Version des Standes für den Richtschützen (5 mm Gitternetzlinien)

Ursprünglich wollte ich den Drahtrost durch wirkliches Drahtgewebe darstellen und habe mir dazu von wires.co.uk Abschnitte feinsten Siebgewebes in Bronze und Edeltahl kommen lassen. Die Idee war jeden zweiten Kettfaden zu ziehen, um den rechteckigen Maschen des Originals nahezukommen. Es stellte sich allerdings als sehr schwierig heraus, die kleinen Stücke (sind z.T. nur 1,5 mm breit) aus dem Drahtgewebe zu schneiden. Da kam die Rettung in Form eines Geschenkkartons an meine Frau der u.a. verschiedene Früchtetees in Aufgußbeuteln enthielt. Diese Aufgußbeutel bestehen aus einem extrem feinen, weitmaschig und doch fest gewebtem Material, wahrscheinlich Acetatseide, da es durch Aceton angelöst wird. Solche Gewebe werden auch im Siebdruck verwendet und wenn mir nicht die Aufgußbeutel in die Hand gefallen wären, hätte ich in dieser Richtung geschaut. Diese Siebgewebe läßt sich leicht und präzise mit einem scharfen Skalpel schneiden. Die passend zugeschnittenen 'Roste' wurden in die Rahmen eingelegt und mit einem Hauch Zaponlack fixiert.


Aufgußbeutel aus Acetatseide als Material für die Gitterroste

Der Stand für den Richtschützen ist eine komplexere Angelegenheit. Ein Schild aus 5 mm dickem Stahlblech soll den Richtschützen etwas gegen Granatsplitter und Gewehrfeuer schützen. Der Schild ist durch aufgenietete Blechstreifen versteift. Ursprünglich war geplant, das durch Oberflächenätzen darzustellen. Dann habe ich aber realisiert, daß der Laserschneider Halbtonbilder als Befehl versteht, die Länge des Laserimpulses oder seine Stärke zu modulieren, so daß die Oberfläche in unterschiedlichen Tiefen graviert wird. Das erzeugte im Prinzip den gewünschten Effekt, aber der Grund der gravierten Flächen ist durch die Digitalisierung recht rauh. Das so erzeugte Teil war aber so dünn und empfindlich, daß sie beim Versuch die Rundung des Schildes zu erzeugen einfach nicht die Form behielten. Nolens volens mußte ich akzeptieren, daß das maßstabsmäßig zu dick werden würde und schnitt die Randverstärkungen als separate Teile auf, die dann mit Zaponlack auf den Schild geklebt wurden. Die Rundung wurde über einen passenden Rundstahl geformt und die übrigen Teile gefaltet und verklebt.


Die versammelten Trittroste

So ganz zufrieden bin ich mit dem Resultat nicht und habe das Gefühl, daß Ätzteile glatter und feiner gewirkt hätten. Andererseits hätte deren Zusammenbau eine Menge feinster Lötarbeit erfordert. Auf eine Metall-Metall-Verbindung mit Cyanoacrylatklebern lasse ich mich ungern ein, wenn diese nicht formschlüssig sind. Ein Plus ist, daß das Anbringen der Kartonteile an den Rahmen der Unterlafette wahrscheinlich leichter ist, als das von Ätzteilen. Bevor das passieren kann, müssen allerdings erst die Laufrollen montiert werden. Die Roste wären bei der Anpassung im Wege ...

Fortsetzung folgt ...
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maxim

Finde, dass das Netz ganz gut wirkt - insbesondere, wenn man das mit dem Original bei Helsiniki vergleicht. Ätzteile hätten viel flacher gewirkt.
Im Bau: portugiesische Fregatte NRP Almirante Gago Coutinho (1/700, Umbau Niko Model)


wefalck

Das Gitternetz wäre natürlich nicht geätzt worden, nur die Rahmen.
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wefalck

Rankenwerk und Namensbretter

Da ich das Gravieren von Karton beim Bau des Richtschützenstandes ausprobiert hatte, wollte ich sehen, ob sich diese Technik auch auf das Rankenwerk an Bug und Heck sowie die Namensbretter anwenden ließe. Eigentlich wollte ich das Rankenwerk auf dem Computer entwerfen, auf Abziehbildfolie drucken. mit Acrylgel skulpturieren, bemalen und dann auf das Modell applizieren. Das Rankenwerk und die Namensbretter hätte man auch als Ätzteile herstellen können und gegebenenfalls weiter mit Acrylgel aufbauen.


Das beste verfügbare Bild des Rankenwerkes und Namensbrettes

Es ist nicht ganz sicher, wie das Rankenwerk bei Ablieferung der Boote wirklich aussah und aus welchem Material es bestand. Die Tatsache, daß es auch noch gegen Ende der Existenz der Boote vorhanden war, scheint anzudeuten, daß es wohl aus Metall(guß) bestand und nicht aus Holz geschnitzt war.
Es gibt leider keine Nahaufnahme guter Auflösung des Bugs im 1867er oder 1878er Anstrich (schwarz-weiß-gelb). Aufnahmen aus größerer Nähe gibt es nur aus der Zeit, als der ganze Rumpf grau gestrichen war. Ein Teil des Rankenwerks ist offensichtlich in einem dunkleren Grau abgesetzt. Ursprünglich war es wohl mit Gelbocker gestrichen und teilweise vergoldet. In jedem Fall sind die vorhandenen Aufnahmen nicht ausreichend klar, um das Rankenwerk exakt rekonstruieren zu können, so daß eine gewisse künstlerische Freiheit notwendig war.
Zusätzlich zu dem eigentlichen Rankenwerk gibt es eine flache Skulptur des jeweils namengenden Tieres, also für SMS WESPE natürlich einer Wespe. Die vorhandenen Photographien lassen wiederum kaum erkennen, wie diese Skulptur wirklich aussah, jedenfalls nicht für SMS WESPE.


Die einzige bekannte Aufnahme des Hecks eines Bootes der WESPE-Klasse (NATTER)

Auch am Heck gibt es ein einfaches Rankenwerk, aber das verfügbare Bildmaterial ist rar. Es gibt offenbar nur eine einzige Aufnahme des Hecks eines Bootes der WESPE-Klasse und diese wurde offenbar kurz vor der Ausmusterung gemacht. Diese Aufnahme ist unscharf bzw. verrastert, so daß ein gutes Quentchen Phantasie bei der Rekonstruktion notwendig ist.


Zeichnung für das Rankenwerk am Bug

Die Herstellung der Vorlagen für den Laserschneider erfolgte in mehreren Schritten. Zunächst wurde eine Aufnahme des entsprechenden Bereiches am Modell gemacht, damit die richtigen Proportionen ermittelt werden konnten. Über dieses Photo wurde im CAD-Programm (EazyDraw) eine vermessene Skizze des Bugbereiches gelegt und das Photo entsprechend entzerrt. Im nächsten Schritt wurde das beste verfügbare Originalbild mit der geringsten perspektivischen Verzerrung über die Skizze des Bugbereiches gelegt und enstprechend entzerrt und mit dem Modellphoto verglichen.
Dieses Photo wurde dann in das Programm Graphic auf dem iPad importiert, da dort Freihandzeichnungen mit dem iPen besser zu machen sind, als im CAD-Programm auf dem Computer. Die Ranken wurden mit der Pinselfunktion und erheblicher Glättung entworfen und dem Rankenwerk auf der Photographie angepaßt. Diese Zeichnung wurde in einer JPG-Datei gesichert. Im Internet habe ich eine schöne Graphik einer Wespe gefunden, die ich in Photoshop in eine reine S/W-Graphik umgewandelt und stark vereinfacht habe. Beides, das Rankenwerk und die Wespe wurden dann als transparente GIF-Dateien in Photoshop gesichert, um im CAD-Programm exakt dimensioniert zusammengeführt werden zu können. Die zusammengestellte Schneidvorlage wurde als JPG-Datei exportiert und in Photoshop bestimmte Bereiche für die Gravur grau eingefärbt. In Photoshop kann dann die exakte Größe in Pixeln für die Schneiddatei eingestellt werden.


Beispiele von Versuchen mit der Lasergravur für das Rankenwerk und die Namensbretter

Das Rankenwerk wurde dann mit der Halbtonfuktion graviert bzw. geschnitten. Das bedeutet, daß die Stärke des Laserimpulses bei einem grauen Pixel vermindet wird und die volle voreingestellte Stärke bei einem schwarzen Pixel abgegeben wird. Ich mußte mit verschiedenen Einstellungen herumspielen, bis ein befriedigendes Resultat erzielt worden war.


Rankenwerk und Namensbrett am Bug

In einem ersten Anlauf wurde die Namensbretter in der gleichen Weise graviert, was aber in einer ziemlich unscharfen Gravur resultierte. Ich probierte daher eine andere Idee aus. Aus Vorversuchen mit dem Laserschneider war bekannt, daß er auf durchsichtige bzw. durchscheinende Materialien so gut wie keine Wirkung hat. Ich habe daher ein Stück Karton mit einer dünnen Schicht Pleximon 192 (im Prinzip flüssiges Plexiglas) versehen. Nach dem gründlichen Aushärten wurde die Rückseite flach geschnitten und zur Gravur der Namensbretter verwendet. Der Laser brennt an den entsprechenden Stellen den gesamten Karton weg, läßt das Plexiglas aber weitgehend unbehelligt. Man hat also eine dünne Plexiglasfolie mit dem erhabenen Namen und der zugehörigen Kartusche. Innerhalb der Auflösgenauigkeit des Laserschneiders (0,05 mm) erscheint die Schrift einigermaßen scharf, wenn auch vielleicht nicht ganz scharf, wie bei einem photogeätzten Teil.


Rankenwerk am Heck

Das Rankenwerk wurde mit Zaponlack auf den Rumpf aufgelackt. Die Bemalung und Vergoldung erfolgt wenn der Rumpf gestrichen worden ist.

Fortsetzung folgt ...
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wefalck

Weitere Arbeiten an der Unterlafette

Zurück zur Unterlafette. Das Pivot bestimmt den Drehpunkt des Geschützes, aber sein Gewicht wird von vier Laufrädern getragen, die an den vier Ecken der Lafette angeordnet sind und in Schienen laufen. Diese gußeisernen Schienen sind auf dem Boden der Barbette verbolzt.
Die Schienen hatte ich bereits vor vielen Jahren hergestellt. Die Gabeln in denen die Räder laufen sind aus lasergeschnittenen Teilen zusammengefügt. Die Räder sind einfache Stahlscheiben in deren Umfang eine Nut eingestochen wurde.


Laufräder zum Einbau vorbereitet

Zum Zusammenbau wurden die Schienen auf einer maßstäblichen Plankopie mit Klebefilm befestigt und eine Stecknadel diente als temporäres Pivot. Die Laufräder und Gabeln wurden provisorisches mit kurzen Stücken von Kupferdraht zusammengefügt und dann wiederum mit Zaponlack unter die Lafette geklebt. Dazu durden die Laufräder korrekt nach den Schienen und der Unterlafette ausgerichtet.


Eingebaute Laufräder

Die Räder selbst werden vor dem Bemalen wieder ausgebaut, da die in blankem Stahl bleiben sollen. Ich weiß nicht, ob das für die Flanken der Räder korrekt ist, aber es ergibt eine optisch interessante, 'technische' Anmutung. Die endgültigen Achsen mit ihren zylindrischen Endkappen sind bereits aus Stahldraht gedreht und werden dann während des endgültigen Zusammenbaues installiert.


Eingebaute Laufräder


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Universalniet

Zitat von: wefalck in 10. Juni 2020, 21:13:30Eingebaute Laufräder
Fortsetzung folgt ...
Das nenne ich mal einen Cliffhanger ...

Die Größe, oder aber deren Fehlen ist fantastisch ....