Panzerkanonenboot S.M.S. WESPE (1876) in 1:160

Begonnen von wefalck, 17. Februar 2010, 13:26:23

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wefalck

Na ja, ein paar Seiten werden es wohl schon noch werden, da noch eine Menge Kleinteile fehlen ...

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Mehr Farbe

Nach den Vorschriften von 1874 sollten die Schiffe einen weißen Wasserpaß bekommen sowie einen etwas schmaleren weißen Streifen unterhalb der Reling. Dieses Schema ist gut auf der alten Photographie im letzten Beitrag zu erkennen. Zu dieser Zeit war auch alles Schnitzwerk in einfachem Weiß gehalten, im Gegensatz zu später, wo dieses gelb gestrichen und teilweise vergoldet wurde.



Der einfachste Weg zu den weißen Streifen an einem so kleinen Modell schien mir, diese aus weißer Abziehbildfolie zu schneiden. Das Anbringen gestaltete sich dann aber als ziemliche Fummelei und resultierte in einer Menge innerlicher Flüche, bis alles einigermaßen an seinem Platz war. Hie und da war auch ein wenig Retusche mit weißer Acrylfarbe notwendig. Ich habe dieser Tage wenig mit Abziehbildern zu tun und hatte dementsprechend auch keinen Weichmacher im Haus, der die Arbeit vielleicht etwas erleichtert hätte. Die Streifen wurden dann noch zusätzlich gesichert, indem mit einem feinen Pinsel etwas seidenmatter Lack darunter infiltriert wurde. Um dann die unterschiedlichen Glanzgrade auszugleichen habe ich mit der Spritzpistole seidenmatten Lack über den Rumpf gesprüht. Der Acryllack von Prince August Air war aber doch wohl noch etwas zu viskos und resultierte in einem grauen Rumpf. Den Schock-Moment habe ich dann überwunden, indem ich eine weitere dünne Schicht mit einem breiten Haarpinsel aufgetragen habe.



Es wäre vielleicht besser gewesen, den Rumpf erst ganz weiß zu streichen und dann die weißen Streifen mit schmalen, aus Tamiya-Abdeckband geschnittenen Streifen abzukleben ...

Die Bug- und Heckverzierungen wurden anschließend mit weißer Acrylfarbe und einer einigermaßen ruhigen Hand angelegt. Das Bemalen solcher dreidimensionaler Verzierungen ist aber schwieriger, als man sich vielleicht denkt, da die Farbe die Tendenz hat durch Kapillarwirkung in die Ecken zu fließen. Diverse Retuschen und Reretuschen waren notwendig


Hölzerne Decks der Barbette und der Back.

Ich habe dann auch die beiden einzigen hölzernen Decks farblich angelegt, nämlich das der Barbette und das der Back mit ihrem charakteristischen radialen Plankenverlauf, der mögliche Schäden durch Druckwelle des Geschützes minimieren sollte. Die Plankennähte waren schon vor längerer Zeit mit einem Gravierstichel gezogen worden. Die Decks wurden zunächst mit der Spritzpistole in Prince August 77 (bois-Holz) grundiert. Darauf wurde mit einem breiten Haarpinsel eine Lasur mit 834 (bois transparent) aufgetragen, die etwas heller im Ton ist. Einige Planken bekamen dann noch eine leichte Lasur von Vallejo 71.074 (beige) mit einem feinen Pinsel. Die Nähte wurden sodann mit einem 0,05 mm schwarzen, permanenten 'Fine-Liner' nachgezogen. Die überschüssige Pigment-Tinte wurde sofort mit der sauberen Fingerspitze in Richtung der Naht abgewischt, so daß sie nur in der dünnen Gravur stehen blieb.
 

Das Backdeck provisorisch aufgelegt.

Fortsetzung folgt ...
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Duckdalb

Echt jetzt? Man hat alle Decksplanken konisch zugeschnitten??? Ist ja der Hammer...

tsurugi

Was für eine Arbeit die so zu schneiden !

wefalck

Danke, daß Ihr mir das zutraut ! Aber nein, die Planken wurden in ein Stück Hartpapier eingraviert:



Es wäre zwar im Prinzip recht einfach, solche keilförmigen Planken aus Holz herzustellen: man macht ein Paket aus 'normalen' rechteckigen Planken und schleift das dann keilförmig zu. Das Verlegen der nur 0,4 mm Planken mit dem komplizierten Umriß wäre aber wahrscheinlich nicht sehr erfolgreich gewesen.
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wefalck

Installationen an Deck

Das Bemalen der diversen Teile braucht seine Zeit. Einige Teile können mit der Spritzpistole behandelt werden, während für andere Pinselbemalung notwendig ist, entweder weil das Maskieren der kompliziert geformten Teile zu schwierig ist oder weil sie zu empfindlich dafür sind.

Auf dem Deck der Barbette wurden die Laufschienen für die Unterlafette, das Pivot und der Zahnbogen für die Seitenrichtung installiert. Diese Teile waren schon vor vielen Jahren aus Stahl gefertigt worden. Obwohl beim Vorbild bestanden die Laufschienen wohl aus Walzeisen (wie Eisenbahnschienen) erschienen mir die blanken Teile zu hell. Sie wurden daher zunächst schwarz gespritzt und dann die Bereiche, die wahrscheinlich dem Abrieb durch die Laufrollen ausgesetzt sind, mit einem Bleistift abgerieben. An manchen Stellen kam auch das blanke Metall wieder zum Vorschein. Insgesamt gibt das den Laufschienen eine gebrauchte Anmutung. Der Zahnbogen bestand im Original aus Bronze und wurde deswegen auch aus Bronze gefertigt.

An Deck befindet sich auch der Deckel des Schachtes, aus dem die Kartuschen aus dem Pulverraum darunter hochgegeben wurden.


Das Deck der Barbette mit den Laufschienen und dem Geschützpivot

Das Achterdeck wurde mit verschiedenen Oberlichten aus Messing ausgerüstet, die die darunterliegenden Offizierskajüten usw. beleuchteten. Sie bestanden aus einem runden, verglasten Messingrahmen der in das Deck eingelassen war. Auf der Unterseite war das Glas als mehrseite Pyramide gestaltet die das Tageslicht bündelte und dann verteilte. Der Rahmen war aus Messing gedreht und dann verglast worden, in dem er in einen Tropfen von Acrifix 192 auf der hochglänzenden Seite von Aluminiumfolie gedrückt wurde. Auf diese Weise erhält man nach Aushärten des Klebers eine hochglänzende Plexiglasscheibe. Auch wenn das sehr nach Modell aussieht, habe ich die Ringe glänzend gelassen, sie werden über die Jahre matter und dunkler werden und dann mehr dem Original entsprechen – ich habe allerding keine Informationen darüber, wie die Rahmen zu dieser Zeit wirklich aussahen. Auch die Gläser werden durch das Darüberlaufen wahrscheinlich mit der Zeit matt werden – vielleicht wäre es besser gewesen, sie mit einem Tropfen Weißleim zu imitieren.
Die Doppelpoller und die Deckel der Kohlenluken (nicht auf dem Bild unten) wurden nach Vorbild ebenfalls schwarz gestrichen und installiert.


Achterdeck mit Oberlichten und Doppelpollern

Fortsetzung folgt ...
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wefalck

Weitere Ausrüstung der Barbette

Ich habe inzwischen die Leitern installiert, die es der Geschützmannschaft erlaubte über die Seiten in die Barbette zu klettern. Weiterhin kamen die Gestelle mit der Bereitschaftsmunition an ihren Platz, ebenso wie die Grätings über dem Niedergang in das Mannschaftsquartier unter der Back, das auch den Kurbelmechanismus zum Drehen des Geschützes beherbergt, und das über der Geschoßaufgabe. Diese Grätings sind etwas gegißt, da die zeitgenössischen Zeichnungen auch als Treppen interpretiert werden könnten. Ich bin aber davon ausgegangen, daß der Niedergang in das Mannschaftsquartier gegen Abstürzen gesichert gewesen sein muß, aber andererseits auch eine verbale Kommunikation mit den Leuten an den Kurbeln erlaubt haben muß. Die Gräting über der Geschoßaufgabe muß wohl irgendwie mit Scharnieren versehen gewesen sein. Darüber befand sich ein Galgen mit Talje, um die Geschoße in die Barbette zu fördern.

In einer Ecke befindet sich eine Kiste mit einem gelochten Halter, deren Funktion aber nicht aus den Zeichnungen abgeleitet werden kann. Leider sind auch die handschriftlichen Notizen dazu auf meinen Scans nicht lesbar.


Barbette mit Gestellen für die Bereitschaftsmunition, Leitern und Grätings

Im nächsten Schritt sollen die diversen Bullaugen im Deckshaus und dem Rumpf installiert werden. Über das Aussehen dieser Bullaugen wissen wir recht gut Bescheid, da von SMS SALAMNDER, die vor der nordholländischen Küste wrack geworden war vor ein paar Jahren ein solches Bullauge geborgen wurde und sich nun in privater Hand befindet. Ich habe Photographien davon bekommen können. Auf dem Modell wird davon allerding von außen nur ein schmaler Messingring zu sehen sein. Die Bullaugen waren sehr klein und hatten einen Durchmesser von nur 16 cm, was dann 1 mm im Modell entspricht.

Ich wollte eigentlich die Bullaugen dadurch herstellen, indem kurze Stücke von dünnwandigem Ms-Rohr in Acrifix 192 getaucht werden. Dieser Plexiglas-Klebstoff erwies sich aber als zu viskos, um in die 0,8 mm Öffnung des Rohres einzudringen. Ich werde mir etwas anderes ausdenken müssen ...

Fortsetzung folgt ...
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AnobiumPunctatum

Warum legst Du die Bullaugen nicht schwarz (oder dunkel) an und tupfst Kristal Clear oder Ponal in die Bohrungen?
:winken:  Christian

in der Werft: HMS Triton 1773, Maßstab 1/48

"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

wefalck

Zu primitiv  :pffft:  Erstens möchte ich den Messingring haben und zweitens eine wirkliche, ebene Scheibe. Bei den anderen Methoden bildet sich in der Bohrung ein Meniskus aus und man die Tiefe der Scheibe in der Bohrung nur schlecht kontrollieren. Werde es mal mit einem abgedrehten Plexiglasstab in den Röhrchen versuchen.
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bughunter

Schöner Fortschritt :P
Einige Details, die nun ihren endgültigen Platz gefunden haben, erkenne ich von früheren Seiten wieder :1:

Für die Bullaugen: auch klaren Gußast (besonders gut die von Eduard) kann man wie üblich über einer Kerze erwärmen und ziehen, bis er in Messingrohr passt. Die Enden abgeschnitten und poliert. So habe ich schon Zielfernrohre in 1:48 gefertigt, durch die das Licht scheint.

Viele Grüße,
Bughunter

Wikipedia sagt: "Ein Modell ist ein vereinfachtes Abbild der Wirklichkeit."
Deshalb baue ich lieber verkleinerte Originale.

wefalck

Danke, aber leider finden sich Angußäste schon seit Jahrzehnten nicht mehr in meinem Fundus  :D

Auch Plexiglas läßt sich warm verformen ...
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wefalck

Zusammenbau der Steuerstände

Nur langsame Fortschritte z.Zt. wegen Reisen und weil man ja zwischendurch auch etwas Geld verdienen muß ...

Die Bemalung der verschiedenen Kleinteile ist sehr zeitaufwendig, oft beginnend mit einer Grundschicht, die mit der Spritzpistole aufgetragen wurde und weiteren Details mit dem Pinsel. Oft sind verschiedene Schichten von Farbe bzw. Lasuren notwendig. Besonders Teile die die Anmutung von geöltem oder lackiertem Holz bekommen sollen brauchen nach der Grundfarbe Lasuren in einem dunkleren Ton und abschließend womöglich mehrere Schichten von Klarlack, um die ,Tiefe' der Farbe zu erzielen. ,Geöltes' Holz bekommt dabei einen Schlußüberzug mit Vallejo Seidenglanzlack, während ,lackiertes' Holz einen solchen mit einer 1:1 Mischung aus Vallejo Glanz- und Seidenglanzlack bekommt, da der Seidenglanzlack nicht stark genug glänzt.

Unten zwei Bilder der aus den früher hergestellten, laser-geschnittenen Einzelteilen zusammengebauten Steuerstände. Die Steuerräder und Konsolen wurden mit Prince August (Vallejo) 'Mahagoni transparent' behandelt, während die Grätings einen Grundanstrich in Prince August (Vallejo) 'Holz', gefolgt von Lasuren mit Schmincke 'ocker' um ihnen das Aussehen von Teakholz zu geben (na ja, so ungefähr).

Ich muß nochmal ein paar bessere Nahaufnahmen machen damit man sieht, daß die Steuerseile in Führungsrohren verschwinden, die aus oben aufgeweiteten Stücken von Messingrohr mit 0,6 mm Außen- und 0,4 mm Inndurchmesser hergestellt wurden.





Steuerseile sind ein scheinbarer Anachronismus im Jahr 1876, in dem es bereits Steuerketten und Dampfsteuerapparate gab. Es scheint aber, daß die Kriegsmarinen noch länger an diesem System festhielten, da Kampfschäden so mit Bordmitteln leichter zu reparieren waren.

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wefalck

Verglasung der Bullaugen

Im Anschluß an die obige Diskussion zur Verglasung der Bullaugen, habe ich mir die verfügbaren Photographien noch einmal vorgenommen und bin zu dem Schluß gekommen, daß man den Bronzerahmen von außen eigentlich gar nicht sieht. Andererseits ist aber die Auflösung der Photographien bzw. der Scans davon nicht wirklich ausreichend, um solche Details sicher erkennen zu können.

Um mir das Leben zu vereinfachen, habe ich mich dann für Plexiglas-Stifte entschieden. Ich habe immer 1 mm Rund-Plexiglas vorrätig und davon wurden gut 2 mm lange Stifte abgeschnitten. Die Stifte müssen etwas länger als dick sein, damit sie sich bei Einsetzen nicht so leicht verkanten. Die Außenseite wurde auf der Drehbank flach gedreht und die Rückseite mit einer Fase versehen, um das Einsetzen zu erleichtern. Dieser Teil wurde mit einem Permanentmarker schwarz gefärbt. Auf der Mikro-Fräsmaschine wurde die Außenseite mit einem Silikonpolierer auf Hochglanz poliert.

Um die Stifte gleichmäßig tief einsetzen zu können, habe ich mir ein kleines Werkzeug gemacht, einen 2 mm Plexiglas-Stift, von dem am Rand ein Stück 0,3 mm lang abgedreht wurde.


Die Plexiglas-Stifte fertig zum Einsetzen


Verglaste Bullaugen der Back


Verglaste Bullaugen der Back

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wefalck

#212
Ein rätselhaftes Detail in der Barbette

In den Original-Decksplänen von der Mitte 1880er Jahre erscheint ein etwas rätselhaftes Detail, das aber nicht nicht in den Längsschnitten dargestellt ist, was weiteren Aufschluß hätte bringen können. Dieses Detail mir einige Zeit etwas Kopfzerbrechen bereitet, bis mir kam, daß die ovalen Elemente den Querschnitt eines Gewehrschaftes darstellen – wir schauen also auf Gewehrständer. Diese Interpretation wurde bestätigt, nachdem ich auf spätere Zeichnungen aufmerksam wurde, auf denen die Details in der Tat als Gewehrständer bezeichnet sind.


Die rätselhaften Details in der Barbette

Zu allen Zeiten wurden Kriegsschiffe mit Handwaffen ausgerüstet, um einerseits Enterungsversuche abwehren, solche selber unternehmen oder auch um Landungskorps ausrüsten zu können. Nach RECKENDORF (1983) waren die Schiffe der Kaiserlichen Marine zur fraglichen Zeit mit der Jägerbüchse 71 samt dem zugehörigen Bajonett ausgerüstet. Wie der Name andeutet war dieses Gewehr eine Sonderausführung des Infanteriegewehrs 71, das für die Jägerbatallione vorgesehen war und wurde nach dem Ende des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 eingeführt, um das inzwischen veraltete Zündnadelgewehr zu ersetzen. Im Vergleich zum Gewehr 71 war die Jägerbüchse sorgfältiger hergestellt und inspiziert, hatte einen feineren Abzug und war auch etwas leichter – die Jäger waren bekanntlich als Einzelschützen ausgebildet. Beide Gewehre waren noch Einzellader, aber für Metallpatronen vorgesehen.

In dem zitierten Buch und im Internet habe ich brauchbare Photographien der Jägerbüchse 71 gefunden. Im Maßstab 1:160 ist das Gewehr aber nur 7,8 mm lang, so daß es ziemlich vereinfacht dargestellt werden muß. Ich habe den Schaft für den Laserschneider so gezeichnet, daß er aus zwei Lagen von 0,2 mm dickem Canson-Papier zusammengesetzt wird. Gleichzeitig habe ich die Teile für den Gewehrständer gezeichnet, wie er wohl ausgesehen haben könnte, da originale Ansichten fehlen.


Vorlage für den Laserschneider

Die Teile wurden in der bewährten Manier mit Zaponlack montiert und dann mit Vallejo-Acrylfarben bemalt.

Die Gewehrläufe wurden durch entsprechende Abschnitte von 0,2 mm verzinntem Kupferdraht dargestellt. Die Ringe, die den Lauf mit dem Schaft verbinden wurden durch flachgedrückten 0,1 mm verzinnten Kupferdraht imitiert. Da ich immer noch nicht die Zeit gefunden habe, die seit langem geplante Miniatur-Drahtwalze herzustellen, habe ich den Flachdraht dadurch hergestellt, indem ich einen Rundstahl über den Kupferdraht auf einer dicken Glasplatte gerollt habe.


Jägerbüchsen M71 im Maßstab 1:160

Da die winzigen Gewehre schwer handzuhaben sind habe ich sie mit seidenmattem Acryllack zur weiteren Ausstattung in den bereits zusammengebauten und bemalten Ständer geklebt. Eigentlich wollte ich sie auch noch einem Abzugsschutz aus 0,05 mm Draht versehen, aber die Ringe von 0,4 mm Durchmesser sind mir schneller von der Pinzette gehüpft, als ich sie ankleben konnte und habe das daher aufgegeben. Lediglich den Tragriemen auf flachgedrücktem 0,1 mm Kupferdraht habe ich mit ebenfalls mit Acryllack angebracht.

Angesichts der Arbeit und Nerven die dieses halbe Dutzend Gewehre gekostet hat, habe ich dann beschlossen den zweiten, auch weniger sichtbaren Gewehrständer leer zu lassen.


Der fertig bestückte Gewehrständer

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RECKENDORF, H. (1983): Die Handwaffen der königlich preußischen und kaiserlichen Marine.- 172 p., plates, Dortmund (Eigenverlag).

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Frankzett

Wenn ich mir überlege, wie ich beim Modellieren bei 1:72-Figuren stilisiere, ist das schon unglaublich fein! Bei Einzelstücken braucht man sich zwar keine Gedanken über die Abformbarkeit machen, aber bei der Menge der hier hergestellten und verbauten präzisen "Serienteile" brauch man wohl entsprechende Nerven und Geduld... Capeau!

Viele Grüße
Frank

JWintjes

Sehr eindrucksvoll!  :P

Und vielen Dank für den Literaturhinweis, das kannte ich noch nicht - kommt mir aber gerade sehr gelegen.

Jorit

wefalck

Vielen Dank für die netten Worte !

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Fertigstellung der Oberlichte 1

Die Oberlichte an sich wurden ja schon vor langer Zeit hergestellt, aber ihre endgültige Ausrüstung wurde bis zu dem Zeitpunkt verschoben, an dem sie in das Modell eingegbaut werden können, da viele Details sehr empfindlich sind und während der Lagerung hätten beschädigt werden können.

Das große Maschinenraum-Oberlicht besteht aus einem geätzten Blech für die Kappe und wurde ansonsten aus Hartpapier rund um einen aus Plexiglas gefrästen Kern aufgebaut. Nach dem Bemalen der Einzelteile mußten noch das Schutzgitter aus Messingstäben eingesetzt werden. Für die Stäbe wurden in die Unterseite der Kappe Vertiefungen eingeätzt, um einen gleichmäßigen Abstand vorzugeben. Die Stäbe bestehen aus 0,1 mm starkem, vermessingtem Kupferdraht. Der Durchmesser von 0,1mm entspricht 16 mm im Original, was sicher zu dick ist, aber das war der dünnste messingfarbene Draht den ich finden konnte. Ich habe zwar ähnlich gefärbten Molybdändraht, aber es war zu schwierig diesen sehr harten Draht präzise zu den erforderlichen kurzen Stücken abzulängen.


Ätzteil (links unten) für das Maschinenraum-Oberlicht

Die Drähte wurde mit Schellack eingeklebt. Dazu habe ich mir eine Schellack-Lösung von der Konsistenz dicken Honigs angesetzt. Diese Lösung ist sehr klebrig und bleibt es für eine Stunde oder so – reichlich Zeit die Drähte zu positionieren und neue Drahtstücke abzulängen, wenn mal eines unauffindbar von der Pinzette springen sollte. Mit einem Tropfen Alkohol kann man auch den Schellack wieder anlösen, falls das nötig sein sollte.


Die Positionierung der Gitterstäbe mit Schellack


Alle Gitterstäbe angebracht


Das vergitterte Maschinenraum-Oberlicht

Die Oberlichte wurde zunächst in Prince August (Vallejo) ,Holz' gespritzt und bekamen danach Lasuren mit ,Mahagoni transparent'. Um dem ,Holz' eine gewisse Tiefe zu geben, wurden anschließend mehrere Schichten Vallejo Seidenmattlack aufgetragen, bevor die Stäbe installiert wurden.

Schließlich wurden der Plexiglas-Kern und die geätzte Haube zusammengeklebt. Ein flacher, aus Messing gedrehter Knopf stellt den Lüfter auf dem Dach dar – das tatsächliche aussehen ist nur abgeschätzt, da dieser nur auf der allerersten Photographie von SMS WESPE undeutlich erkennbar ist.


Die vergitterte Kappe auf dem Plexiglas-Kern

Die beiden runden Öffnungen in den horizontalen Gittern werden die Maschinenraumlüfter aufnehmen. Diese werden aber erst später installiert, da die beiden Handgriffe zum Drehen sehr empfindlich sind.


Das Maschinenraum-Oberlicht vor dem Einabu

(Ich muß später einmal Aufnahmen mit Spiegelreflelkamera und diffusem Licht machen - auf diesen Nachaufnahmen sieht das alles furchtbar aus ...)

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Frankzett

...Verklebung von Metallteilen mit Schellack? Interessant, ich dachte mir so etwas ist zu spröde und blättert leicht vom Metall ab; gibt es noch irgend einen Zusatz zur Verstärkung der Klebekraft o.ä.?

Viele Grüße
Frank

wefalck

Man muß sich die Mechanik von Klebestellen anschauen: es gibt so genannte formschlüssige und kraftschlüssige Fügungen. Schellack ist für kraftschlüssige Fügungen nur bedingt geeignet, da er recht spröde und empfindlich gegen Scherkräfte ist. Bei flächigen Verklebungen kommt es einerseits auf die Oberflächenbeschaffenheit an und andererseits auf die physiko-chemische Interaktion zwischen Oberfläche und Klebstoff und auch wie elastisch der Klebstoff ist.

Uhrmacher verwenden seit Jahrhunderten Schellack, um Uhrteile auf so genannte Lackscheiben zu kleben und diese dann auf der Drehbank zu bearbeiten. Heute werden allerdings eher Sekundenkleber verwendet. Schellack hat den Vorteil, daß man mehr Zeit zum Positionieren hat.

Juweliere verwenden ebenfalls Schellack zum 'Fassen' und Sichern von Steinen. Der Schellack wird mitunter auch mit Wachs gemischt, um ihn weniger spröde zu machen. Steinfassungen sind allerdings praktisch immer formschlüssige Verbindungen, da z.B. Metallklammern über den Stein greifen.

Im konkreten Anwendungsfall handelt es sich ebenfalls um eine formschlüssige Verbindung, da die 'Gitterstäbe' ja in den geätzten Vertiefungen liegen und der Schellack sie nur am Verrutschen hindert. Das Gleiche wäre der Fall, wenn ich z.B. ein Ätzteil mit Schellack in eine Bohrung einklebe.
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Frankzett

Interessant, zumal Alkohol als Lösungsmittel angenehmer riecht als Sekundenkleber... :D
Welchen Feststoffanteil hast Du in der Klebelösung, gibt es da evtl. ein paar Richtwerte zum Ansetzen des Schellacks?

Viele Grüße
Frank

wefalck

Nein, ich habe etwas Alkohol (Spiritus) in eine Filmdose gegeben und dann nach und nach ein paar Schellack-Plättchen, bis ich die gewünschte Honigkonsistenz hatte. Es braucht einige Zeit, bis der Schellack sich auflöst, man muß u.U. mit ein bis zwei Tagen für die Prozedur rechnen. Die Lösung hält aber ewig, man muß nur ein paar Tropfen Alkohol dazugeben, wenn sie zu eingedickt sein sollte. Deswegen kann man bei der Arbeit das Gefäß auch durchaus mal eine halbe Stunde offen stehen haben, ohne daß allzuviel passiert.
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Graf Spee

Wieder mal ein schönes Update.

Das mit dem Schellack ist interessant.

:winken:
Handle nur nach derjenigen Maxime,
durch die zugleich wollen kannst,
das sie ein allgemeines Gesetz werde.



Rafael Neumann

Deine Updates sind wie immer der Hammer, und die Sache mit dem Schellack finde ich ebenfalls interessant.
Du verwendest aber tatsächlich Schellackplatten, die Du auflöst. Ginge für Verklebungen auch so ein fertiger Lack hier ?
https://www.obi.de/schellacke/bondex-schellack-transparent-250-ml/p/4721841

Schöne Grüße
Rafael
Wenn ich mal sterbe, hoffe ich, dass meine Frau die Bausätze nicht zu den Preisen verkauft, die ich Ihr genannt habe ...

wefalck

Ich kenne das Produkt nicht, deswegen kann ich nichts zu seiner Viskosität sagen. Es ist aber offenbar dazu gedacht, Holz mit einer sogenannten Schellack-Politur zu versehen. Man kann damit zwar auch kleben, aber der 'Trick' ist eben die hohe Viskosität des selbst angesetzten Lösung.

Schellack-Plättchen (nicht Platten !  :D) gibt es im Internet oder im Bedarshandel für Tischlerei, Möbelrestaurierung, Instrumentbau, usw.: einfach mal Tante Google nach 'Schellack Plättchen kaufen' fragen.

Übrigens: Danke für die netten Worte !
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wefalck

Türknöpfe

Ich hatte das Bedürfnis, mal wieder etwas an der Drehbank zu arbeiten, deswegen habe ich mir die Knöpfe an den verschiedenen Türen des Deckshauses und der Rückseite der Back vorgenommen. D.h. ich nehme an, daß es Knöpfe und keine Klinken waren. An Bord werden aber wohl eher Knöpfe verwendet, da man an Klinken leicht mit Kleidung hängenbleiben kann und sich auch Leinen verhaken können.

Diese wurde aus kleinen Messingnägeln gedreht. Ich nehme gerne die Nägel dafür, da der Herstellungsprozeß das Material etwas härtet. Es ist sonst nicht so einfach harten Ms-Draht im Handel zu finden.

Der Zieldurchmesser der Knöpfe war 0,4 mm was einem Durchmesser von 64 mm im Original entspricht. Es brauchte eine ganze Reihe von Versuchen, bis ich die richtige Werkzeugeinstellungen und ein Arbeitsprotokoll gefunden hatte, um einen einigermaßen gleichen Satz von acht Knöpfen und ein paar in Reserve zu produzieren – die winzigen Knöpfe lieben es beim Einsetzen in die vorgebohrten Löcher von der Pinzette zu springen.


Das Drehen der Türknöpfe: Schritt 1 – Vordrehen mit einem Nutenstahl

Das Drehen erfolgte in drei Schritten, nämlich 1) Vordrehen mit einem Nutenstahl, 2) Formen des Knopfes mit der Radiendreheinrichtung und 3) Abdrehen des Schaftes, bis der vom Material abbricht.


Das Drehen der Türknöpfe: Schritt 2 – Formen des Knopfes mit dem Radiendreheinrichtung


Das Drehen der Türknöpfe: Schritt 2 – Formen des Knopfes mit dem Radiusdrehapparat (Nahaufnahme)

Das Werkzeug in der Mikro-Radiendreheinrichtung ist ein abgegrochener 0,4 mm-Bohrer dessen Ende zu einer Schneide angeschliffen wurde. Es erzeugt hübsche Fließspäne.

Während das Drehen der Türknöpfe einfach war, nachdem die richtigen Einstellungen gefunden worden waren, hatte das Einsetzen in die vorgebohrten Löcher eine Menge (mentaler) Flüche zur Folge ...


Beispiel eines Türknopfes an seinem Platz (Grrr ... diese Nahaufnahmen zeigen jeden Fussel und jede Ungenauigkeit)

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Kerbholz

ich hoffe, ich bin nicht der Einzige, der hier sein Erstaunen zum Ausdruck bringt  8o
Sachen gibt's. Türknopf in 1:160
Unglaublich.

Frank