Der eine oder andere hat vielleicht ja schon gesehen, dass ich in Wilnsdorf ein ziemliches großes 1:72 Modell dabei hatte ...
die Flower Class von Revell (ex-Matchbox) in der Platinum Edition. Ich habe diesen Bausatz zum Besprechen und Bauen von DPMV
bekommen, dafür noch mal vielen Dank!
Die Vorstellung des Bausatzes kann man auf auf der DPMV Seite finden. Wenn gewünscht kann ich sie auch hier nochmal einstellen. :winken:
http://www.plastik-modellbau.org/blog/neuheiten-vorgestellt-flower-class-corvette-revell-platinum-edition-172/2013/ (http://www.plastik-modellbau.org/blog/neuheiten-vorgestellt-flower-class-corvette-revell-platinum-edition-172/2013/)
Der Bau ist natürlich schon fertig, den Baubericht habe ich tatsächlich auch parallel geschrieben und jetzt werde ich ihn hier zeigen:
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TEIL 1Nachdem der Schock über die Größe des Bausatzes überwunden war, galt es einen gangbaren Weg für den Bau zu entwerfen. Was
schnell klar wurde, war, dass die Größe auch neue Wege beim Bauen verlangt - so passt der Rumpf in keine mir bekannte übliche
Modellbau-Lackierkabine und auch die Montage des 90cm langen Rumpfes ist mit einfachen Klammern nicht mehr zu bewältigen und
auch meine Fotoausrüstung musste ich erst ergänzen.
Trotz aller Ätz-, Dreh- und Holzteile muss man sich schon zu einem sehr frühen Zeitpunkt überlegen, wie detailliert man wirklich die
Flower Class Korvette darstellen will. Wenn man sich etwas mit der Historie und Technik dieser Schiffe auseinandersetzt, dann wird
man zwangsläufig feststellen, dass der Bausatz eben trotz all der Zubehörteile nur eine Annäherung an die Flower Class Korvetten mit
dem verlängerten Vordeck bietet. Detailfetischisten müssen ggf. sehr viele Mühen auf sich nehmen, um den Bausatz umzukrempeln. Ich
persönlich liebe den Charme der Bausätze dieser Zeit und versuche beim Bau ein Gleichgewicht zwischen Detailtreue und
handwerklichen Geschick auf der einen und dem Charakter eines "antiken" Bausatzes auf der anderen Seite zu erhalten. "Historischer
Modellbau" unter etwas anderen Vorzeichen. Doch nun zum Bau:
DER RUMPFDer erste Schritt ist der Aufbau des Rumpfes. Bevor man jedoch die Teile zusammenfügt sind ein paar vorbereitende Arbeiten
durchzuführen. Das Erste ist das Anbringen der Bullaugen. Dazu entfernt man mit einer scharfen Klinge den Wulst, den das Ätzteil
ersetzen soll. Anschließend werden die letzten Reste weggeschliffen und poliert, bevor das Ätzteil aufgeklebt wird. Wirklich dankbar war
ich Revell dafür, dass etliche Ätzteile, wie auch die Bullaugen, in größerer Zahl vorhanden waren, als eigentlich benötigt (wenn man keines
verliert).
(http://666kb.com/i/cfe6cbupimby3cilc.jpg)
Alte Bullaugendarstellung und Ätzteil
Auch die Aufnahme der Schraubenwelle sollte man zu diesem Zeitpunkt schon durch Trockenpassen kontrollieren und ggf. anpassen.
Danach kommt das Unvermeidliche: die Rumpfteile müssen verklebt werden. Ich bin dem Bauplan gefolgt und habe erst einmal die
Steuer- und Backbordteile zusammengefügt. Dadurch konnte ich auch noch ein beim Transport abgebrochenes Teil sauber anfügen.
Mit ein wenig Anpassen bekommt man hier eine sehr gute Passung der Teile, die einem bei den nächsten Schritten zugutekommt.
Nach dem Aushärten dieser Verbindung (ich habe einen Tag gewartet) kann man die Hälften zum Rumpf zusammenfügen – dabei
nicht die Schraubenwelle vergessen!
Der Bau des Rumpfes entscheidet nicht unerheblich über den Erfolg des gesamten Projektes, weshalb hier verstärkt mit
Trockenpassungen und Anpassungen gearbeitet werden sollte.
Ich habe die Beiden Rumpfhälften von hinten nach vorne verklebt, und mich dabei vorsichtig auch eines Schraubstocks mit Kunststoffbacken
bedient. Was sehr brachial wirkt hat sich als Glücksgriff herausgestellt, weil am Ende nur ein winziger Spalt in der Mitte blieb, der sehr
einfach zugespachtelt werden konnte und optisch nicht auffällt.
(http://666kb.com/i/cfe6fn4qd8y4bzcbk.jpg)
Der Einsatz des Schraubstocks und Klammern
(http://666kb.com/i/cfe6gg1mxzoftynfk.jpg)
Der hintere Teil ist verklebt und passt schon sehr gut
Was zu diesem Zeitpunkt wirklich schmerzt sind die Klarsichtteile für die Bullaugen, die, wie schon in der Bausatzbesprechung
erwähnte, leider alle einen Lufteinschluss haben. Ich habe mit mir gerungen, ob ich die Klarsichtteile einfach weglasse, mich dann
aber zu einem gänzlich anderen Verfahren entscheiden - dem Neuformen der Bullaugen.
Dazu nahm ich eines der Bullaugen mit Lufteinschluss aus dem Bausatz, erhitzte einen dicken Gussast und presste das Bullauge in die
weiche Masse. Dadurch erhält man eine Form, in die man ohne Verkleben durchsichtigen erweichten Gussast drücken kann, der dadurch
die Form des Bullauges erhält, nur eben ohne Luftblase! Mit einer Resinsäge wird dann das Endstück abgeschnitten - fertig ist der Rohling.
(http://666kb.com/i/cfe6u31vnqeyx6tk0.jpg) | (http://666kb.com/i/cfe6vvmqpojqkej34.jpg) | (http://666kb.com/i/cfe6x8yh19qhqc5cw.jpg) |
Gussast in die Form gepresst | Die Form und der Rohling | Links Bausatz - rechts neu |
Was dann kommt ist ein bisschen mühselig: Alle 40+ Bullaugen müssen auf beiden Seiten mit immer feineren Schleifpapier geschliffen
werden, und anschließend mit einen Fingernagelpolierstab auf Glanz gebracht werden. Aber die Mühe lohnt sich. Jetzt ist auch der beste
Zeitpunkt die Teile mit Weißleim in die Rumpföffnungen zu kleben, da noch alle Bereiche ohne Probleme erreichbar sind.
Nächster Schritt: Die Öffnung für das Ruder vorsichtig auf die richtige Größe trimmen.
Die Bauanleitung sieht nur ein einfaches Einkleben des Ruders vor. Mit der Idee konnte ich mich aber nicht besonders anfreunden. Ein
kurzes Nachmessen ergab, dass der Schaft des Ruders ein M6 Gewinde aufnehmen könnte. Mit einem von Hand gedrehten Schneideisen wurde
dieses in die Tat umgesetzt.
(http://666kb.com/i/cfe6zpv5mxhz9d5wg.jpg) | (http://666kb.com/i/cfe7002a65t6ca9sw.jpg) |
Das Ruder mit geschnittenem Gewinde und M6 Schraube | Abstützung des Ruders |
Dank einem Plastikstück wurde ein Aufnahmebock in das Heck gebaut, der das Ruder sicher hält. Die Schraube wurde leicht angezogen, sodass
sich das Ruder noch ohne zu wackeln dreht, und dann mit etwas Sekundenkleber auf dem Ruderschaft gesichert.
Was im nächsten Schritt auf mich zukam sah in der Bauanleitung recht einfach aus –tatsächlich ist dies aber ein echtes Stück Arbeit, die ich
einem Anfänger nicht zumuten möchte - die Schlingerkiele.
Diese dreieckigen Profile wurden vollkommen gerade gegossen, und spätestens, wenn man sie an den Rumpf hält, stellt man fest, dass man
einen Mittelweg zwischen vorsichtigen Biegen der Teile und einem Kleben unter Spannung wählen muss, um die Krümmung zu erhalten. Wegen
der Kerben, die zur Ausrichtung der Kiele vorgesehen sind, die aber eigentlich nicht wirklich passen, sind die Profile auch noch besonders
empfindlich beim Biegen. Da die Schlingerkiele auf jeder Seite aus zwei Teilen bestehen gilt es auch noch an der Verbindungsstelle die exakt gleiche
Krümmung zu erhalten. Ich bin ehrlich - absolut 100% habe ich das nicht hinbekommen, allerdings fällt es auch nur auf, wenn man danach sucht. Ich
musste auch mit Füllstücken arbeiten, die verklebt und verschliffen wurden.
(http://666kb.com/i/cfed40gccaukk1elc.jpg)
Anbringen der Schlingerkiele
Danach wurde der Außenrumpf zum letzten Mal verspachtelt und ebenfalls verschliffen, damit man die Trennstellen nicht mehr sieht. Ich habe dafür
normalen Spachtel und auch 2 Komponenten Epoxy verwendet.
Bevor man die Decks einbauen kann müssen die Bordwände auseinandergespreizt werden. Der Bausatz sieht dafür dünne Stäbchen vor. Die knicken
aber unter den Kräften sehr schnell ein und helfen nicht wirklich. Dabei schnürt sich der Rumpf in der Mitte am meisten ein, während er an den
Endstücken durch die Krümmung genug Steifigkeit aufweist, um die Form zu halten. Ich habe mehrere Abende herumexperimentiert, wie man am
besten die Bordwände auf das exakte Maß parallel einstellt.
(http://666kb.com/i/cfed67rkplhej6dcw.jpg)
Knicken einer der Stützstrebe
(http://666kb.com/i/cfed71pkwp1bah0rk.jpg)
Zusätzliche Gussäste zur Stützung
Am Ende habe ich mit auf Maß gesägten Gussaststücken und Klebeband eine annähernd gute Form am Rumpf bekommen, die es dann später erlaubt,
die Decks mit geringer Kraft im Rumpf zu verkleben. Bevor ich das jedoch machen konnte, mussten erst einmal die Decks vorbereitet werden.
Dazu schliff ich die erhabenen Gravuren, die das Holzdeck andeuten sollen, ab. Ob das wirklich notwendig ist habe ich nicht ausprobiert. Da aber der
Klebefilm des Holzdecks quasi kaum eine Korrektur zulässt, habe ich mich letztendlich dazu entschieden.
(http://666kb.com/i/cfedb0byeb066y9sw.jpg)
Das abgeschliffene Vorderdeck
Um später aufwendiges Abkleben zu vermeiden habe schon jetzt den Rumpf vollständig in den Grundfarben lackiert. Das ging nur mit sehr guter
Belüftung und einer Atemschutzmaske, weil meine Absauganlage, wie schon erwähnt, für einen solchen Riesen einfach zu klein ist. Als Erstes wurde
das sehr helle Grau, das aus 60% Weiß und 40% Hellgrau gemischt wird, aufgetragen (ich verwende fast ausschließlich Revell Aquacolor Acryllacke).
Ich hatte mir gleich ca. 40ml der Farbe "airbrushfertig" vorbereitet um keine Farbunterschiede zu bekommen. Ich habe hierbei mit Absicht die Ränder
der Bordplatten etwas dünner lackiert, was der Lackierung durch die Schattierung etwas mehr Tiefe gibt.
Die nächste Farbe ist schon der Unterwasseranstrich. Statt dem knalligen Purpurrot der Bauanleitung habe ich mich für den Rostfarbton von Revell
entschieden. Er entspricht eher der Beschreibung eines rotbraunen Farbtones für Royal Navy Schiffe. Bevor ich jedoch lackieren konnte musste ich den
Wasserpass ermitteln und "anreißen". In einem ersten Schritt habe ich dafür den Rumpf auf den Revellständer so ausgerichtet, dass am Vorder- und
Achtersteven der in der Bauanleitung angegebene Wasserpasspunkt sich auf gleicher Höher über der Tischplatte befand. Dann stellte ich sicher, dass
die Bordwände ebenfalls auf gleicher Höhe standen. Als ich das erreicht hatte, habe ich mit einem Holzklotz und Plastikplatten eine Auflage mit der
richtigen Höhe für einen weichen Bleistift gebastelt und den Wasserpass angerissen.
(http://666kb.com/i/cfedcoza4mcqz6t5s.jpg)
Anreißen des Wasserpasses
Diese Linie war dann der Ausgangspunkt für das Abkleben und Lackieren des Unterwasserschiffes.
Nach dem Trocknen wurden auch noch die Felder der moderat ausgeprägten Dazzle-Tarnung abgeklebt und entsprechend dem Bauplan mit Grün
und Blau lackiert. Ob die Farbtöne wirklich exakt sind wage ich zu bezweifeln. Nach langem Betrachten der verfügbaren S/W-Fotos habe ich mich aber
entschieden, dass diese Farbtöne für mich passen. Ziel dieser Tarnung war es bei Sonnenschein durch die Felder dem Gegner die Bestimmung von Kurs
und Geschwindigkeit zu erschweren, während bei nebligem Wetter die Tarnung ineinander fließen sollte. Der vorgeschlagene Grün- und Blauton erfüllen
dies.
Dies ist auch der Zeitpunkt, an dem man sich wegen dem Tarnmuster entscheiden muss, ob man die HMS Snowberry bauen möchte, oder die HMS
Campanula. Was auf den ersten Blick nur eine Frage des Geschmacks ist, wird später bei den Ätzteilen ein Problem. Nur für die Snowberry sind alle
Ätzteile für den vorderen Geschützturm vorhanden!!!
(http://666kb.com/i/cfedt58iv8vpzjdwg.jpg)
Der lackierte Rumpf
Zum Schutz der Lackschichten habe ich dann noch eine Schicht Future aufgetragenen, da der Rumpf während des weiteren Baus noch oft angefasst
werden wird.
Der nächste Schritt befasst sich nun endlich mit den Decks. Nach dem vorherigen Abschleifen habe ich erst einmal überprüft, wie genau das
lasergeschnitten und markierte Holzdeck ist. Tatsächlich ist es extrem genau! Deshalb habe ich mich deshalb entschlossen das Holzdeck auf dem
Vorderdeck als Baulehre zu verwenden, sprich, ich habe die zwei Decksteile an den Ausschnitten des Holzdecks ausgerichtet. Das Ergebnis passte
hinterher perfekt in den Rumpf. Um dem Deck mehr Stabilität zu geben habe ich dann von unten an der Trennstelle dicke Plastikplatten untergeklebt.
Bei dem Achterdeck gilt es unbedingt darauf zu achten, dass das Deck eine Krümmung aufweist, man kann die sehr gut an den Seitenteilen der hinteren
Decksaufbauten erkennen. Auch hier zeigte sich, dass ein gut ausgerichtetes Deck am Ende die richtige Form hat, um die Aufbauten sauber aufzunehmen.
Beim Verkleben kommt man nicht drum herum einigen Zwang auf das Deck auszuüben. Ich habe ein Konstrukt aus Holzstäbchen und Klammern verwendet,
das diese Aufgabe bewältigte. Bitte vorher sicherstellen, dass die Heckrundung zu diesem Zeitpunkt gespachtelt und verschliffen ist. Hinterher geht das nur
noch sehr schwer.
(http://666kb.com/i/cfedvmp7rdv0pnodc.jpg)
Versuche mit der Intensität der Holzbeize
(http://666kb.com/i/cfedwmhap4yxrx1cw.jpg)
Das lackierte Deck wird unter Druck verklebt
So das ist der erste Teil ... Ich hoffe es macht Spaß :winken::winken:
Gruß,
Marc
Sehr schön, von der Flower-Class habe ich noch keinen Baubericht gelesen, da setze ich mich doch leich mal in die erste Reihe, bevor es hier richtig voll wird. Die Corvette steht hier bei mir auch auf dem Sideboard, allerdings ohne Zurüstsätze, nur ein wenig Scratch. Ich bin mal gepann, was Du daraus machst :)
Ich durfte de Riesen in Wilnsdorf ja schon bewundern.
Schön, dass Du uns hier an der Entstehung teilhaben lässt :1:
Da klinke ich mich doch mal mit ein.
:winken:
Sehr schön und hilfreich. :klatsch:
Manchmal wird der Unterwasseranstrich als schwarz dagestellt. Was ist nun richtig - rot oder schwarz (oder gar beides)? :rolleyes:
Hi Marc, wie nicht anders von dir gewohnt eine super Anleitung zum Bau der Corvette.
Auch wenn ich solch einen Riesen niemals bauen werde, werde ich aufmerksam mitlesen. Das Ergebnis kenn ich ja schon. :D
Gruß André
Schönen Dank Euch allen ...
@Primoz: Bei der Flower Class ganz klar rot
http://www.admirals.org.uk/records/adm/cafo/cafo-1941-889.php (http://www.admirals.org.uk/records/adm/cafo/cafo-1941-889.php)
Gruß,
Marc
8o 8o ... ich staune nur noch was du aus dem alten Bausatz herausholst. Erstklassige Arbeit und ein äußerst interessanter Baubericht.
Die Ätzteile und das Holzdeck tun der Corvette richtig gut.
Weiter so.
lg
Walter
Hi Marc, das ist wirklich ein informativer und interessanter Baubericht.Welchen ich mit Genuss verfolgt habe.
Auch deine Änderungen und Vorgehensweise ist vorbildlich erklärt. Danke dafür! :klatsch:
Das, das Modell echt stark aussieht habe ich ja schon erwähnt, oder? 8)
Gruß André