...und noch eine Soleil Royal

Begonnen von hwe, 12. Februar 2006, 16:11:16

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hwe

Hallo Holger!

ZitatOriginal von HWB
Tachchen Herbert,

das artet tatsächlich in Arbeit aus  :baby:
Why not wenn´s dir Spass macht  :P  ;)

Darauf kannst du wetten! :)

ZitatFür Leute die ihre Farben auch zukünftig nicht selbst anmischen wollen (z.B. ich), wäre jetzt natürlich von Interesse, welche erhältlichen Ölfarben mit den angerührten Ockern  möglichst gut übereinstimmen.
Gerade beim Rot ist das interessant, da es keinen roten Ocker in Tubenform zu geben scheint. Passt eigentlich der gelbe Tubenocker?
Da Farben beim Fotografieren ganz gerne mal die Farbe wechseln, könntest du einfach mal posten welchem Rot aus der Tube dein Ansatz ähnelt. Danke im Voraus  :klatsch:

So und nun noch eine Exkursion in blau und grün und braun und schwarz und..... X(

Bevor ich´s vergesse: Machst du erst mal Probeanstriche oder rückst du gleich dem Modell zu Leibe?

 :winken:

Okay, den Einwand sehe ich ein.

Also, der gelbe Ocker stimmt recht gut überein mit dem "Lichten Ocker" von Lukas Studio, Ölfarbe Sorte 200, Nummer 231.

Beim roten Ocker war ich zuerst geneigt zu sagen, dass "Terra die Siena gebr." von Lukas (selbe Reihe) ganz gut hinkommt. - Eine nähere Betrachtung bei Sonnenlicht ergab jedoch, dass das "Englischrot hell ..dd" von Lukas Studio, Ölfarbe Sorte 200, Nummer 254 noch besser hinkommt.

Für Schwarz hatte ich nicht vor, solche Exkursionen zu unternehmen. - Schwarz ist schwarz bin ich der Ansicht. - Unterschiede sieht man erst viel später, wenn die Farben wieder zerfallen. Und bis dahin langt mir Elfenbeinschwarz aus der Tube. :)

Das Azurit ist vielleicht noch eine Ãœberlegung wert. - Jedoch ist Azurit definitiv sauteuer! - Und es ist schwer zu verarbeiten und auch noch giftig.

Denn während ich für einen der Ocker-Beutel ja nur 2,50 Euro zahlen musste, wollte man für etwa die Menge dunkles Azurit, wie ich an rotem Ocker angerührt habe, etwa 36 Euro haben. - Das erklärt auch, wieso es "Königsblau" gibt... ;) Jemand anderer als ein König kann sich diese Preise nicht leisten! ;)

Dazu kommt, wie erwähnt, dass es giftig ist und wenn man es falsch behandelt, wird es grün!

Und die endgültige Entscheidung, welche Farbe verwendet wurde, steht immer noch aus. - Zur Zeit ist für mich alles Ok, was zwischen einem leicht türkisen Babyblau und einem dunklen Indigo liegt. - Ich kann es nicht entscheiden.

Ich habe inzwischen nocheinmal aus einer anderen Bücherquelle die Bestätigung erhalten, dass es um 1690 herum problemlos "Azurit von höchster Qualität gab". Von daher erhöht sich die Wahrscheinlichkeit noch weiter, dass es auch dunkelblaues Azurit gab.

Im übrigen habe ich inzwischen die Idee gehabt, mich zu fragen, woher der Name "Cote d'Azur" eigentlich stammt... - Ich halte es inzwischen für naheliegend, festzustellen, dass man damals vermutlich dort viel Azurit gefunden hat. - "Die Azurit-Küste" könnte man das auch gut übersetzen. - Und man kann sich gut vorstellen, dass die Leute dort damals schon reich werden konnten und waren, die dort lebten. - Wenn das eine reiche Azurit-Fundstätte war... - Und das würde wiederum erklären, wieso die Franzosen es auch hemmungslos in größeren Mengen einsetzen konnten. - So fügt sich langsam ein Puzzlestein zum anderen.

Aber diese Idee muss ich noch verifizieren.

Ich habe etwas gefunden. - Der Name ist wohl erst seit 1887 ein Begriff, weil ihn dort angeblich ein Schriftsteller das erste Mal erwähnte. - Trotzdem: Bei Kremer Pigmente wird/wurde laut Internet auch Malachit von der Cote d'Azur angeboten. - Malachit ist "vergrüntes" Azurit... - Meine Idee scheint also nicht so ganz daneben zu liegen.

An Grün muß ich noch herausfinden, was denn nun in Nordeuropa eingesetzt wurde. - Braun wurde m.E. an Bord von Schiffen nichts gestrichen. - Es reicht also, Holz mit einem "Harz" zu lackieren.

Was das Vorstreichen und experimentieren angeht:

Jaaa, das ist auch ein Thema. - Wer Ölfarben kennt, weiß, wie schnell der Untergrund durchscheint und was er für einen Einfluß auf die Leuchtkraft der Farbe besitzt. - Manche Farben leuchten besser, wenn man sie schwarz unterlegt. Die meisten aber, wenn man sie weiß grundiert.

Damals wurde auch in der Kunst viel auf Holz gemalt. - Ich bin mir daher sicher, dass man um die Wirkung der Grundierungen wusste. - Es wäre interessant, herauszufinden, ob und wie die Schiffe grundiert wurden.
Für Ölgemälde auf Holz wurde dieses GRÜNDLICH vorbereitet. - Eine Grundierung (wenigstens die) für normale Schiffsanstriche ist daher durchaus denkbar.

Spannendes Thema. - Du hast mich da aufmerksam gemacht... - Danke! :)

Ciao,

HWE :mariinee:

hwe

ZitatOriginal von Hans Trauner
HWE, Ölfarben macht man mit Öl und Pigmenten, sonst erst mal nix. Ölfarbe braucht einen Binder, das ist das Öl und Pigmente, das ist der Farbton. Terpentinöl braucht man nur und ausschließlich als Verdünner, um die Streichfähigkeit nach Wunsch einzustellen.

Wenn du Pigment und Terpentin zusammenbringst und verrührst, bröselt deine Ölfarbe wieder ab, es fehlt das Bindemittel.

Ob du rektifiziertes ( = doppelt destilliertes) oder einfaches Terpentin nimmts, ist nebensächlich.

Lukas Medium 3 ist nix anderes als ein Verdünner wie Terpentin, könnte auch Terpentinersatz sein, plus einem Sikkativ, einem Trocknungsbeschleuniger, oft sind das Metallsalze. Braucht man auch nicht, um die Farbe anzusetzen, im Gegenteil, ruiniert die Farbe. Gibt man nur dann bei, wenn man sie verwendet.

Leinöl-Firnis ist ebenfalls ein Mischprodukt. Vorsicht, auch hier können die Sikkative die Farbe zu 'schnell' machen.

Die Profis rühren die Farbe nicht an, sie nehmen eine Glasplatte (oder polierten Stein) und 'reiben' die Farbe mit dem Palettenmesser an. Sikkative etc kommen erst bei Bedarf dazu...oder man 'reibt' nur soviel Farbe an, wie man gerade braucht.

Oder man kauft eine Tube....

Grüße
Hans

Hallo Hans,

vielen Dank für diese Infos!

Ich habe mich da auf die Angaben im Künstlerfachgeschäft verlassen. - Dort sagte man mir, dass ich erstmal die "Lufthülle", die jedes Pigment aus Gründen der Adhäsion besitzt, erstmal mit dem Terpentin "brechen" müsse. - In einem Buch über Malerei steht zum Beispiel drin, dass Ocker (gelber wie roter) ca. 62% Öl enthalten sollte.

Wie es aussieht muss ich meinen gelben Ocker noch ein wenig "nachölen". - Terpentin ist ja erfreulicherweise recht verdunstungsfreudig und so sollte es vielleicht reichen, wenn ich Öl hinzugebe und warte, bis das Terpentin wieder verdampft ist?!

Was die "Schnelligkeit" der Farbe angeht: Beim Modellbau habe ich wenig Lust, ein Jahr darauf zu warten, bis alles trocken ist. - Ich hoffe, dass es bei dünnem Auftrag in wenigen Wochen wenigstens so weit ist, dass ich es anfassen kann... So gesehen kann es mir eigentlich kaum schnell genug gehen. - OK, wenn mir die Farbe am Pinsel antrocknet, habe ich etwas falsch gemacht... ;)

Ciao,

HWE
 :mariinee:

HWB

Hi Herbert,


ZitatSo und nun noch eine Exkursion in blau unf grün und braun und schwarz und..... b�se

War nun wirklich nicht ernst gemeint  ;)


Dass man sich bei einem Schiffsrumpf grosse Mühe mit der Grundierung gab glaube ich nicht. Das Zeug sollte das Holz konservieren. Schöne Optik war eher ein "Nebeneffekt".
Bei den Aufbauten trifft das eventuell nicht zu, hier hat man sich mehr Mühe gegeben. Wie gesagt, die Holländer haben ganz gerne Stadtansichten auf die Gillung gepinselt oder Wölkchenmotive auf den Aufbauten.


 :winken:
Holger

Im Bau: holländische Fregatte "Wapen van Edam" von 1644

In Planung:
HMS Royal Katherine 1664 Eendracht 1654

hwe

Hi !

Wer übrigens mal sehen möchte, wie Azurit aussehen kann, hier ein paar Links:

Azurit 1 (Mineralienatlas)

Azurit 2 (Wikipedia)

Ich kann bestätigen, dass die Pigmente, sowohl in dem dunklen Blau, als auch im hellblauen vorliegen.

Ciao,

HWE
 :mariinee:

hwe

Hi Holger!

ZitatOriginal von HWB
Hi Herbert,


ZitatSo und nun noch eine Exkursion in blau unf grün und braun und schwarz und..... b�se

War nun wirklich nicht ernst gemeint  ;)
Weiss' ich doch! :)
ZitatDass man sich bei einem Schiffsrumpf grosse Mühe mit der Grundierung gab glaube ich nicht. Das Zeug sollte das Holz konservieren. Schöne Optik war eher ein "Nebeneffekt".
Dem stimme ich weitgehend zu. - Nur hält die Ölfarbe vermutlich auch nicht all zu gut, wenn man nicht vorher grundiert. - Und dieser Umstand kann damals durchaus schon bekannt gewesen sein. - Den Kunstmalern war es jedenfalls sicher bekannt!
ZitatBei den Aufbauten trifft das eventuell nicht zu, hier hat man sich mehr Mühe gegeben. Wie gesagt, die Holländer haben ganz gerne Stadtansichten auf die Gillung gepinselt oder Wölkchenmotive auf den Aufbauten.
Jep. Genau das hat mich darauf gebracht, dass man ja sogar in der Kunst auf Holz malte. - Also wieso nicht auch im selben (?) Verfahren auf Schiffen?


Ciao,

HWE
 :mariinee:

hwe

Hi!

Es wird Zeit, dass ich wieder mit meinem Baubericht weiter mache...

Bevor ich meine selbst hergestellten Ölfarben einsetzen kann, sollte ich vielleicht das Modell von alten Anstrichen befreien. - Das ist immerhin gute 20 Jahre her (so alt ist der Bausatz von Heller schon... - und bis heute hielt man es leider nicht für nötig, die vielen Fehler zu beheben. - Aber dazu kommen wir später...), deswegen hatte ich massive Bedenken, ob ich die Farben überhaupt vom Modell wieder entfernen könnte.

Nachdem ich auch einige Jährchen Pause beim Modellbau gemacht habe, habe ich mich hier im Board umgeschaut, was man denn sinnvollerweise als "Abbeizer" einsetzen könnte.

Mit am häufigsten wurde Backofenspray genannt. Aber auch diverse Reinigungsgels und sogar Bremsflüssigkeit.

Nachdem ich selbst nie zuvor die Notwendigkeit empfunden hatte, meine Modelle wieder zu entfärben, habe ich mich mit der Sache (für meine Verhältnisse) auf Neuland begeben. Ergo bin ich zum nächsten Supermarkt und habe mich mit folgenden Dingen eingedeckt:

2 Zahnbürsten. Eine billige, mittlerer Härte, von einem Noname-Hersteller. Und eine teure, harte von einem namhaften Hersteller.



Dazu eine Spraydose mit Backofenspray von Sidol (Empfehlung der "Kollegen" hier) - "Backofen & Grill".

Dann fiel mir noch ein neues Reinigungsmittel von Bref in die Hände (Multifettlöser, Ultrastark). Ein Grillreiniger, speziell für Fette, angebrannte Öle, Motoren, usw. - Ich habe es gerne mitgenommen, weil es einerseits in einer Plastikflasche war und andererseits explizit auf der Flasche davor gewarnt wurde, lackierte Flächen damit zu besprühen... ;)

Alles, was ich zuerst feststellen musste, war ob die Chemikalien den Kunststoff des alten Bausatzes angreifen würden, oder nicht. - Deswegen zuerst ein entsprechender Test mit einigen nicht notwendigen Gußästen.

Hier ein Foto mit den eingesetzten Reinigungsmitteln und den Gußästen.




Bei der Anwendung fiel beim Backofenspray auf, dass es eine "faserige" Konsistenz bekam und so am
besprühten Objekt zunächste einmal haften bleibt. Die Vermutung ist, dass dadurch die Farben (der "Schmutz") gezielter angegriffen werden können. Die Substanz wirkt länger auf der Fläche, so die Idee.

Und so sieht das aus:



Das Bref Spray ist flüssiger in der Konsistenz. Es bildet einen Schaum, der aber bereits nach kurzer Zeit weitgehend zerläuft. Meine Einschätzung war, dass das Spray ZU schnell zerlaufen würde und so nicht lange genug einwirken könnte. Der Test mit dem Gußast sah so aus:



Ich habe beide Proben eine gute Viertelstunde einwirken lassen und danach mit klarem Wasser abgespült.
Das Ergebnis war recht erfreulich, sämtliche Gußäste wiesen keinerlei Veränderungen auf. Somit war klar, das beide Mittel für eine Abbeizaktion in Frage kamen. Wenn ein Mittel Kunststoff angreift, tut es das normalerweise fast sofort. Der Kunststoff zerfällt dann innerhalb von Sekunden.

Die Fotos dazu spare ich hier, denn das fällt unter die Kategorie: "Wie sie sehen, sehen Sie nichts!"

Also habe ich die ersten Teile, in diesem Fall die Gallionsregeln, mit den beiden Mitteln eingesprüht.

Nach einer Viertelstunde habe ich mir das Ergebnis mal angeschaut und mit einer der Zahnbürsten versucht ein wenig nachzuhelfen.

Das Ergebnis war leider eher mäßig.

Wenn ich einem von beiden Mitteln einen Vorzug geben sollte, dann wäre es, zu meinem eigenen Erstaunen, das Bref. Interessanterweise hat der klebrige Schaum des Sidol Backofensprays keinen Bonus gebracht. Der Gallionsteil, den ich mit Bref eingesprüht hatte, war spürbar leichter von der Farbe zu befreien, aber selbst dieses Ergebnis befriedigte mich nicht.

Hier das doch recht schwächliche Ergebnis. Rechts das Bref, links das Sidol Backofenspray.



Mir ging das nicht schnell genug. 20 Jahre alte Farbreste pappen nun doch recht gut...

Es musste etwas "härteres" her!

Nachdem ich gelesen hatte, dass Bremsflüssigkeit recht gut funktionieren soll, entschied ich mich dafür, es mal damit zu probieren. Ich wusste, ich hatte noch eine überlagerte Dose im Keller, die ich noch nicht weggeworfen hatte. Außerdem wollte ich Kunststoffreiniger ausprobieren.

Gesagt, getan. Schnell in den Keller und beides aus dem Regal gefischt.

Dann die Balkonbrüstungen der Heckgalerien mit DOT 4 "eingeweicht".

Nach 10 bis 15 Minuten bin ich mit der billigen Zahnbürste beigegangen und habe die Balkone angefangen abzubürsten.

Hier seht ihr das Ergebnis:



Und man kann es bereits sehen... Nicht nur, dass die Farbe auf den Galeriebalkonen schnell abging, auch die Zahnbürste begann sich aufzulösen!

Offensichtlich war der Klebstoff der Borsten von der Bremsflüssigkeit auflösbar wie Zucker in Wasser. - Die Bürste zerfiel regelrecht vor meinen Augen. Hier noch ein zweites Foto, nur wenig später:



Dabei ist zu erkennen, dass sich sogar der Kopf der Bürste in mehrere Teile auflöste. - Anscheinend schwächt der Klebstoff der Borsten den Kopf stark.

Die Borsten selbst hatten nicht das geringste Problem mit der Bremsflüssigkeit. Im Gegenteil. Im späteren Verlauf tauchten sie immer wieder dort auf, wo ich sie nicht gebrauchen konnte...

Hier noch ein Foto von den Balkonen und den Gallionsregeln nach einer Behandlung mit Bremsflüssigkeit. Die teurere Markenbürste hat die Tortur mit der Bremsflüssigkeit dagegen gut überstanden.



Die Gallion rechts ist mit Bref vorbehandelt worden, die links mit Sidol Backofenspray.

Der nächste schwere Brocken war das Heck und eine Seitentasche. Reich verziert, mit viel Gold. Gleichzeitig mit einer "Testversion" eines Blau in Ölfarbe angemalt. Alles 20 Jahre alt...

Hier die Teile vor meiner "Kur":



Das Blau auf dem Foto ist eigentlich ganz in Ordnung, hätte man fast lassen können. Das Gold war jedoch zu rot. - Bekanntlich gibt es verschiedene Goldtöne. Gelbgold, Rotgold,.. - Ich wollte damals ausprobieren, wie wohl das Blau mit einem Rotgold wirkt.

Nachdem ich dann "zwischendurch" im Musee de la Marine in Paris war, wusste ich, dass die Verzierungen wohl eher mit Gelbgold überzogen waren, da die dort noch vorhandenen, ausgestellten Schnitzereien eindeutig mit einem hellen Gelbgold überzogen waren. - Das Rotgold sieht nicht nur nicht so gut aus, es ist sachlich wohl auch falsch. Also: Runter damit!

Das stellte sich aber als schwieriger heraus, als ich gehofft hatte. - Selbst meine neue "Wunderwaffe" DOT 4 Bremsflüssigkeit hatte offensichtlich ein Problem. - Ich vermute, es lag daran, dass es sich einerseits um zwei verschiedene Blaue Farben handelte (Enamel und Ölfarbe) und ausserdem das "Gold" mit dem erheblichen Metallanteil die darunterliegende Farbe "versiegelte". - Das gab meinerseits erstmal ein langes Gesicht. Auch nachträgliche "Angriffe" mit Bref verfehlten ihre Wirkung!

Nun hatte ich ein ernstes Problem, denn den Heckspiegel wollte ich unbedingt wieder sauber bekommen.

Meine nächste Idee war dann auch entsprechend radikal. Nachdem es sich bei dem Blau um Künsterölfarbe handelte, dachte ich mir, dass es möglich sein müsste, die Farbe mit Terpentin anzulösen. Schliesslich nimmt man das ja auch als Malmittel her. Ein wenig Bedenken hatte ich schon, ob der Kunststoff damit nicht aufgelöst würde... Aber nachdem ja damals beim bemalen nichts passiert war, musste es eigentlich OK sein.

Also ging ich, zum wiederholten Male, mit der guten Zahnbürste und Terpentin daran, die Seitentasche und den Heckspiegel mit Terpentin abzubeizen. Übrigens dasselbe, das ich zum anmischen meiner Ocker-Farben verwendet habe (Siehe letzter Baubericht).

Ich fing mit dem Heckspiegel an und schrubbte ordentlich drauf los!

Das ganze fühlte sich merkwürdig "seifig" an und plötzlich passierte mein GAU! - Der Spiegel brach mitten durch!

Ich warf den Spiegel schnell in einen vorher bereitgestellten Eimer mit Wasser um eventuelle chemische Reaktionen zu stoppen. - Jedoch stellte sich später heraus, dass der Bruch in Wirklichkeit auf meine vorherigen "Schrubbaktionen" und zu einseitigen Druck dabei, zurückzuführen war. Ich habe keinen Hinweis gefunden, dass das Terpentin den Kunststoff angegriffen hat!

Das Erfreuliche war, dass mit dem Terpentin auch diese schwierige Situation zu klären war. Hier die Bilder vom Spiegel, und der Seitengalerie, wie sie danach aussahen. Zuerst die beiden Seitentaschen. Eine davon war nie bemalt... Die andere könnt ihr weiter oben im Bericht in bemalten Zustand sehen.



Und hier der abgebeizte (und zerbrochene) Heckspiegel:



Wie man auf den Fotos sehe kann, habe ich auch ein wenig Pech mit den Gittern der Fenster gehabt. Aber zum Glück hat Heller mir freundlicherweise schon vor 20 Jahren ausreichend Ersatz im Baukasten beigelegt:



Für den, der es noch nicht verstanden hat: Es handelt sich um drei der vier nicht existierenden Türen zu den Seitentaschen, die Heller fälschlicherweise am Heckspiegel zusätzlich angebracht hat.

Mein Fazit:

in dem meisten Fällen kommt man vermutlich, vor allem bei frischer Farbe, mit Bref ganz gut zurecht. Bei härterer Sachlage kann man zu DOT xy greifen und bei Ölfarben sollte man immer zu Terpentin greifen.

Mit diesem Cocktail aus Chemie bekommt man so ziemlich alles klein!

Trotzdem muss ich sagen, dass ich die Aktion garnicht "lecker" fand und mich freue, dass ich nach der Soleil eigentlich nur noch Holzmodelle bauen will. Es wäre vermutlich wirklich einfacher gewesen, an Heller zu schreiben und um einen Ersatz der Teile zu bitten.

Abbeizen stinkt, schmiert und am Ende hat man noch die Malesche das Zeug zu entsorgen. Zwischendurch zittert man, ob die Chemikalien nicht doch den Kunststoff angreifen, wenn man sich nicht die Zeit genommen hat, das vorher zu testen. Und: vollkommen sauber bekommt man die Teile dann doch nicht. Man muss dann unter Umständen in den ganz hartnäckigen Ecken doch noch zu einer Nadel oder einem spitzen Messer greifen und die letzten Reste aus den Details kratzen.

Wie bereits erwähnt: Bei dem hohen Aufwand lohnt es sich eher, ein Neuteil beim Hersteller anzufordern.

Ich wollte eigentlich auch noch die bereits bemalten Rumpfhälften abbeizen, aber das erscheint mir derzeit vom Aufwand her als zu heftig. Das gäbe sonst eine Mord-Sauerei, auf die ich keine Lust habe. Also werde ich einen anderen Weg gehen. Das ist OK, weil ich sowieso etwas besonderes vorhatte.

Ciao, bis zum nächsten Mal!

HWE
 :mariinee:

MS

Hallo HWE,

wirklich aufwendig deine "Abbeizaktion".
Schade, dass dir das mit dem Spiegel passiert ist  ;( . Aber wie ich dich einschätze bekommst Du das wieder hin   :1: .
Mir ist aufgefallen, dass die Grundfarbe der Gussteile meines Modells völlig anderns ist. Die Regeln waren goldfarben, die Galerien und der Heckspiegel waren hellblau.

Was mich aber brennend interessiert ist die Frage: wie hast Du die Ornamente aus den Seitentaschen gesägt - sieht super aus  :klatsch: .  Werden die Ornamente später auf den Rumpf aufgeklebt? Auch die Aufarbeitung der inneren Balkonwand ist sicher aufwendig.
Ich hab mich da nicht rangewagt (leider war zu dieser Zeit noch niemand hier im Board der's mir vorgemacht hat)  :D .
Auf jeden Fall - sehr interessanter Baubericht  :P .


Gruß

Martin  :winken:

hwe

Hallo Martin!

ZitatOriginal von MS
Hallo HWE,
wirklich aufwendig deine "Abbeizaktion".
Nachdem ich das selbst noch nie machen musste (Glückspilz!) dachte ich mir, nutze ich die Gelegenheit und bringe einen kleinen Baubericht im Baubericht, wie bei der Farbherstellung. :)
ZitatSchade, dass dir das mit dem Spiegel passiert ist  ;( . Aber wie ich dich einschätze bekommst Du das wieder hin   :1: .
Vielen Dank für dein Vertrauen. Ich hoffe, ich werde es nicht enttäuschen. ;) Aber ich gebe zu, dass es mich schon massiv geärgert hat. :5:  :12:
ZitatMir ist aufgefallen, dass die Grundfarbe der Gussteile meines Modells völlig anders ist. Die Regeln waren goldfarben, die Galerien und der Heckspiegel waren hellblau.
Hmmm. Interessant. Die nehmen anscheinend, was gerade als Giessmasse billig zu haben ist...
Naja. Die Hauptsache ist, man bekommt überhaupt einen Bausatz. Obwohl... - Aber dazu komme ich noch demnächst im Baubericht. ;)
ZitatWas mich aber brennend interessiert ist die Frage: wie hast Du die Ornamente aus den Seitentaschen gesägt - sieht super aus  :klatsch: .  Werden die Ornamente später auf den Rumpf aufgeklebt? Auch die Aufarbeitung der inneren Balkonwand ist sicher aufwendig.
Das war eigentlich relativ leicht. - Ich habe einen ganz dünnen Bohrer genommen und mit einer Minibohrmaschine ein Loch jeweils in eine der Ecken (nur in eine!) der jeweiligen Felder gebohrt. Das Loch musste im Durchmesser dick genug sein, damit ich ein dünnes (Das dünnste, was ich bekommen konnte, 000 oder so) Laubsägeblatt hindurchpasst. Dann habe ich dieses Laubsägeblatt hindurchgefädelt und in meinen Laubsägebogen eingespannt und mit der Laubsäge vorsichtig das jeweilige Feld ausgesägt. Hinterher die Sägekanten noch ein wenig mit einem scharfen Bastelmesser entgratet. - Das war's für's Erste. - Die ausgesägten Flächen passen leider schlecht auf die Bordwände. Und einfach aufkleben geht auch schlecht, da die noch vorhandene restliche Fläche um die Schnitzereien zu dick ist. Die muss man also irgendwie auch noch loswerden. - Dazu habe ich auch schon eine Idee, aber dazu mehr, wenn es so weit ist. :)

Die Balkone von innen zu bearbeiten... da gibt es zwei Optionen. - Die eine lautet: Das sieht sowie kein Mensch! Die andere lautet: einfach zuspachteln. - Schwieriger werden die fehlenden Böden/Decken in den Balkonen zu rekonstruieren. Aber das geht auch. - Wenn man sich so überlegt, was mich noch alles erwartet...
ZitatIch hab mich da nicht rangewagt (leider war zu dieser Zeit noch niemand hier im Board der's mir vorgemacht hat)  :D .
Auf jeden Fall - sehr interessanter Baubericht  :P .

Gruß

Martin  :winken:
Freut mich, wenn es dir gefällt! - Ich kann dir übrigens nur dringend (!) den Tipp geben (und auch jedem anderen, der die Soleil Royal baut), das Buch "Souvenirs de la marine" von Edmond Paris zu besorgen (Und zwar den Band über die Schiffe des 17. Jhdt.). Das gibt es auch in deutscher Übersetzung vom Hinstorff und vom Delius Klasing Verlag.

Dieses Buch ist mir selbst auch erst kürzlich in die Hände gefallen (hätte ich schon viel früher haben müssen!), denn dieses Buch stellt quasi die Grundlage für das Modell von Heller dar!

Das Buch ist aus verständlichen Gründen sehr umstritten. - Edmond Paris hat seinerzeit so ziemlich alles veröffentlicht, was ihm in die Hände fiel. - Und dann auch noch in relativ schlecht koordinierter Weise, so daß man jetzt das Buch wie eine Art "Detektivspiel für Modellbauer" betrachten muß.

Es stehen viele wichtige Details übder die französichen Kriegsschiffe dieser Zeit darin. Jedoch muss man sehr sorgfältig schauen, ob das jetzt wieder auf das Modell zutrifft, oder erst 10 Jahre später gültig ist, oder vielleicht 20 Jahre früher, oder ob es ein viel kleineres Schiff betrifft... - Das ist leider alles nicht ganz eindeutig in dem Buch, aber mit viel Sorgfalt, etwas Phantasie und handwerklichem Geschick, kann man den Bausatz von Heller *MASSIV* historisch aufwerten! - Da steht zum Beispiel auch drin, wie die Schiffe korrekterweise bemalt waren! Und viele andere Details mehr. - Ich bin selbst schon ganz neugierig, was mich alles erwarten wird. Aber eines ist sicher, bei meiner Soleil Royal wird kaum ein Stein auf dem anderen bleiben. Das zeichnet sich für mich jetzt schon ab...  :pffft:  :rolleyes:  :12:

Aber andererseits: Hey, das macht doch den meisten Spass am Modellbau, oder etwa nicht? - "Straight out of the Box" bauen ist etwas für Anfänger! ;) - Obwohl man da auch schon sehr schöne Sachen mit machen kann.

Ciao,

Herbert

 :mariinee:

hwe

Hallo Freunde der Soleil Royal!

Ich habe meinen Bausatz weiter abgelaugt. Das hat mich gut 3 Stunden "schrubben" mit der phantastischen Zahnbürste aus dem ersten Abbeizbericht gekostet.  :rolleyes:

Als Abbeizer habe ich diesmal einen wasserlöslichen Abbeizer von Molto aus dem Baumarkt genommen. Das Pulver, mit einem Liter Wasser verdünnt, in einen Eimer und dann den Rumpf immer wieder mit der Suppe einpinseln, ein bisschen ziehen lassen und dann mit der Bürste schrubben. - Irgendwann ist dann schrubben und bürsten eins geworden...  trinken Sch...weine-Arbeit, sag' ich euch! - Da sieht man erst, wie gut eine gute Grundierung hält!

Ansonsten habe ich mich weiter den Recherchen zur Soleil "hingegeben".

Den "Haupttreffer" habe ich wohl mit der nachfolgenden zeitgenössischen Zeichnung des Hecks gezogen. (Vielen Dank an dieser Stelle an Holger!)  :meister:  :kuss:

Ich vermute (und hoffe), dass es sich dabei um eine Art gezeichneten "Prospekt" für den Entscheider für den Bau des Schiffes handelte und das das Schiff letztenendes so gebaut wurde, wie im Musee de la Marine gezeigt. :aerger:

Hier die Zeichnung:



Jetzt vergleicht das bitte mal mit dem Heck des Modells aus dem Musee de la Marine und dem Bausatz von Heller...  8o  ?(  X(

Kleiner Hinweis am Rande: Die Farbgebung auf der Zeichnung ist ein Vorschlag und die rot gefärbten Teile sind nur eine "Vorarbeit", um dieselben Teile dann blau einzufärben. Damals musste man manchmal Farben in zwei Komponenten auftragen. Es ist mehr als eine Art "Studie" zu sehen.

Zum Modell im Musee de la Marine ist zu sagen, dass es nach 1850 entstanden ist, im Auftrag von Edmond de Paris, der mit den ganzen Unterlagen der französischen Marine etwas "hemdsärmelig" umgegangen ist. Seine Rekonstruktionen dürfen also durchaus angezweifelt werden.

Na, was halten die bisherigen Kollegen Soleil-Royal-Bauer davon?  :winken:

Ich schließe für mich daraus, dass mir einiges an Arbeit ins Haus steht. - Wer findet alle "Fehler" ?  X(
Kleiner Tipp: Zählt mal die Fenster. - Alles was ein Fensterkreuz hat, ist auch eines. - Die anderen Teile (Seitengalerien) sind offen. - Aber jetzt zählt mal die Fenster beim Bausatz nach... ;)

Übrigens besteht noch die Hoffnung, dass diese Zeichnung tatsächlich nur eine Vorstudie darstellt und E. de Paris korrekt rekonstruiert hat, nach den Werftangaben, nach Fertigstellung des Schiffes. - Weiss da schon jemand mehr als ich?

Ciao,

HWE
 :mariinee:

hwe

Hallo?  :winken:

Seid ihr alle ins Koma verfallen? - Keine einzige Reaktion auf mein letztes Posting?  ;(
Soll ich überhaupt noch weiter machen mit dem Baubericht?  :santa:  :laaaang:

Ciao,

HWE
 :mariinee:

MS

Hallo
und 'tschuldigung, dass ich so lang nichts von mir hören ließ :10: . War beruflich stark eingebunden (die WM macht mich wahnsinnig  :5: ) und hatte infolgedessen nur sehr wenig Zeit mich mit dem Modellbau zu beschäftigen.
Deinen Baubericht finde ich einfach klasse  :P . Bitte lass dich nicht dazu verleiten ihn einzustellen nur weil z.Zt. wenig Antworten kommen. Mir hilft er sehr bei der Realisierung meines Modells und unterhaltsam und informativ ist er obendrein  :klatsch: .

Zum Thema Heckspiegel: - wo hast Du nur dieses Bild her? - Klasse! Die Übereinstimmungen zum Modell sind zwar unverkennbar, dennoch frage ich mich, ob die Zeichnung wirklich die Soleil zeigt  ?( .
Die Seitengallerien sehen ja fast geschlossen aus und die Fensterreihe zeigt 6 statt 5 Fenster. Auch das Namensschild lautet wohl nicht "Le Soleil Royal" (ist das auf dem Original besser zu erkennen?).

Ein kompletter Umbau des Hecks wäre für mich eh nicht in Frage gekommen. Im allgemeinen hab ich im Moment den Takelfrust und in Verbindung mit dem etwas schwierigen Zeitmanagement in letzter Zeit, komme ich nur noch selten zum bauen. Ich hoffe, dass sich das in absehbarer Zeit ändert.

Gruß

Martin  :winken:

AnobiumPunctatum

Hallo Herbert,

ich habe gerade erst gesehen, dass Du während meines Urlaubs ein Update zu Deinem Baubericht geschrieben hast.

Die Zeichnung ist prima, nur bestätigt sie meine Entscheidung, an meiner Soleil erst einmal nicht weiterzubauen. Ich habe soviele Unstimmigkeiten entdeckt, dass ich noch keine Ahnung habe wie ich alle korrigieren soll. Hast Du mal einen Blick auf den Bug geworfen? Da stimmt fast noch weniger wie beim Heck.

Unterstehe Dich, Deinen Baubericht einzustellen  :aerger: Ich bin schon auf Deine Lösungsansätze gespannt und hoffe darauf, später beim Weiterbau meiner Soleil, davon provitieren zu können  ;)
:winken:  Christian

in der Werft: HMS Triton 1773, Maßstab 1/48

"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

HWB

Hi Christian,

nicht verwechseln!

Holger = ich = hwb

Dieser Beitrag ist von hwe!  X(
Klingt zwar ziemlich ähnlich,  sind aber wirklich zwei verschiedene Typen! Ich schwöre es ;)

 :winken:


Nachtrag: Hey Herbert nicht aufhören, ich schick dir auch bestimmt wieder Material zum Grübeln.

@Martin; es steht wirklich Soleil Royal auf dem Namensschild. Die Zeichnung und der Modellspiegel sehen sich auch sehr ähnlich, unterscheiden sich aber in einigen Details. Keine Ahnung was nun stimmiger ist. Die Zeichnung stammt aus dem Buch von Jobé.
Sorry, wenn ich jetzt anstelle von hwe antworte. Ich hatte ihm das Bild gemailt, deshalb kenne ich es ganz gut.

Nochmals Tschö
 :winken:
Holger

Im Bau: holländische Fregatte "Wapen van Edam" von 1644

In Planung:
HMS Royal Katherine 1664 Eendracht 1654

hwe

Hallo Jungs!

Danke für euer Feedback! :) Dann mache ich das ja doch nicht ganz umsonst! - Vielen Dank für den Motivationsschub, den ihr mir damit wieder gegeben habt!

Jetzt noch kurz zu euren Postings:

@Martin:

ZitatOriginal von MS
Hallo
und 'tschuldigung, dass ich so lang nichts von mir hören ließ :10: . War beruflich stark eingebunden (die WM macht mich wahnsinnig  :5: ) und hatte infolgedessen nur sehr wenig Zeit mich mit dem Modellbau zu beschäftigen.
Okay. - Du bist entschuldigt! ;)
ZitatDeinen Baubericht finde ich einfach klasse  :P . Bitte lass dich nicht dazu verleiten ihn einzustellen nur weil z.Zt. wenig Antworten kommen. Mir hilft er sehr bei der Realisierung meines Modells und unterhaltsam und informativ ist er obendrein  :klatsch: .
Danke! - Das war ein prima Feedback! Dann weiss ich, dass ich es eben nicht nur für die leere Luft tue. :)
ZitatZum Thema Heckspiegel: - wo hast Du nur dieses Bild her? - Klasse! Die Übereinstimmungen zum Modell sind zwar unverkennbar, dennoch frage ich mich, ob die Zeichnung wirklich die Soleil zeigt  ?( .
Die Seitengallerien sehen ja fast geschlossen aus und die Fensterreihe zeigt 6 statt 5 Fenster. Auch das Namensschild lautet wohl nicht "Le Soleil Royal" (ist das auf dem Original besser zu erkennen?).
Das hat Holger ja im Prinzip schon für mich beantwortet.
Holger   == hwb
Herbert == hwe == ich :)

Bei Holger ist das W vom zweiten Vornamen, bei mir ist es der Anfangbuchstabe des Nachnamen. :)
Holger und ich haben uns erst vor einigen Wochen in München getroffen und ich kann bestätigen, dass wir zwei Personen sind. Holger hat eine große Sammlung von Bildern und Gemälden aus dieser Zeit, kennt sich wirklich gut aus und ist - so ganz nebenbei - auch noch ein exzellenter Modellbauer.
Ich bin einfach nur jemand, der vor ca. 20 Jahren zwei Modellbauwettbewerbe gewonnen hat, dann ungefähr 20 Jahre Pause gemacht (Der Job hatte einfach Vorrang) und jetzt wieder angefangen hat. Dabei sorgt mein Job (ITler) dafür, dass sich meinen Hang zur Perfektion eher noch verstärkt hat. Deswegen bohre ich jetzt immer weiter nach, um der "wahren" Soleil Royal von 1669 möglichst nahe zu kommen.

Auf dem kleinen "Schild" steht tatsächlich wörtlich "Le Soleil Royal". - Das Bild zeigt also einen der ersten Entwürfe zur Soleil Royal. Das Problem an der Sache ist (ist von Schiffen der britischen Marine bekannt), dass das fertig gebaute Schiff oft anders aussah, als der Entwurf. - Ich habe leider noch nicht in Erfahrung bringen können, wie streng sich die Franzosen an die Entwürfe gehalten haben, aber die ersten Hinweise deuten stark an, dass auch in Frankreich die Schiffe anders gebaut wurden, als sie konstruiert wurden. - Man wollte so seine Berufsgeheimnisse schützen. - Leider erschwert es ernsthaften Historikern das Leben beträchtlich. - Warten wir es ab, was ich noch alles ausgrabe und wie es zusammenpasst... - Ich bin selbst schon sehr gespannt, nur leider habe ich halt auch nicht beliebig viel Zeit zur Verfügung. :(

ZitatEin kompletter Umbau des Hecks wäre für mich eh nicht in Frage gekommen. Im allgemeinen hab ich im Moment den Takelfrust und in Verbindung mit dem etwas schwierigen Zeitmanagement in letzter Zeit, komme ich nur noch selten zum bauen. Ich hoffe, dass sich das in absehbarer Zeit ändert.

Gruß

Martin  :winken:

Tja, Martin. - Ich kann Dich extrem gut verstehen. - Du bist mit deinem Exemplar auch fast fertig. Da würde ich das Heck vermutlich auch nicht nochmal umbauen. - Aber ich würde vielleicht überlegen, ob ich mich mal irgendwann hinstelle und sage: "Okay, das erste Modell war meine Version der Rekonstruktion von 1850 und jetzt baue ich nochmal eine bessere Rekonstruktion..." - Aber - das muss man nicht... :)

@br06
ZitatOriginal von br06
Hallo Herbert,

ich habe gerade erst gesehen, dass Du während meines Urlaubs ein Update zu Deinem Baubericht geschrieben hast.
Das erklärt deine Funkstille. Da ergänzen wir uns... - Ich fahre übermorgen für eine Weile weg...
Also bitte ich um Geduld. - Ausserdem denke ich, wird eine Pause während der Fußball WM nicht unbedingt stören, oder? ;)
ZitatDie Zeichnung ist prima, nur bestätigt sie meine Entscheidung, an meiner Soleil erst einmal nicht weiterzubauen. Ich habe soviele Unstimmigkeiten entdeckt, dass ich noch keine Ahnung habe wie ich alle korrigieren soll. Hast Du mal einen Blick auf den Bug geworfen? Da stimmt fast noch weniger wie beim Heck.
Mir geht es wie dir. - Ich habe im Paris schon so etliche Unstimmigkeiten gefunden und jetzt habe ich von Holger, die Zeichnung vom Heck und zwei Artikel über französische Dreidecker aus der Zeit erhalten. Vor
allem die Artikel sind eine Fundgrube an Details, dass einem die Ohren schlackern...
Ich muss aber zugeben dass ich mich bisher noch nichtmal bis zum Bug vorgearbeitet habe...
ZitatUnterstehe Dich, Deinen Baubericht einzustellen gibt gleich Ärger Ich bin schon auf Deine Lösungsansätze gespannt und hoffe darauf, später beim Weiterbau meiner Soleil, davon provitieren zu können
Ich habe mir zu einigen der Probleme schon meine Gedanken gemacht. Leicht wird es sicher nicht. Dazu sind die Differenzen einfach zu groß. Ich bin selbst sehr neugierig, was man aus dem Heller Bausatz noch retten kann.

Dann bis bald, und nochmal vielen Dank für eure Unterstützung!

Ciao,

HWE
 :mariinee:

PS: @hwb: Immer her mit dem Grübel-Stoff! - Je mehr ich davon habe, um so klarer wird das Bild, auch wenn es auf den ersten Blick schlimmer zu werden scheint.

hwe

Liebe Soleil Royal - Fans,

ihr habt euch vermutlich schon gefragt, was ich so lange treibe. - Die nächsten
Texte in dieser Rubrik von mir, werden euch klar machen, was los ist...

Andererseits war ich zwischendurch auch noch 2 Wochen im Urlaub. :D

So, jetzt geht's los. - Leider erstmal komplett ohne Bilder und nur mit viel Text.
Viel Spaß beim lesen (PS: Ich habe versucht, es einigermassen zu strukturieren...)

Ich habe in der Zwischenzeit zwei Artikel aus dem "Logbuch" (der Quartals-
Zeitschrift des Arbeitskreis historischer Schiffbau e.V.) von 1996 aufgetrieben.
Diese Artikel stammen von Johann Gröbner, der sich darin wirklich sehr um eine
Korrektur der Angaben über die französischen Dreidecker um 1669 bemüht hat.

Dabei hat er viele Quellen aufgetrieben, an die ich vermutlich so leicht nicht
herankommen werde. Gleichzeitig hat er allen interessierten Modellbauern damit
auch viel Arbeit abgenommen. - Nämlich die, all das selbst recherchieren zu
müssen. - Denn eine gründliche Recherche ist im Falle der Soleil Royal
notwendig.

Ich werde am Ende des Berichtes die Quellen aufzählen, damit ihr euch jetzt
nicht langweilt.

Im frühen 18. Jahrhundert (also um ca. 1720) gab es eine Bewegung, die man heute
"Historizismus" nennt. Damals wurden Informationen künstlich "überhöht" und
Sachen für richtig erklärt, die es eigentlich nicht waren. Darauf basierten
dann wiederum die Annahmen, die zu den Modellen führten, die um 1850 von Edmond
Paris gebaut wurden. - Herrn Paris ist also kaum ein Vorwurf zu machen, er wurde
in die Irre geleitet. - Heute weiss man es besser und versucht, mit einigem
Erfolg, die wahren Schiffe von 1669 wieder zu rekonstruieren.

Der Bausatz von Heller basiert wiederum (mit weiteren Fehlern ausgestattet) auf
der Rekonstruktion von Paris. Die Rekonstruktion von Paris basiert wiederum auf
einer historizierend veränderten Rekonstruktion eines 1692 erbauten Dreideckers.
Damit ist die Basis des Modells aus dem Jahr, in dem die eigentlich gemeinte
Soleil Royal versenkt wurde. Also gut 23 Jahre zu jung.

Was bleibt?

Alles, was jetzt bleibt, ist ein verzweifelter Versuch, aus dem so falsch
rekonstruierten Bausatz eine Art "Rückführung" zu machen und der echten
"Le Soleil Royal" so nahe wie möglich zu kommen. - Vollständig wird es mir
sicher nicht gelingen, denn es gibt leider keine glaubwürdige Darstellung des
Schiffes zu seiner Zeit.

Die Soleil Royal ist eines von drei Schwesterschiffen gewesen, die alle dem
französischen Sonnenkönig, Louis XIV. gewidmet waren. - Diese trugen die Namen:
- Royal Louis
- Louis XIV.
- Le Soleil Royal

Die Zeit an sich ist ebenfalls sehr spannend, denn in dieser Zeit wurde in
Frankreich erstmals eine Order erlassen, nach der große Kriegsschiffe (wie die
Soleil Royal) in der Reihe zu kämpfen hatten (Ships of the Line) und sich nicht
in Einzelgefechten verzetteln sollten. - Dies sei den Kritikern mitgegeben, die
sagen, die Soleil Royal wäre nie einem kleineren Schiff hinterher geeilt. - Zu
dieser Zeit haben die Kapitäne das sehr wohl noch getan! - Sonst wäre diese
Order (Die große Ordonnance von 1689/90) nicht erlassen worden.

Kleiner Hinweis am Rande:
Wenn ich von hier an von der "Le Soleil Royal" schreibe, dann meine ich
ausschliesslich das Schiff von 1669. Andere Versionen werden explizit durch
Angabe des Baujahres (z.B. 1692) erwähnt.

Die Bewaffnung
-------------------------


Wir befinden uns also 1669. Zu dieser Zeit wurde die Schiffsartillerie optimal
verteilt. Die Kanonen waren aus Bronze und damit in der Feuerkraft den späteren
Eisen-Kanonen überlegen (!). Eisen-Kanonen wurden nur deswegen eingeführt, weil
sie billiger waren.

Die Kampfformation "In Reihe" war quasi noch nicht erfunden, also versuchte man,
das Schiff "rundum" mit möglichst hoher Feuerkraft auszustatten.

Das führte zu folgender Ausrüstung mit Kanonen (am Beispiel der Royal Louis von
1668 ) :
1. Batterie (Unterdeck):
   12 36-Pfünder
    8 24-Pfünder
   12 18-Pfünder
  zusammen 32 Kanonen
2. Batterie (Mitteldeck):
   10 24-Pfünder
   18 18-Pfünder
  zusammen 28 Kanonen
3. Batterie (Oberdeck):
   26 12-Pfünder

dazu kamen:

6 kleinere Geschütze auf dem Hüttendeck
4 18-Pfünder im Heck

Sowie im Frontschott der Back:
- auf dem obersten Deck: 6 8-Pfünder
- auf dem zweiten  Deck: 4 12-Pfünder
- auf dem untersten Deck: 2 18-Pfünder, die wahlweise nach vorn oder zu den
  Seiten ausgerichtet werden konnten. (Sind bei den Kanonen der 3. Batterie
  bereits eingerechnet)

Nach Hayet (siehe Quellen) kam das Schiff damit in Summe auf 116 Geschütze, mit
einem Breitseitengewicht von 429 Kg.

Es gibt zwei Stiche von 1677 in der Bibliotheque Nationale, auf denen das
Schwesterschiff der Soleil Royal, die Royal Louis dargestellt ist.

Erfreulicherweise stimmen sogar die Abmessungen auf dem Bild mit den gefundenen
Daten zum Schiff überein.

Außerdem sind die Stiche von Sire Pierre Arnoul als "schiffsikonografisch
zuverlässig" zur Kenntnisnahme unterzeichnet worden (!), so dass
man davon ausgehen darf, dass diese Stiche sehr hochwertig sind. Leider wurden
sie bis dahin von der Fachwelt als "naiv und künstlich überhöht" eingestuft.

Ich persönlich sehe das vollkommen anders. Was ihr meint, bleibt
euch überlassen. ;)

Nachdem die Soleil Royal ja das Schwesterschiff war, darf man viele Details
(wie die Bewaffnung) sicher übernehmen. Der Hauptteil der Rekonstruktion
stützt sich also zwangsläufig an den Unterlagen und den Stichen über die
Royal Louis ab.

Die Konzeption der Batteriedecks
---------------------------------------------------

Zum Zeitpunkt des Baus der Soleil Royal galt die Bau-Order des Pater Georges
Fournier, die Biegung der Decksbalken (Fachbegriff: "Aufbugt") mit Hilfe von
Kreisbögen zu entwickeln.

Alleine hier stellt der Erwerber des Heller-Bausatzes begeistert fest: "Die
Decks sind bei mir aber flach!" - Dumm gelaufen. Will man wirklich das Schiff
von 1669 bauen, müssen die Decks, wegen der Aufbugt, überarbeitet werden.

Laut dem Artikel von Johann Gröbner ist die Wölbung bei jedem Deck
unterschiedlich. Die untersten Decks sind am stärksten gewölbt, die obersten am
schwächsten. - Interessanterweise ist das bei der Rekonstruktion von 1692 genau
anders herum! (E. Paris)

Die Differenz in der Höhe (im Verhältnis zum Bausatz) beträgt beim untersten
Deck, auf der Kiellinie, 1 Meter (oder auf den Bausatz umgerechnet: 1 cm).

Das Deck darüber: 0,70 m - Das darüber: 0,56 m - Das darüber 0,45 m.

Dabei wurde die Aufbugt danach berechnet, wie der "Rücklauf" des leichtesten
Geschützes auf dem Deck war. Auf dem untersten Deck gab es ja drei verschieden
schwere Geschütze. Die schwersten Geschütze wurden dabei in der Schiffsmitte
aufgestellt und zum Bug und zum Heck und von unten nach oben (Decks) hin wurden
sie immer leichter.

Der wegen der extremen Aufbugt fast vollständig verminderte Rücklauf der
schweren 36- und 24-Pfünder, verlieh diesen Bronzerohren die Wirkung von
Carronaden des beginnenden 19. Jahrhunderts! Jedoch mit dem Unterschied, daß
die Geschütze wegen des Deckgefälles nicht an die Unterkante der Obertrempel
sprangen, wie dies bei Carronaden geschah. - Die Lafettensohle musste jedoch der
Deckskrümmung angepaßt sein. Die vorderen Räder waren deswegen viel größer als
die hinteren und bei den ganz großen Geschützen fehlten die hinteren Räder zum
Teil ganz. Außerdem braucht die Brooktaue der schweren Stücke und deren
Verankerung im Holz nicht so stark dimensioniert werden, dank der Abfangwirkung
der Decks.

Der Kraftaufwand, solche Geschütze wieder auszurennen, war allerdings enorm.
Deswegen geht Herr Gröbner auch davon aus, dass Leisten auf die Decks genagelt
wurden, die den Mannschaften diese Arbeit etwas erleichterten (Trittsicherheit).


Das Heck und mal wieder die Farbgebung
----------------------------------------------------------------


Eine weitere Besonderheit, die mich (und vermutlich auch die anderen Eigentümer
des Heller-Bausatz) fast nach hinten umkippen liess, ist folgende:

Die beiden letzten (achterlichsten) Kanonen des untersten Batteriedecks, standen
nicht auf demselben Deck wie die anderen Geschütze, sondern auf einem
"tiefergelegten" Abschnitt. Dieses Decksteil liegt so tief, dass es fast eine
komplette Decks-Ebene tiefer liegt! Damit niemand dort hinunter stürzt, wurde
dieser Bereich vom restlichen Deck sogar abgeschottet.

Die vier achterlichen Kanonen (die zum Heck hinausragten) erhielten eine eigene
Aufbugt, die sich von den restlichen Decks unterschied. Und auf dieser
flachen Aufbugt, stützt sich dann auch wieder der Aufbau des Hecks ab, der
nach barocker Vorstellung eine einmal angefangene Linienführung nicht wieder
variierte. In den Heckkabinen waren die Decks also relativ flach, während
"draussen" die Aufbugt relativ stark war.

All dies deckt sich bis dahin auch mit der Zeichnung des Hecks, die ich beim
letzten Mal schon aufgetrieben habe. Demnach hat die "echte" Soleil Royal von
1669 vermutlich tatsächlich dieses Heck besessen.

Weiterhin waren die Schiffe im achteren Bereich tatsächlich schwimmende
"Barockpaläste". Der Sonnenkönig liess sich nicht lumpen und stattete die ihm
namentlich zuzuordnenden Schiffe extrem luxuriös aus.

Wie bei hochbarocken Kirchen-Altarsäulen, waren die geschoßübergreifenden
Skulpturen aus hohlen Schichtungen, laut Hayet aus Tannenholz und die Maserungs-
richtung wurde berücksichtigt.

Spezialisten hinterlegten die farbigen Einfassungen mit Blattgold (!) um so die
Farben besser zum leuchten zu bringen.

Laut der "Description" von Hayet war der Rumpf generell "weiss" gemalt. Die
geschnitzten Ornamente und Attribute waren ab der zweiten Batterie auf Kreide-
grund reich vergoldet. Bis in diese Höhe (!) war der Rumpf mit Bleiweiss grundiert.
Zwischen den Fensterreihen am Heck war dieses mit Azurblau (Hurra, endlich ein
Beleg!!!) bemalt.

Van Beecq hat 1680 ein Ölgemälde des Flaggschiffes von A. Duquesne bei der
"Canonade de Chio" gemalt (Inventur Nr. 10A10, Musee de la Marine). Der
"richtige" Blauton ist derjenige, den die niedrigrangigen Schiffe im Hintergrund
haben. - Dieses Bild muss ich mir wohl erst noch organisieren...

Damit es nicht zu lang wird, breche ich hier erstmal ab.
Ich habe bis jetzt etwa die erste Hälfte des ersten der beiden Artikel von
Herrn Gröbner abgearbeitet. Ich habe aber auch schon ein wenig weiter
gelesen und darf euch schon wieder andeuten: Es bleibt heiter! Es gibt noch
einige weitere Überraschungen, was die Soleil Royal von 1669 angeht.

Bleibt dran!

Bis zum nächsten Mal!

Ciao,

HWE

HWB

Hi Herbert,

du solltest unbedingt Skizzen in den Bericht einbauen. Nur Text wird zu unanschaulich und es fällt schwer zu folgen.
Und das wäre schade! Denn was du hier vorhast ist die totale Umkrempelung des Heller Bausatzes.  :respekt:  Das dürfte noch spannend werden.
Der Mensch ist halt ein Augentierchen und ein paar Bildchen geben die richtige Würze  :laaaang:

Die Infos in kleinen Dosen zu verabreichen ist eine gute Idee, sonst wird man erschlagen. ;)

Hast du inzwischen neben dem Artikel aus dem Arbeitskreis noch andere Quellen aufgetan?
Daß die achteren Geschütze tiefer stehen als der Rest der Batterie war damals fast normal. Bei niederländischen Schiffen kann man das auch oft sehen. Ich habe mich in den letzten Tagen intensiv mit van der Velde Zeichnungen beschäftigt, da springt einem dieses Detail irgendwann förmlich an  :9: .
Die Ursache ist der starke Deckssprung. Das Deck wird achtern so steil, daß die Heckpforten nicht mehr passen.



 :winken:
Holger

Im Bau: holländische Fregatte "Wapen van Edam" von 1644

In Planung:
HMS Royal Katherine 1664 Eendracht 1654

AnobiumPunctatum

Hallo Herbert,

mann mann, das ist heftige Kost, aber für meinen Geschmack genau das richtige :P
Ich habe noch keinen Plastesegler gesehen, der gewölbte Decks hatte. Bloß gut, dass meine Lieblingsschiffe sehr viel älter sind. Da ist die Quellenlage ungleich besser.

Ich bin schon gespannt wie es weiter geht.

Was Skizzen oder Bilder angeht, kann ich Holger nur zustimmen. Ich hoffe, Du bekommst es hin (Copyright usw.)
:winken:  Christian

in der Werft: HMS Triton 1773, Maßstab 1/48

"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

hwe

Hi Holger, hallo Christian,

ihr habt ja Recht, ich kann gut verstehen, dass der Text, so ganz ohne Bilder starker Tobak ist. :rolleyes:

Ich will versuchen, dass auch irgendwie zu verbessern. Ich werde die geeigneten Bilder demnächst hier an den Thread anhängen, so weit mir das möglich ist.  :)

Was den Bau an sich angeht, so stehe ich kurz davor zu sagen, daß es einfacher wäre, ein Holzmodell nach vernünftigen Recherchen komplett von Scratch zu bauen, als aus dem Heller-Bausatz das Original hinzufrickeln. Trotzdem will ich letzteres versuchen um zu zeigen was geht und ob es überhaupt geht.  :12:

Ob irgendwer so mutig ist, meinem Umbauweg zu folgen, werden wir dann später sehen. ;)

Wahrscheinlich ist es einfacher zu sagen: "Ich baue halt das Modell von Paris nach!" - Und fertig! Dann muß man nur die Galerien aufmachen und vielleicht noch einige Unterschiede zum Museumsmodell ausbügeln.  :pffft:

Wenn man gleich ehrlich ist und sagt: "Ich baue nicht das Schiff von 1669 nach, sondern das Modell aus dem
Museum", dann macht man sich und anderen wenigstens nichts vor und kann das Modell weitgehend "OoB" bauen. - Allerdings sollte man dann auch immer darauf hinweisen, dass das Orginal-Schiff etwas anders aussah und es sich bei dem Modell eher um eine Phantasie-Version handelt. (Zwar schön, aber Phantasie).  :santa:

Im nächsten Teil des Bauberichts werde ich euch mit den technischen Daten zunageln (der Teil ist auch schon fast fertig) und wohl dazu einige Bilder bringen.  :blabla:  :meld:

Bis dann!

Ciao,

HWE
 :mariinee:

galeotti

Hallo hwe, :santa:  dein Bericht zu deinen Recherschen, in Bezug auf die "Solail Royal" ist wirklich sehr interessant. Hast Dir richtig viel Arbeit gemacht :respekt: . Ich halte auch nicht viel davon den Herstellern, der Bausätze, einfach zu folgen, in der Annahme, die werden es schon besser wissen. Wie Du sicher weißt, baue ich hauptsächlich Galeeren und hatte mir einmal den Holzbausatz der "Capitana di Venetia" nach Plänen von Wolfram zu Mondfeld zugelegt. Nach umfangreichen Studium der Materie mußte ich feststellen daß es von diesem speziellen Schiff überhaupt keine zeitgenössischen Bilder gibt.
Dafür entdeckte ich auf Gemälden von verschiedenen Galeeren ,Details die hier zu einem einzigen Schiff zusammengeschustert wurden. So stammt die gesamte Heckverzierung von einer Galeere eines älteren Bautyps. Deshalb werde ich zukünftig meine Schiffe nach alte Gemälden selbst rekonstruieren.
Übrigens empfehle ich Dir keine Goldfarbe zu verwenden. Damit erhält man keine zufriedenstellenden Ergebnisse. Wenn man so ein prächtiges Modell, wie die Solail baut, kann eigentlich nur echtes Blattgold oder zumindest Schlagmetall in Frage kommen. Es lohnt sich wirklich.
viel Erfolg beim Bau, Steffen
Galeere "la real" Schebecken, z.Z. Galeasse

hwe

Hallo Galeotti!

ZitatOriginal von galeotti
Hallo hwe, :santa:  dein Bericht zu deinen Recherschen, in Bezug auf die "Solail Royal" ist wirklich sehr interessant. Hast Dir richtig viel Arbeit gemacht :respekt:
Danke! :) Und: Jaaa, das hat viel Mühe gemacht, es soll aber auch noch weiter gehen. Leider war ich in den letzten Wochen einerseits stark beruflich eingespannt und andererseits gehe ich demnächst erstmal zwei Wochen in Urlaub. - Im September werde ich den Baubericht aber wieder fortsetzen.
Den nächsten Beitrag habe ich sogar schon etwa zur Hälfte fertig.
ZitatIch halte auch nicht viel davon den Herstellern, der Bausätze, einfach zu folgen, in der Annahme, die werden es schon besser wissen.
Ich habe eine Menge Lehrgeld bezahlen müssen, bevor ich das kapiert habe, das dem so nicht ist. :(
ZitatWie Du sicher weißt, baue ich hauptsächlich Galeeren und hatte mir einmal den Holzbausatz der "Capitana di Venetia" nach Plänen von Wolfram zu Mondfeld zugelegt. Nach umfangreichen Studium der Materie mußte ich feststellen daß es von diesem speziellen Schiff überhaupt keine zeitgenössischen Bilder gibt.
Dafür entdeckte ich auf Gemälden von verschiedenen Galeeren ,Details die hier zu einem einzigen Schiff zusammengeschustert wurden.
Na, Klasse! - Hier im Board gab es in letzter Zeit ja bereits einige Beiträge zu dem Thema "obskure Schiffsmodellbausätze". - Das ist schon irgendwie mega-traurig. Da ist man in einem Gebiet unterwegs, wo man viel Wert auf Authentizität legt (das unterstelle ich jetzt einfach mal jedem Modellbauer) und dann wird man von dern Herstellern in so vielfältiger Weise an der Nase herum geführt.
ZitatSo stammt die gesamte Heckverzierung von einer Galeere eines älteren Bautyps. Deshalb werde ich zukünftig meine Schiffe nach alte Gemälden selbst rekonstruieren.
Das und die Rekonstruktion nach möglichst erhaltenen Originalen (Wracks) und anhand von erhaltenen Konstruktionszeichnungen und Schiffen ähnlicher Bauart.
So kann man sicher eine relativ authentische Nachbildung eines historischen Schiffes erzielen, wenn man sich zum Beispiel möglichst authentische Gemälde (oder Bilder davon ;) ) von dem Schiff besorgt, welches man bauen möchte. - Der Maler sollte zu der Zeit gelebt haben, technisch korrekt und möglichst detailliert das Schiff abgebildet haben und es sollte der eine oder andere Zeitgenosse bestätigt haben, dass das Schiff so ausgesehen hat. - Vorzugsweise Seeleute.
Und dann besorgt man sich Rißzeichnungen von ähnlichen Schiffen aus derselben Zeit und am besten aus derselben Werft/Region, wo das Schiff gebaut wurde. Pläne des Kontrukteurs, auch von Schwesternschiffen, sind Gold Wert. - Damit hat man dann eine einigermaßen brauchbare Grundlage für eine sinnvolle Rekonstruktion.
ZitatÜbrigens empfehle ich Dir keine Goldfarbe zu verwenden. Damit erhält man keine zufriedenstellenden Ergebnisse. Wenn man so ein prächtiges Modell, wie die Solail baut, kann eigentlich nur echtes Blattgold oder zumindest Schlagmetall in Frage kommen. Es lohnt sich wirklich.
viel Erfolg beim Bau, Steffen
Ich habe Schlagmetall (in Gold und in Kupfer) da, aber bisher noch nie verwendet. Mal sehen, ob es mir die Soleil auch wert ist. ;) Auf jeden Fall: Danke für den Tipp! :)

Ciao,

HWE
 :mariinee:

AnobiumPunctatum

ZitatDas und die Rekonstruktion nach möglichst erhaltenen Originalen (Wracks) und anhand von erhaltenen Konstruktionszeichnungen und Schiffen ähnlicher Bauart.

Hi Herbert,

hier sprichst Du einen der Hauptgründe an, weshalb mir der Zeitraum von etwa 850 bis zum Ende der Kogge so gut gefällt. Viele Schiffstypen sind durch Funde relativ gut bekannt. Man tut sich sehr viel leichter mit der Recherche.
:winken:  Christian

in der Werft: HMS Triton 1773, Maßstab 1/48

"Behandle jedes Bauteil, als ob es ein eigenes Modell ist; auf diese Weise wirst Du mehr Modelle an einem Tag als andere in ihrem Leben fertig stellen."

Marcus Stenberg

ZitatOriginal von hwe
Kommen wir nun zum verwendeten Gelb:

Hier wird also durchaus klar, daß Ockergelb für die gelben Streifen verwendet wurde. - Eine so billige und gängige Farbe... - Kein Thema. - Für mein Modell bedeutet das aber auch, dass ich mehrere Ockertöne für die gelben Streifen verwenden werde, um Effekte, wie Abnutzung oder Verschmutzungen darzustellen.

HWE

Ich bin mir ziemlich sicher, das die gelben, ockerfarbenen Streifen nicht korrekt sind, bzw. nicht richtig sein können.

Ich habe mir zahlreiche Gemälde aus der Zeit der Soleil Royal angeschaut, die im 17. Jahrhundert entstanden sind und Schlachtschiffe zeigen. Darunter auch eine Gemälde, das die Schlacht von Barfleur zeigt. Bei keinem Gemälde waren die ockerfarbenen Streifen zu sehen, die man von der HMS Victory kennt. Es gibt auch ein Gemälde von Monami Swain, das die HMS Victory auf See ohne die schwarz-gelbe Bemalung zeigt. Nach dem Gemälde könnte Ocker für die gesamte Bordwand verwendet worden sein. Im Buch HMS Victory von Noel C.E. Hackney gibt es im 1. Kapitel, das die Anfangsjahre des Schiffes und die Repararturen beschreibt, einen Hinweis darauf. Um 1800 hatte die Victory schon die schwarz-gelben Streifen, beschlossen wurde das von der Admiralität am 27. Mai 1770, also gut 100 Jahre nach der Soleil Royal.

Nach den Gemälden zu urteilen, waren die Bordwände der Schiffe im 17. Jahrhundert nicht lackiert, eher geölt. Die Barkhölzer dürften dunkler gehalten worden sein. Bei der Soleil Royal war die blaue Farbe die Dekoration, ganz oben wurde in der Vergangenheit, also vor der Soleil Royal immer gern mit Farbe und Verzierungen gearbeitet, das dürfte einen guten Grund gehabt haben, ich schätze je weiter weg vom Seewasser, desto besser für damalige Farben ...  :D

Ich werde meine Soleil wie folgt färben, der obere Teil der Bordwand blau, die Barkhölzer und alles was wegsteht von der Bordwand in dunklem braun, der Rest in mittelhellem verwaschenen holzbraun, so wie Holz auf See eben auschaut nach einiger Zeit Kontakt mit Meerwasser und dem rauen Wetter.

hwe

Hallo Marcus,

sorry für den großen Delay bei der Beantwortung deines Postings!

Nichtsdestotrotz hast du eine Antwort verdient.  :1:  Vor allem, da du dich ja auch intensiv mit der Soleil auseinandersetzt.

ZitatOriginal von Marcus Stenberg
ZitatOriginal von hwe
Kommen wir nun zum verwendeten Gelb:

Hier wird also durchaus klar, daß Ockergelb für die gelben Streifen verwendet wurde. - Eine so billige und gängige Farbe... - Kein Thema. - Für mein Modell bedeutet das aber auch, dass ich mehrere Ockertöne für die gelben Streifen verwenden werde, um Effekte, wie Abnutzung oder Verschmutzungen darzustellen.

HWE

Ich bin mir ziemlich sicher, das die gelben, ockerfarbenen Streifen nicht korrekt sind, bzw. nicht richtig sein können.

Ich habe mir zahlreiche Gemälde aus der Zeit der Soleil Royal angeschaut, die im 17. Jahrhundert entstanden sind und Schlachtschiffe zeigen. Darunter auch eine Gemälde, das die Schlacht von Barfleur zeigt. Bei keinem Gemälde waren die ockerfarbenen Streifen zu sehen, die man von der HMS Victory kennt.
Es hat nie jemand behauptet, dass die Soleil Royal jemals das "Biene Maja"-Design hatte, so wie man die Victory heute kennt. - Die Victory hat zum Zeitpunkt ihres Stapellaufs vollkommen anders ausgesehen. - Wie manche finden - hübscher.

Mit "gelben Streifen" meinte ich, als ich das schrieb, die Bereiche zwischen den Barkhölzern. - Nichts anderes.
ZitatEs gibt auch ein Gemälde von Monami Swain, das die HMS Victory auf See ohne die schwarz-gelbe Bemalung zeigt. Nach dem Gemälde könnte Ocker für die gesamte Bordwand verwendet worden sein.
Richtig! - Das ist genau der Punkt, den ich für die Soleil Royal geltend mache.
ZitatIm Buch HMS Victory von Noel C.E. Hackney gibt es im 1. Kapitel, das die Anfangsjahre des Schiffes und die Repararturen beschreibt, einen Hinweis darauf. Um 1800 hatte die Victory schon die schwarz-gelben Streifen, beschlossen wurde das von der Admiralität am 27. Mai 1770, also gut 100 Jahre nach der Soleil Royal.
Richtig. - Aber was hat das mit der Soleil Royal zu tun?
Nochmal: Die Soleil Royal hat niemals das "Biene Maja"-Design gehabt.

Du vergleichst dauernd Äpfel mit Birnen.  - Löse dich mal von der Victory! Über hundert Jahre, zwei Nationen, andere Ressourcen, andere "Geschmäcker" und die technische Weiterentwicklung trennen die Beiden.  - Also: Die Victory lassen wir bitte aus der Diskussion um die Farbgebung der Soleil Royal bitte heraus.
ZitatNach den Gemälden zu urteilen, waren die Bordwände der Schiffe im 17. Jahrhundert nicht lackiert, eher geölt. Die Barkhölzer dürften dunkler gehalten worden sein. Bei der Soleil Royal war die blaue Farbe die Dekoration, ganz oben wurde in der Vergangenheit, also vor der Soleil Royal immer gern mit Farbe und Verzierungen gearbeitet, das dürfte einen guten Grund gehabt haben, ich schätze je weiter weg vom Seewasser, desto besser für damalige Farben ...  :D
"Lackiert" ist eine grundsätzlich falsche Formulierung. Denn "Lack" wie wir ihn heute kennen (hochglänzend, in allen Farben, aber auch seidenmatt und matt) ist eine sehr moderne Erfindung. Als "Lack" gab es damals bestenfalls schwarzen oder roten Lack in Fernost (China/Japan).

Im 17. Jahrhundert wurden in Europa Sachen entweder mit Ölfarben (verschiedenste Pigmente, mit Leinöl angerührt) oder Erdfarben (Häuser, z.B. Kalk) angemalt, und Holz wurde auch noch Teer und Pech, Terpentinöl und Bleimenninge behandelt. - Viel mehr gab es damals noch nicht. Der korrekte Ausdruck ist also entweder "bemalen", oder man geht irgendwie auf "Holzschutz-Behandlung".

Der Teil, den Du als "geölt" bezeichnest, war tatsächlich entweder geölt (hält nicht lange gegen Meerwasser und Sonneneinstrahlung), oder - was im Norden Europas sehr üblich war - mit Harpüse (ein ekliges Gemisch aus Terpentin, Holzteer, Tierhaaren, Schwefel, und Baumharzen) eingestrichen. - Als dritte Variante bietet sich für Frankreich aber auch der Einsatz von gelbem Ocker als (Öl-)Farbe zum Streichen der Bordwände an. - Frankreich besass (im Gegensatz zu den skandinavischen Ländern) reiche Fundstätten für gelben und roten Ocker. Das war damals die billigste Farbe, die es gab.

Und nachdem die Farbkarte, die ich mir aus Frankreich für den Bau historischer französischer Segelschiffe aus dem Musee de la Marine in Paris mitgebracht habe, gelben Ocker vorschlägt, gehe ich derzeit davon aus, dass die Franzosen diesen Teil der Bordwand vielleicht wirklich mit gelbem Ocker angestrichen haben.
Aber ich gebe zu, dass ich noch nicht endgültig überzeugt bin, dass es nicht doch etwas Harpüse-ähnliches war. - Bei hohem Schwefel-Anteil übrigens auch eher gelb aussehend...

Was die Gemälde angeht, so haben wir da das Problem, dass damals die Farben (für die Kunstmaler) grundsätzlich nicht so klar und rein vorlagen, wie wir das heute kennen. - Sie waren grundsätzlich immer etwas "schmutzig" mit einem leichten Farbstich (ob nun braun, grün, rot,... egal. "Reine" Farben gab es so gut wie nicht). Ausserdem werden Ölbilder normalerweise (zumindest damals) "gefirnisst", als Abschlussbehandlung. - Auch das Firnissen verändert die Farben und den Gesamteindruck noch einmal.

Deswegen gehe ich davon aus, dass das, was wir auf den Bildern sehen, im Original viel heller und auch weniger "braun" war (Gealterte Firnis sorgt für einen leichten Gelb- bis Braunstich). - Deswegen kann es durchaus sein, dass die Rümpfe "heller" und damit auch "gelber" waren, was wiederum für den gelben Ocker spricht.

Was deine Vermutung angeht: "Je weiter weg vom Wasser, um so besser für die Farben", da hast Du ganz sicher Recht! - Es gibt kaum etwas aggressiveres als Hitze, Meerwasser und Sonnenlicht.

Vor allem Sonnenlicht bleicht Holz (jeder Art!) so aus, dass es, wenn es nicht geschützt ist, grau, fast "silber" wird. - Dies trifft jedoch nur die obersten Holzschichten, so dass zum Beispiel Yachtdecks, die mit Teakholz belegt sind, bis zu drei Mal "abgezogen" werden (etwa alle 10 Jahre einmal). Diese Decks sind nach dem "abziehen" wieder wie neu. Danach müssen die Decks allerdings komplett erneuert werden.

Deswegen muss man natürlich den Rumpf eines Seegehenden Holzschiffes irgendwie schützen. Und deswegen sehe ich das auch so, dass da sicher gerne das genommen wurde, was billig und in rauhen Mengen zur Verfügung war. - Gelber Ocker. - Wenn Du die "gelben" Anteile der Bordwand der Soleil lieber "naturfarben" belassen willst, so kann ich das gut verstehen. Es gibt genug Anhaltspunkte, die auch für diese Variante sprechen. - Es würde mich daher sehr freuen, wenn Du hier vielleicht berichten kannst, was Du weiter bei deiner Recherche herausfindest. - Ob es nun Ocker war, oder Harpüse!?

ZitatIch werde meine Soleil wie folgt färben, der obere Teil der Bordwand blau, die Barkhölzer und alles was wegsteht von der Bordwand in dunklem braun, der Rest in mittelhellem verwaschenen holzbraun, so wie Holz auf See eben auschaut nach einiger Zeit Kontakt mit Meerwasser und dem rauen Wetter.

Das scheint mir im wesentlichen korrekt zu sein. - Was das Blau angeht, so kann ich dir nur den Tipp geben, dich bei deinem lokalen Händler für Farbpigmente mal nach echtem Azurit umzusehen. - Das dürfte das einzige Blau sein, was damals eingesetzt werden konnte (wenn man jetzt mal von der Variante mit den gemahlenen Halbedelsteinen absieht - Viel zu teuer!), alle anderen Blaus, die wir heute kennen, waren damals noch nicht erfunden, oder schlicht nicht einsetzbar.

Wenn Du dir das Azurit mal anschaust, und auch die Preise dafür, dann wirst Du auch schnell zu der Annahme gelangen, dass die französischen Schiffe "babyblau" bis bestenfalls "mittelblau" waren. - Aber mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit NICHT dunkelblau. - Das dunkle Azurit kostet ein vielfaches vom hellsten Azurit und das kostet wiederum ein vielfaches von gelbem Ocker.  - Defakto ist es so teuer, dass ich mir kein echtes Azurit-Pigment gekauft habe (die anderen Pigmente: Ja), sondern eine Tube fertiges "Azurblau".

"Azurblau" wird nicht zu unrecht unser Himmel beschrieben. - Das trifft die Farbe ganz gut! - Ich bin selbst etwas enttäuscht, da ich ebenfalls finde, dass ein dunkles Blau optisch schöner wäre, aber das wäre historisch einfach nicht korrekt.

Ich habe neulich erst ein Foto von einem Gemälde aus der Zeit um Barfleur gesehen, auf dem einige französische Kriegsschiffe zu sehen waren. - Ein Zeitgenosse hat wohl über das Bild geschrieben, dass das Blau auf dem Gemälde mit der Farbe der Schiffe übereinstimmt. - Die Schiffe hatten dieses "Babyblau", mit einem ganz leichten "Touch" ins Türkise.

Das war's für heute, aus dem Soleil-Royal-Farbstudio. - Schalten Sie auch morgen wieder ein...  :6:


Ciao,

HWE
 :mariinee:

galeotti

Hallo Herbert, ich stimme Dir zu, dass die Auswahl an Blaupigmenten im 17. Jh. äußerst dürftig war. Viel mehr als Kalkblau und Bergblau(azur) standen den Malern kaum zur Verfügung. Für normale Schiffe würde ich das gelten lassen aber nicht für das Flaggschiff des Sonnenkönigs. Wenn es um die Zurschaustellung seiner Pracht ging war LudwigXIV. nichts zu teuer. Wer ein Schiff derart verschwenderisch mit vergoldeten Statuen ausschmücken ließ, hat beim Heckanstrich mit Sicherheit nicht gegeizt. Ultramarinblau, welches damals noch zu 100% aus Lapislazuli bestand und ebenso teuer war wie Gold, wird er wohl für seine königliche Sonne spendiert haben. Man grundierte damals in mehreren Schichten mit einem weniger edlen Blau und überzog es mit einem stark verdünnten Schlußanstrich aus Lapis. Das dürfte zwar etwas fleckig ausgesehen haben, war aber ein recht dunkelblauer Ton. Gemälden kann man nur recht begrenzt trauen. Wenn der Auftraggeber des Bildes nicht übermäßig viel dafür bezahlen wollte, konnte der Maler auch nur billige Pigmente zum malen verwenden.
Recherschen stoßen da an ihre Grenzen, wo man keinen zeitgenössischen Bericht in dem die Zusammensetzungen, der für das Schiff verwendeten Farben, beschrieben werden, zur Verfügung hat.

Das zeitgenössische Modell der "la Reale"  im pariser Museum ist auf alle Fälle mit einem dunkelblauen Anstrich versehen. Da sie als Führungsgaleere, persönliches Eigentum des Königs war, bin ich mir ziemlich sicher, dass für ihren Anstrich auch nur das Teuerste gut genug war.auf einem hellblauen Untergrund wäre das viele Blattgold überhaupt nicht zur Geltung gekommen.  Es würde einfach nicht zu der Verschwendungssucht Ludwigs passen wenn am Äußeren seiner Führungsschiffe gespart worden wäre. Einfache Kriegsschiffe waren mit Sicherheit billiger bemalt und da würde das Babyblau sicher gereicht haben. Die einfachen Galeeren waren beispielsweise alle rot gestrichen.
 :winken: Steffen
Galeere "la real" Schebecken, z.Z. Galeasse

Marcus Stenberg

Hallo Herbert,

Immer wieder ein Genuß, deine Texte zu lesen ...   :klatsch:

Die Recherche ist fast spannender als der Bau selbst. Das Ölfarben verwendet wurden, ist naheliegend. Es war in Holland eine Zeit lang üblich, Schiffe mit Gemälde zu verzieren. Das dabei Ölfarben verwendet wurde, ist logisch. Das man damit nicht nur malen, sondern auch streichen kann, liegt auf der Hand. Mich stört bei den meisten Modelle der Soleil, die ich bis jetzt gesehen habe, daß das Ocker so schön sauber und deckend war. Das erinnert mich an modernen Lack und kann sicher nicht so gewesen sein. Ich spiele mit dem Gedanken, mich mit Eichenholz einzudecken und die verschiedenen von dir beschriebenen "Farben" am Holz zu testen, wie sie in Natura ausschauen. Dieses Ergebnis dann mit modernen Lacken nachbilden dürfte dann ein sehr interessantes Stück Arbeit werden.

Die Vorstellung, die ich von dem Azuritblau habe, geht in diese Richtung.



Das dürfte sehr schön mit dem Gold harmonieren und war sicher ein wenig teurer als das billige Babyblau ...   :6:

Was mich weit aus mehr fasziniert ist die äußerst verschwenderische Verwendung von Gold bei der Soleil Royal. Gibt es Hinweise, das dies historisch korrekt ist? Blattgoldlieferungen an die Werft, oder andere Quellen?

Galleoti dürfte mit dem sehr dunkelnen blau falsch liegen, nicht wegen dem Preis, sondern wegen der Tatsache, das imprägniertes Holz eine eher dunkle braune Farbe hat. Dunkelblau und dunkelbraun, das schaut nicht besonders toll aus. Ein helleres Blau wirkt neben den dunklen Brauntönen und harmoniert auch mit Ocker besser. Ich gehe mal davon aus, das man auch im 17. Jahrhundert für diese Aufgabe Menschen beauftragt hat, die ein gewisses Maß an Gefühl für Farben und Ästhetik besessen haben. Ich gehe nicht davon aus, das damals die Gemälde so dunkel und erdig waren, wie wir sie heute kennen. Ich gebe Herbert recht, das die Farben damals wesentlich bunter und kräftiger waren, als es heute der Fall ist. Stichwort Sixtinische Kapelle.

Der Sonnenkönig, die Sonne und der Himmel, das sollten die Farben Gold und (Himmel)blau symbolisieren, so sehe ich das.

Ich glaube, es ist ein guter Ansatz, bei der Farbgebung auch darauf zu achten, wie wirken die einzelnen Farben miteinander. Ein harmonisches Gesamtbild dürfte das Modell eher in Richtung Realität rücken, denk ich mal.


Marcus  :mariinee: