Herstellung von Wasserflächen – Die Acryl-Gel-Methode

Begonnen von Jensel1964, 23. Februar 2015, 21:39:08

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Jensel1964

Im Rahmen meines Bauberichtes zur HMS Barham (1:700 - Trumpeter) habe ich ja angekündigt, eine etwas ausführlichere Erklärung zur Darstelung von Wasserflächen zu schreiben.

Dann leg´ ich mal los:

Die Form – Das Loch

Grundlage ist eine Styrodurplatte aus dem Baumarkt. Idealerweise bekommt man glatte Platten. In meinem Fall musste ich mit einer mit einer Gitterstruktur versehenen Platte vorlieb nehmen.
Im Falle eines Vollrumpf-Schiffes wird die überzählige Wasserlinienplatte als Schablone benutzt, um das erforderliche Loch für das Schiff ausschneiden zu können:





Und: Le Loch, wie der Franzose sagt:




Die Passprobe




,,Wenn Sie hier mal reinschlüpfen wollen."
,,Haben sie das Loch auch eine Nummer größer?"

In solchen Fällen muss man etwas nacharbeiten. Aus diesem Grund sollte die Wassergestaltung möglichst früh erfolgen, sodass man mit dem unlackierten und griffigen Modell noch Passproben vornehmen kann, ohne den Lack zu beschädigen oder Ätzteile abzubrechen.

Die Wellen

Da Styrodur i.d.R. eine recht unwellige Form aufweist, muss man etwas nachhelfen. Das kann man natürlich mit einem Skalpell oder Bastelmesser machen. Alternativ (auch schon gemacht) geht ein heißer Draht. Ich habe hier das erste Mal die Methode mit dem Flammenlötkolben gewählt.
Die Flamme wird im richtigen Abstand (rantasten!) über die Oberfläche gehalten, bis das Styrodur sich sachte zu verformen beginnt. Das geht leichter, als man (in diesem Fall ich) denkt.

Das Ergebnis kann z.B. so aussehen:



Nochmal in der Ansicht:


Und nochmal mit Schiff.....passt!





Die Struktur

Da dies zugegebenermaßen immer noch nicht wie eine Wasserfläche aussieht, kommt da eine Schicht Strukturspachtel drauf. Ich kaufe das wirklich feine Mittelchen im Nachbarort in der Drogerie Müller.


Ich trage die Schicht mir einem feinen Spachtel auf und bilde die Wellenstruktur mit z.T. einem Pinsel. Letztere ist eine echte Sauerei und nicht zwingend erforderlich. Spachtel reicht.






Die Farbe

In einem nächsten Schritt wird diese Fläche eingefärbt. Ich verwende einfache Künstleracrylfarben in den Farbtönen blau, grün, braun und weiß. In der richtigen Mischung lassen sich so alle Wasserfarben darstellen. NIEMALS schwarz für dunkle Flächen verwenden. Dunkles Blau wird aus blau und braun gemischt. Auf dem Foto erkennt man ungefähr, in welchen Anteilen ich die Farben verwende.





Die ganze Fläche sollte leicht unterschiedliche Blautöne aufweisen. Wellentäler dunkler, Oberflächen heller:



Weil letzteres aber immer noch etwas flach aussieht, werden die oberen Strukturen (Wellenkämme) mit einem hellen Blau (blau + weiß) aufgehellt.






Um das Schiff herum und im Bereich der Hecksee (das kam etwas später) wird das Wasser stärker aufgehellt.






Schiff trifft Loch


Ich stelle bewegte Wasserflächen immer mit Acryl-Gel dar:



Wenn das Schiff soweit fertig ist, dass es in die Wasserfläche eingesetzt werden kann, ohne dass der Weiterbau eingeschränkt wird, kann das Schiff in die Wasserfläche eingearbeitet werden.
Zunächst wird das Lock mit satt Acryl-Gel eingeschmiert:



Und das Schiff zur Probe eingesetzt



Passt:





Im Anschluss daran, wird großflächig, aber vorsichtig Acryl-Gel auf die Fläche aufgetragen. Vorsicht am Schiff, denn das Zeug glänzt:




Die Oberfläche wird mit einer Wellenstruktur versehen. Die Stärke hängt von der darzustellenden See ab.



In diesem Zuge kann man auch die Bugwelle darstellen. Nicht zu hoch, denn dann trocknet das Gel (wie bei mir) nicht vollständig glänzend aus. Lieber in mehreren Schichten arbeiten.



Solange das Gel noch feucht ist, kann man nun vorsichtig Watte als Gischt einarbeiten. Früher habe ich die Gischt gerne mit reinem Weiß dargestellt und nur das ,,spritzende Wasser" mit Watte hervorgehoben. Ich habe aber festgestellt, dass Watte einen guten Ersatz für zu viel weiße Farbe darstellt und dazu noch eine dynamische Komponente hat.

Die Watte (Füllwatte)...



...wird etwas zusammengerollt...



...und zunächst vorsichtig auf die Fläche aufgesetzt...



Am Ende sieht das dann so aus:



Im Bereich der Hecksee wird die Watte flach eingearbeitet:



Abschließend, und hier fehlt leider ein Foto, hebe ich einige Bereiche mit weißer Ölfarbe hervor (Wellenkämme etc.). Aber das sollte wirklich sehr, sehr dezent erfolgen.


Und so sieht das dann nach einigen Tagen Trocknung aus:



Ich hoffe, dass Euch diese kurze Erklärung hilft, Wasserflächen darzustellen. Wenn es noch Fragen gibt, meldet Euch einfach.

Viel Spaß beim Nachmachen,

Jens  :winken:

Dragon666

Toller Bericht Jens... wenn ich dann doch mal irgendwann ein Schiff baue... UND... das tatsächlich ins Wasser setzen will, hab ich endlich mal ne Vorlage...

Danke Dir  :klatsch: :winken:
Gruß Drachili
Mein Portfolio

Puchi

Uuuuuund abgespeichert! Danke für die ausführliche Beschreibung, Jens! :P

Ich persönlich kann da einiges mitnehmen, z.B.: die Größe der Platte! Ich hätte anhand des 1. Fotos gemeint, dass die Platte zu klein ist, also dass da zu wenig Wasser rund ums Schiff wäre und das Ganze daher nicht so toll wirkt. Aber das Endergebnis belehrt mich eines besseren! 8o Ist gerade für 1/350 nicht unerheblich, da die Platten ja sonst gleich eine Menge Platz beanspruchen.


Liebe Grüße,

Karl

WaltMcLeod

Danke für diesen ausführlichen Bericht. Mhhhhhh - macht Lust ..... vielleicht sollt ich mir doch auch mal ein Schiffchen auf Halde legen .... kann man ja auch schön verranzen ...  :D
Da wird mir sicher der eine oder andere in W. bei einem Bierchen Tipps geben können ..... vielleicht irgend einen Frachtkahn oder Fischerkutter .....

:winken: Walter
... dahoam im schönen Oberalm, Salzburger-Land

Bongolo67

Hallo Jens,

schöne Beschreibung hast Du da abgeliefert, sehr interessant, vielen Dank! :P

Was ich mit dieser Technik gern mal sehen würde, wäre das Zusammenspiel von ruhiger See (dunkelgrau, wegen bewölktem Himmel) und hoher Fahrstufe des Schiffes:

Zitat"...den weißen Knochen im Maul..."
Lothar Günther Buchheim

Schäumende Bugwelle und Hecksee gegen das dunkle Wasser. Das müsste einen interessanten Kontrast geben...

Gruß

Ulf

ralph21075

Hallo Jens, vielen Dank für Deine wunderbare Schritt-für-Schritt Anleitung. Selbst für mich als absoluten Wasser- und Schiffbau-Laien klar verständlich. Da möchte ich da direkt mal einen meiner Marineflieger über Bord gehen lassen und halbversunken in so einer Wasserfläche darstellen... grübel....  :winken:

Dragon666

#6
Wiederholung des vorangegangenen Beitrags entfernt

Finger weg von der Fouga....  :aerger: :aerger:
Gruß Drachili
Mein Portfolio

Gilmore

#7
Zitat von: WaltMcLeod in 24. Februar 2015, 09:27:34Danke für diesen ausführlichen Bericht. Mhhhhhh - macht Lust ..... vielleicht sollt ich mir doch auch mal ein Schiffchen auf Halde legen .... kann man ja auch schön verranzen ...  :D
Da wird mir sicher der eine oder andere in W. bei einem Bierchen Tipps geben können ..... vielleicht irgend einen Frachtkahn oder Fischerkutter .....

... oder einen Amphicar-Schwimmwagen ...

Grüße von Gilmore
Ich bin multitasking-fähig. Ich kann alle anfallenden Arbeiten gleichzeitig liegenlassen.

Flugwuzzi

 :P Danke für die illustrative Beschreibung. Der Effekt mit der Watte sieht großartig aus ... das hilft mir bei meinem nächsten Schiffsprojekt.

lg
Walter
DAS GEHEIMNIS DES ERFOLGES IST ANZUFANGEN. (Mark Twain)

Akagi

  :P Super Darstellung, da bekomme ich richtig Lust, endlich mal meine Japanische
   Flotte zu Wasser zu bringen.

 Gruß steffen

Jensel1964

Hallo zusammen!

Es freut mir sehr, dass Euch die Schritt-für-Schritt-Anleitung gefällt und zum Nachbau anregt. Besonders Letzteres war irgendwie erhofft.
Das ist nämlich gar nicht so schwer und es gibt haufenweise Ideen zur Umsetzung. Auch ohne Schiffe:
Militär:
Jeep fährt mit hoher Geschwindigkeit durch eine Fuhrt.
Soldaten rennen durch einen Bach / kleinen Fluß

Flieger:
Landendes Wasserflugzeug
Bf109 bei einer Notwasserung

Zivil:

Ralleywagen rast durch eine Fuhrt
Wasser an einer Wassermühle
Hannibal überquert mit Elefanten die Rhone

Ihr seht, da geht einiges und auch ich hab grad beim Schreiben einige Anregungen bekommen. :D

Und Ulf: Das Schöne ist, dass Du mit den 3 Grundfarben und Watte fast jeden Wasser-Wettereffekt erzielen kannst. Aber wem erzähle ich das?  :6:

In diesem Sinne: Wasser marsch!!!!!

Jens  :winken: