Schwarzer Rumpf am anfang des Jahrhunderts?

Begonnen von RetvizanHB, 10. April 2008, 15:58:00

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RetvizanHB

Hi Leute,
ich hab mal ne Farbanfrage bezüglich der Schiffsrümpfe am Anfang des letzten Jahrhunderts (bis ca. 1910). Ich lese oder sehe immer wieder das viele Schiffe der damaligen Zeit Schwarze Rümpfe und Weiße Aufbauten hatten. Hab keine Ahnung warum das so gemacht wurde, aber es sieht schick aus  großes Grinsen.
Doch jetzt zu meiner Frage, waren die Rümpfe richtig Schwarz oder war es mehr ein Grauschwarz? Und die Aufbauten, waren die Weiß oder Hellgrau?. Tappe da ziemich im Dunkeln  Suchen. Vielleicht könnt ihr mir ja helfen.

Gruß

Uwe  winken

McCool

#1
Die Farbe war tatsächlich ein regelrechtes Schwarz. Die Aufbauten waren z.B. in der kaiserlichen Marine gelb und weiß. Wenn ich mich recht entsinne, gab es die schwarzen Anstriche zumindest für deutsche Schiffe (abgesehen von Torpedobooten oder Minensuchbooten) nur bis in die 1890er.  Weiß-gelbe Tropenanstriche gab es bis 1910.
Spezialisten für die kaiserliche Marine könnten dir sofort Details aus dem Ärmel schütteln.
Auf die Schnelle habe ich nur eine Farbtonübersicht aus dem "grauen" Zeitalter gefunden.
http://www.mz-modellbau.net/core/service/farbton/kam.html

P.S. Hier ein Modell von SMS Beowulf in typischem Anstrich:
http://www.arbeitskreis-historischer-schiffbau.de/modell/2004/beowulf/beo1.htm

Marco Scheloske

Zitat von: RetvizanHB in 10. April 2008, 15:58:00
Hi Leute,
ich hab mal ne Farbanfrage bezüglich der Schiffsrümpfe am Anfang des letzten Jahrhunderts (bis ca. 1910). Ich lese oder sehe immer wieder das viele Schiffe der damaligen Zeit Schwarze Rümpfe und Weiße Aufbauten hatten. Hab keine Ahnung warum das so gemacht wurde, aber es sieht schick aus  großes Grinsen.
Doch jetzt zu meiner Frage, waren die Rümpfe richtig Schwarz oder war es mehr ein Grauschwarz? Und die Aufbauten, waren die Weiß oder Hellgrau?. Tappe da ziemich im Dunkeln  Suchen. Vielleicht könnt ihr mir ja helfen.

Gruß

Uwe  winken

Das nennt man "Victorian Livery" (einfach mal nach "googeln", da findest Du einiges an Info). In Deutschland bis ca. 1890 so gemacht worden, in England bis ins 2. Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts. Schau Dir den Film "Titanic" an, da siehst Du diese Bemalung. Und ja, es war wirklich richtiges Schwarz und richtiges Weiß.
Gruß aus MG und "Just glue it!"
Marco (Triliance.de), "The Baseman"


Grenzwolf

#3
 :1::2:

es gibt Artikel die von "Schwarzbau" oder "Dunkelbrau" schreiben und der H.M.S. Victoria-Manöverunfall - ging als "blue to blue" in die Geschichte des "friendly-rammened wreck"  :6:  ein... der Schonstein wurde notgedrungen Ocker lackiert, da er nur unbeheizt weiß blieb...einige der Schiffe dieser Epoche hatten nach einigen Jahren eine MESZBARE Displacementzunehme wegen der häufigen behübschenden Lackreparaturen... victorianisch, wilhelminische, edwardianische Putz- & Prunkzeit. Warum diese Trennung in Blauschwarz und Weiß? Nun evtl um mit dem Horizont zu verschwimmen -blau mit dem wasser Weiß mit dem Horizont- und so schlicht die Trefferbeobachtung zu erschweren - wäre so ein Vorschlag von mir...

Und hier einige Beispielbilder:.

Massena Frankreich(Quelle-frz.Marineministerium)

Charlemange Frankreich (Quelle-frz.Marineministerium)

Es gibt Ölgemälde der Brit. Flottenparaden (z.B. Diamantenes Kronjubiläum Victorias das Deckelbild der Majestic[oder einem Schiff der Classe]-in 1/700 von Kombrig ist glaube ich daraus entnommen) ... guck mal dort
Grüße vom
Grenzwolf

rabapla

aber die Bezeichnung "blue on blue" bezieht sich doch auf die Gewohnheit eigene Einheiten im Manöver mit blau zu kennzeichnen, oder?
Gruß

Ralf

komplexe Systeme machen komplexe Fehler, 
einfache Systeme machen............ komplexe Fehler.    jede Menge 1/48 Flugzeuge und 1/72 Schiffe in unterschiedlichen Stadien

Marco Scheloske

Zitat von: rabapla in 14. April 2008, 08:23:46
aber die Bezeichnung "blue on blue" bezieht sich doch auf die Gewohnheit eigene Einheiten im Manöver mit blau zu kennzeichnen, oder?

Geeeeenau. Die hat nix mit der Bemalung zu tun.
Gruß aus MG und "Just glue it!"
Marco (Triliance.de), "The Baseman"


Grenzwolf

Zitat von: Marco Scheloske in 14. April 2008, 09:22:19
Zitat von: rabapla in 14. April 2008, 08:23:46
aber die Bezeichnung "blue on blue" bezieht sich doch auf die Gewohnheit eigene Einheiten im Manöver mit blau zu kennzeichnen, oder?

Geeeeenau. Die hat nix mit der Bemalung zu tun.

...DAS wäre auch eine Begründung sein - klingt jedenfalls logisch...  :klatsch: Klasse Assoziation!

:12: aber den Link mit dem "darkblue" als Farbangabe finde ich derzeit nicht wieder...   :12:

...dieses "Navyballett" :7: hatte also auch seine gefährlichen Tücken (z.B. Totalverlust S.M.S. Großer Kurfürst vor Folkstone)... aber die Skagarrak-Bewegungen der HSF wären andererseits ohne diese fast konfliktfreie Manöver-Epoche ja gar nicht möglich gewesen...

maßstäbl.Grüße
vom
Grenzwolf

Halvar66

Hallöle,

Dirk Nottelmann hat entweder in seinem Buch Die Brandenburg-Klasse oder in dem Werk Das Kanonenboot ILTIS (II) – seine Vorgänger und Nachfolger einen längeren Absatz über die Farbgebung der kaiserlichen Marine geschrieben.
Bei Interesse wäre ich gern bereit die entsprechenden Seiten einzuscannen und per Mail zuzuschicken.

wefalck

Das dieser alte Faden aus der Zeit vor meiner Teilnahme in diesem Forum wiederaufgenommen wurde, ein paar Kommentare zu diesem Thema:

In etwa den 1840er Jahren wurde es allgemein üblich Schiffsrümpfe über Wasser schwarz zu streichen. In 'Mode', die sich (mit Ausnahme von Kriegsschiffen) bis in die Zeit nach dem 2. WK gehalten hat. Es gab dafür mehrere miteinander verwobene Gründe. Durch die industrielle Revolution wurden die Flüsse und Häfen immer mehr mit Ölen und mineralischen Teeren verschmutzt, was die vorher meist braunen, mit Holzteer oder Ölfarbe gestrichenen Rümpfe rasch unansehlich machte. Auf einem schwarzen Anstrich sah man das nicht. Gleichzeitig wurde Ruß als Pigment billiger, da er nun auch als industrielles Nebenprodukt anfiel. Der deckende Anstrich mit Ruß als Pigment konservierte auch das Holz bessser, als ein Holzteer-Anstrich. Da sich die Entwicklungswege von Handels- und Kriegschiffen erst um die Mitte des Jahrhunderts wirklich teilten, wurden beide Typen schwarz gestrichen.

Masten und andere Rundhölzer wurden seit dem frühen 19. Jh. nicht nur mit Holzteer bzw. Leinöl konserviert, sondern auch farbig gefaßt, d.h. dem Leinöl wurde ein Pigment beigemischt. Bevorzugte Farben waren weiß, ocker, hellgrün und hellblau. Ab den 1840er Jahren wurde dann immer mehr nur noch weiß und ocker verwendet. Diese Entwicklung fällt mit der Einführung der Dampfkraft zusammen. Da Schornsteine und Ventilatoren für viele eine ästhetische Herausforderung waren, wurden diese in der gleichen Farbe, wie die Masten gestrichen.

Deckshäuser usw. wurden ebenfalls weiß oder farbig gefaßt und die modische Entwicklung war wie oben.

Kriegsschiffe folgten diesen Moden bis in die 1890er Jahre, als eine Tarnung zunehmend als notwendig erkannt wurde. Ab dann setzte sich der graue Anstrich bei allen Marinen bis zum Ende des Jahrhunderts weitgehend durch. Eine Ausnahme waren Kriegschiffe in den Tropen, die bei den meisten Marinen weiß gestrichen wurden, um das Raumklima in den Eisen- bzw. Stahlrümpfen erträglicher zu machen.

Die Einzelheiten der Anstriche und die Farbtöne variierten von Marine zu Marine. Das in der deutschen Marine verwendete Gelb für Schornsteine, Ventilatoren und Masten änderte sich mehrfach von einem eher Sandgelb zu einem recht orangenen Gelb am Ende dieser Periode. Die Franzoen hatten ein eher schmutziges Gelb, während die Royal Navy einen eher blassen Ockerton verwendete.

Die Beschlüsse über die Farbgebung der deutschen Schiffe wurde im Marine-Verordnungs-Blatt publiziert. In

GRÖNER, E. (1937): Die Deutschen Kriegsschiffe 1815-1936.- München (J.F. Lehmanns Verlag).

gibt es eine Zusammenfassung der unterschiedlichen Farbmuster von 1867 bis 1936. Mit etwas Suchen findet man Übertragungen dieser Zusammenfassung auch im Internet. Ich bin zu faul, das hier abzutippen.
www.maritima-et-mechanika.org
www.imago-orbis.org
www.arbeitskreis-historischer-schiffbau.de