Wie muss man sich einen Angriffsflug eines Kanonenvogels vorstellen?

Begonnen von Marcus.K., 17. Februar 2012, 13:54:29

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Marcus.K.

Hallo Flattermänner,  :D

über eine Diskussion zu den Vorlieben bei der Modellauswahl (und dem Angebot der Modellbauindustrie) bin ich über eine alte .. nennen wir es mal "Vorliebe" meiner Kindheit gestolpert.

Da war sie wieder .. die Ju 87 "Stuka" ..

Vermutlich hat mich als Kind das sehr eigentümliche "coole" Flügeldesign und dieser "tolle" Ton beim Angriff fasziniert (man möge dem damals 8-12-Jährigen verzeihen, dass er sich über die tödlichen Folgen dieser Angriffe keine allzu tiefgreifenden Gedanken gemacht hatte) ..

Mein Vater - der die Dinger noch hat fliegen sehen in seiner Kindheit - hatte mal während einer Krankennacht aus Langeweile aus meinen Legosteinen eine "Nachbildung" im Maßstab von ca. 1/32 gebaut.  Der Flieger sieht schon toll aus!

In der besagten Diskussion wurde die Variante "Kanonenvogel" oder "Panzerknacker" angesprochen. Vorher bewußt nie wargenommen, das Teil. .. WWII war mal eine kurze Phase in meiner Kindheit spannend – danach nie mehr.

Was mich aber wirklich und eigentlich interessieren würde:
wie sah so ein Angriff als Panzerknacker aus?  

Den Angriff als Sturzkampfbomber kenne ich vom Prinzip. Gibt da ein schönes Schema bei Wikipedia mit der Luftbremse, etc..

Aber wurde auch als Panzerknacker aus der Höhe kommend EIN Panzer angeflogen und – wie beim Bombenabwurf - von oben bekämpft?

Oder flog man nicht besser im Tiefflug von der Seite an? Dann hätte man ja durchaus mehrere Panzer direkt nacheinander angehen können – wenn sie in einer Linie gestaffelt standen..

Wie sah die Gegenwehr gegen eine Stuka mit Bordwaffen aus?

Das weiss doch bestimmt einer von Euch Fliegerfans

Schnurx

Hier sehr plastisch dargelegt (auch die Debilität mancher Kommentatoren, vor allem, wenn sie sich "deutscher Ritter" o.ä. nennen). Naja, geht ja um das Video, gut zu sehen die Angriffsweise.
WW2 Rudel STUKA JU87 (D-3) G-1 BEST RARE GUNCAM FOOTAGE

Marcus.K.

O.k.  das ist schon mal eine Vorstellung .. also nicht gerade Maschinengewehrsalven. Und die Munition scheint was selbst detonierendes gewesen zu sein.

Mit welcher Form von Gegenwehr musste man bei so einem Angriff denn rechnen?

Sieht mir nach einer sehr einseitigen Geschichte aus. Vorteil voll beim Vogel, oder?

Schnurx

Ehrlich gesagt wundere ich mich beim näheren Anschauen des Videos auch etwas über die hohen "Fontänen".
Hmmm, als Gegenwehr war von den Panzern selbst nicht viel zu bieten, obzwar nach vielen Berichten auf Tiefflieger wohl buchstäblich "mit allem" geschossen wurde.
Gefährlicher waren da eher die begleitenden Flaktruppen, feindliche Jäger und auch in gewissem Maß Fahrzeuge und Infantrie mit MGs.

F.B.

Hallo,

Angriffen erfolgten logischerweise nicht im Sturzflug sondern im Tiefflug, die Kanonenvögel hatten ja auch keine Sturzflugbremsen, Anflug auf das Ziel meist von hinten. Verschossen wurde eine Panzergranate (Bodenzünder). Kadenz der Waffe 160 Schuß/Min., Geschoßgewicht 405 g, Magazinkapazität 6 Schuß. Die größte Gefahr stellen logischerweise die gegnerische Flak und die Jäger dar. Deshalb erfolgte der Einsatz meist unter starker Deckung durch Fw190 F 8 welche die Flak mit Splitterbomben niederhalten konnten. Diese konnten nach Abwurf der Bomben es dann auch mit den Jägern aufnehmen.

MfG

Frank       

Schnurx

Anscheinend finden die Angriffe im Film eher auf Landungsboote statt, dafür wäre dann wohl HE verwendet worden. Die Geschosse flogen langsamer und dürften auch ganz gute "Wasserfontänen" verursacht haben.
Ganz so wichtig war der Angriff von hinten oder der Seite am Ende nicht, V0 und Durchschlagskraft der Hartkern-Geschosse war beeindruckend, m.W. so um die 1150m/s und gut 130mm Durchschlag bei Panzerstahl.

Bernd B.

#6
Darf ich nur einmal eine Sache anmerken? Wenn man sich für die Ju 87G interessiert, ob rein technisch oder ihr Einsatzprofil, dann muss man wirklich keinen langen Aufsatz über Rudel und so weiter schreiben. Wie Hans erst kürzlich schrieb: Rudel war nicht der einzige Pilot, man muss die G nicht immer nur im Zusammenhang mit ihm sehen.

Demnächst fängt noch jemand an, bei einer Frage zur Bf 109 sich erstmal dafür zu enstchuldigen, dass Reinhard Heydrich lebte ... muss nicht sein.

Marcus.K.

#7
Stimmt .. sorry! Ist wohl die Tastatur mit mir durchgebrannt .. wollte den Bogen von der Ju zum Kanonenvogel schließen und fand das Thema (Umgang mit den Fehlern / Ansichten der Vergangenheit) selbst auch nicht ganz uninteressant.

Vermutlich kennen sich viele der Fliegerbastler mit der Person deutlich besser aus als ich und haben offenbar die Nase voll von dem Thema. Vielleicht in gewisser Weise vergleichbar mit einem Segelschiffbastlern/-liebhaber und den gefühlten 100.000 Soleil Royal- oder Victory-Modellen.

Für mich war das eine interessante Vitae von der ich bis gestern nix mitbekommen hatte.

.. hab´s mal ein bischen "eingedampft" ..

"Dichten" kommt von "Verdichten" hat uns mal ein Deutschlehrer beizubringen versucht ..  :D

Bernd B.

Zitat von: Marcus.K. in 17. Februar 2012, 15:31:10
... fand das Thema (umgang mit den Fehlern / Ansichten der Vergangenheit) selbst auch nicht ganz uninteressant.

Ist es auch, nur dreht dann die Diskussion leicht vom eigenen Thema weg ... und mein Deutschlehrer würde sich angesichts der Schriebfehler oben totärgern, also editier ich die mal schnell ...

F.B.

Zitat von: Schnurx in 17. Februar 2012, 14:56:13
Anscheinend finden die Angriffe im Film eher auf Landungsboote statt, dafür wäre dann wohl HE verwendet worden. Die Geschosse flogen langsamer und dürften auch ganz gute "Wasserfontänen" verursacht haben.
Ganz so wichtig war der Angriff von hinten oder der Seite am Ende nicht, V0 und Durchschlagskraft der Hartkern-Geschosse war beeindruckend, m.W. so um die 1150m/s und gut 130mm Durchschlag bei Panzerstahl.


Gegen weiche Ziele ist eine Sprenggranate mit Kopfzünder die Munition der Wahl. Ob es für die BK 3,7cm eine andere Munition als die Panzergranate gab ist mir bisher nicht bekannt. Beim Angriff auf Panzer sucht man sich nach möglichkeit immer die schwächste Stelle aus, und das ist bei fast allen Panzern das Heck bzw. die Motorabdeckung.

MfG

Frank     

Bernd B.

Zitat von: F.B. in 17. Februar 2012, 15:57:09
Ob es für die BK 3,7cm eine andere Munition als die Panzergranate gab ist mir bisher nicht bekannt.

Als Munition standen diverse Typen zur Verfügung:
3,7-cm-Spreng-Patrone 18 Leuchtspur
3,7-cm-Brand-Spreng-Patrone 18 Leuchtspur
3,7-cm-Minengranat-Patrone 18 Leuchtspur
3,7-cm-Panzergranat-Patrone 18 Leuchtspur
3,7-cm-Panzergranat-Patrone 40 Flak

Zitat aus http://de.wikipedia.org/wiki/3,7-cm-Flak_18

Schnurx

Zitat von: F.B. in 17. Februar 2012, 15:57:09
Zitat von: Schnurx in 17. Februar 2012, 14:56:13.
Ganz so wichtig war der Angriff von hinten oder der Seite am Ende nicht, V0 und Durchschlagskraft der Hartkern-Geschosse war beeindruckend, m.W. so um die 1150m/s und gut 130mm Durchschlag bei Panzerstahl.
Beim Angriff auf Panzer sucht man sich nach möglichkeit immer die schwächste Stelle aus, und das ist bei fast allen Panzern das Heck bzw. die Motorabdeckung.

Sicher,aber dank der hohen Durchschlagskraft muss man's eben nicht. Vorteilhaft,wenn man nicht auf bzw. ueber dem Schlachtfeld rumdödeln muss um sich in Position zu bringen. Man versucht ja auch,die Zeit,die man dem feindlichen Bodenfeuer ausgesetzt ist,zu minimieren.

F.B.

Hallo,

Die BK 3,7cm wurde zwar aus der Flak 18 entwickelt, aber soweit ich weiß wurde nicht die gleiche Munition verschossen. In der Regel flog man einen Kreis um das Panzerrudel und griff dann von hinten an. (Quelle:Luftkampf/Sonderheft der FlugzeugClassic).

MfG

Frank

Marcus.K.

Der Kreis auch, damit die Manschaften rechtzeitig aussteigen konnten - oder war das egal?

Bernd B.

Zitat von: Marcus.K. in 17. Februar 2012, 16:32:48
Der Kreis auch, damit die Manschaften rechtzeitig aussteigen konnten - oder war das egal?

Um es ganz brutal zu sagen - es war durchaus wünschenswert, dass die Besatzungen nicht ausstiegen und zusammen mit dem Fahrzeug vernichtet/getötet wurden. Solch ritterliches Handeln kann man getrost in den Bereich der Legende verweisen.

F.B.

Hallo,

Das mit den Mannschaft juckte niemand, es geht nur um die Schußposition.

MfG

Frank

Schnurx

Also nochmal eher zum Thema: Generell war der Anflug relativ flach, wenn möglich aus dem Rücken des Gegners (alleine schon wegen des erhofften Überraschungseffekts) und normalerweise auf einen Anflug, evtl. zwei begrenzt, auch wegen des geringen Munitionsvorrats.

Das unterscheidet sich soweit also nicht groß von anderen Tieffliegerangriffen. Die Ju-87 wurde m:E. nur deswegen dafür herangezogen, weil sie zur Verfügung stand, die Last schleppen konnte und eine robuste und stabil liegende Waffenplattform war. Die prinzipielle Sturzangriffsfähigkeit spielte dabei keine Rolle.

Wolf

Ich habe den Diskussionsfaden zum Thema Krieg und Humanität abgetrennt und ins Cafe verschoben.
http://www.modellboard.net/index.php?topic=39837.0

Bitte hier nur noch das eigentliche Thema diskutieren.
Wer Future hat, hat noch lange keine Zukunft

Marcus.K.

War nicht ein Flieger wie die ME 109 als Panzerknacker geeigneter?

Durch die "integrierte" Bewaffnung .. oder gabs für die keine panzerbrechende Munition?
Oder waren die als Jäger in der Luft zu wertvoll?

Von der müsste es doch eigentlich deutlich mehr gegeben haben?

Hans

Wenn, dann die FW 190, was ja auch gemacht wurde - die F und G-Versionen waren reine Luft-Boden-Kämpfer. Eine 3,7 cm Kanone, noch dazu zwei, hat aber auch sie nicht geschafft. Die späten 3cm-Kanonen wurden dann auch nicht mehr verbaut, tauglich wären sie zudem wohl auch gar nicht gewesen. Was den deutschen Schlachtfliegern fehlte war eine HVAR, die "Panzerblitz" kam viel zu spät.

H
Ceterum censeo: Die Lackierung ist wichtiger

Schnurx

Was Hans schon schrieb. Ein weiterer Punkt war evtl.  das Schlachtflieger wohl oft noch frontnäher stationiert waren als Jagdstaffeln und eher noch von Behelfsplätzen operieren mussten, da waren die 190 und 87 vermutlich besser geeignet.

Als besonders effektive Waffe hatte sich auf der russischen Seite eher die Kombinationsbewaffnung aus kleinen PTAB - Hohlladungsbomben, die im Cluster abgeworfen wurden und der 23mm Kanonenbewaffnung gezeigt, als die Bewaffnung mit 37mm Kanonen (jedenfalls nach dem "Jakab" Buch zur IL-2.
Der Vorteil dabei ist, das die Haupt-Waffenwirkung bereits mit einem Überflug erzielt wird und die Piloten keine besonders guten Schützen sein mussten um einen oder mehrere Panzer mit den Streubomben zu treffen.


hakkikt

Was ich an dem Video wesentlich und interessant finde, das Schnurx gepostet hat:
- Anflug im flachen Sinkflug (kein Sturzflug o.Ä.)
- Einzelschuß aus beiden Waffen gleichzeitig, d.h. die Kadenz der Waffen ist eigentlich egal
- alle Geschoße mit Leuchtspur
- 3 gezielte Schüsse pro Anflug; mehr ist nicht drin, und diese 3 Schüsse brauchts auch für einen Treffer => nicht mehr als 2 Anflüge pro Einsatz (Muni: 6 Schuß pro Rohr), außer man trifft gut.

Wolf

Bei der Bewaffnung wird auch nur ein gleichzeitiges abfeuern beider Kanonen möglich sein, da es ansonsten das Flugzeug sicherlich erheblich aus der Bahn geworfen hätte.
Wer Future hat, hat noch lange keine Zukunft

echo

Gelöscht weil ich mich auf die die Art nicht Austausche...Sorry

Schnurx

#24
@Echo: Da liegst Du falsch. Die 3,7cm Bk verschoß Hartkern-Munition mit sehr hoher Geschwindigkeit, der Durchschlag lag bei >100mm Panzerung auf >100m. Da brauchte man bei den T-34 auch nicht von hinten anzufliegen.
Ein  steiler Anflug ist für Kanoneneinsatz fliegerisch eher ungünstig, Korrekturmöglichkeiten hat man da kaum und die gegnerische Flak hat wesentlich mehr Möglichkeiten und Zeit zum Zielen und feuern.
Zudem war die eigentlich ballistisch günstige abgeschrägte Panzerung der T-34 gegen schräge Angriffe von oben wieder eher ungünstig, da die beiden "schrägen" des Anflugs und der Panzerung sich gegenseitig wieder etwas aufhoben :).