Panzerkanonenboot S.M.S. WESPE (1876) in 1:160

Begonnen von wefalck, 17. Februar 2010, 13:26:23

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marjac99

Beeindruckend, was du da auf die Beine den Kiel stellst.  :respekt:
lieben Gruss,
Martin
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Aktuell auf dem Tisch: der GT-T und die Grumman G-21 Goose

Gøran

Hallo wefalk,

da dein Baubericht nunmehr auf das dreizehnte Jahr zugeht, allein dazu schon meinen allergrößten Respekt, möchte ich an dieser Stelle meine Begeisterung zum Ausdruck bringen.

Großartige Handwerkskunst im geschichtlichen Kontext bilden hier die Basis für ein, ich nenne es einfach mal so, Lebenswerk der besonderen Art. Ich weiß nicht was dein Geheimrezept ist, Leidenschaft gehört auf alle Fälle dazu  :klatsch: .

Lösungswege zu finden, die unterschiedlichsten Materialien dabei zu nutzen um sich von Detail zu Detail dem großen Finale zu nähern ... das nenne ich Modellbau.

In diesem Sinne, ich freue mich schon sehr auf die weiteren Fortschritte  :winken:.

wefalck

Vielen Dank für netten Worte  :winken:

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Diverse Kleinteile

Hier zunächst noch zwei 'Familienphotos' mit allen Booten zusammen neben einer 1 Cent-Münze zum Größenvergleich. Die Jolle hat auch noch hinten und vorne eine Fangleine erhalten, die ich vorher vergessen hatte.




Von hinten nach vorne: 1. Kutter, 2. Kutter, Gig, und die Jolle

Mit den Beibooten sind alle größeren ,Untermodelle' erledigt. Der Zusammenbau wird nun fortgesetzt.

Ich habe daher zunächst das Geschütz auf der Unterlafette befestigt. Es wurde geklebt – so richtig glücklich bin ich damit nicht angesichts des Gewichtes des Geschützrohres, eine formschlüssige Verbindung wäre besser gewesen, aber ich habe hoffentlich genügend Weißleim an nicht sichtbaren Stellen aufgebracht. Beim Vorbild griffen auf beiden Seiten der Oberlafette Klammern um die Laufschienen der Unterlafette. Das war aber in diesem Maßstab nicht zu bewältigen.






Das Geschütz in der Barbette

Die beiden Maschinenraumtelegraphen wurden nun auch auf der Brücke istalliert.


Maschinentelegraphen auf der Brücke

Ich bin mir nicht sicher ob die Stopper wirklich so geriggt waren, aber die vorhandenen Photographien sind entweder aus der falschen Richtung aufgenommen oder die Auflösung ist nicht gut oder die Back ist zu unordentlich um da sehen zu können. Egal, zwei Stoppertampen wurden an den auf der Zeichung dafür vorgesehen Ringbozen befestigt und die Ankerkette angelascht um zusätzliche Sicherheit gegen das Schiften der Kette im Seegang zu bieten.


Stoppertampen für die Ankerkette

Die vier Ankerkräne wurden mit den Takeln ausgerüstet und vorläufig installiert. Der Läufer der Talje dürfte etliche Meter lang gewesen sein und mußte irgendwie seefest gestaut werden. Auf der Photographie von S.M.S. CROCODILL unten ist zu sehen, der Läufer etwas leger um den Ankerkran geschlungen wurde, nicht gerade 'ship-shape and Bristol-fashion'. Wie auch immer, ich habe das auf dem Modell nachzubilden versucht.


Ankerkräne auf S.M.S. CROCODILL in ihren späteren Jahren


Die Ankerkräne auf dem Modell

Als nächstes ist dann mein Angstgegner dran, die Kettenreling. Derentwegen hatte ich anfangs lange gezögert, das Projekt überhaupt in Angriff zu nehmen.

Fortsetzung folgt ...
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marjac99

#303
Wen ich diese Kanone und diese Details sehe: Wahnsinn!  :meister:
:respekt:

(Allerdings muss ich sagen, dass ich fast nur Bilder gucke. Deine Texte könnten auch in Suaheli geschrieben sein, so wenig verstehe ich davon  ;) )
lieben Gruss,
Martin
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wefalck

Kettenreling und Schornsteinstage

Wegen verschiedener privater und Geschäftsreisen ist hier im letzten Monat nicht viel passiert ...

Inzwischen habe ich aber das Material zur Simulierung der verschiedenen kleinen Ketten bekommen, besonders der Kettenreling und der Schornsteinstage aus Kette. Das Material ist schwarz-oxidierter Kontantan™-Draht von 0,06 mm und 0,07 mm Durchmesser. Konstantan™ ist eine CuNi-Legierung, die über einen weiten Temperaturbereich einen konstanten Widerstand und einen geringen Wärmeausdehnungskoeffizienten aufweist. Mich interessieren aber nicht diese Eigenschaften, sondern das war der dünnste schwarze Draht der zu bekommen ist. Außerdem ist er etwas reißfester als Kupferdraht.

Die Idee ist, zwei Drähte zu verdrillen so daß die ,Steigung' in etwa der Länge eines Kettengliedes entspricht. Jeweils zwei dieser Drähte werden dann gegen den vorigen Schlag miteinander verdrillt. Mit dem bloßen Auge und einer 3-fach-Lupe hat das dann die Anmutung einer in sich verdrehten Kette. Das ist das Beste, was ich in diesem Maßstab machen kann.


Zeichnung einer Kettenreling (aus WAAP, 1900).

Es gibt eine Photographie, die die Details der Kettenreling um das Deckshaus herum ganz gut zeigt und es gibt daneben eine Zeichnung solcher niederlegbaren Relings in einem Lehrbuch für angehende technische Zeichner (WAAP, 1900). Darauf befindet sich ein Maßstabsbalken, so daß man die verschiedenen Dimensionen ableiten kann. Die Höhe der Stützen entspricht der in den Lithographien der WESPE-Klasse. Danach haben die Stützen eine Höhe von 85 cm, was 5,3 mm im Maßstab 1:160 entspricht. Die Kettenglieder sind etwa 60 mm (0,4 mm) lang und der Drahtdurchmesser beträgt 8 mm (0,05 mm).


Kettenreling auf dem Deckshaus der WESPE-Klasse (LAVERRENZ, 1900).

Vor Jahren schon hatte ich die Stützen gezeichnet und selbst aus 0,2 mm Ms-Blech geätzt. Der Gedanke war, zwei Stück davon zusammenzulöten, um die notwendige Dicke zu erreichen ohne das Problem der Unterätzung in meiner primitiven Ätzausrüstung zu haben. Dann habe ich aber kürzlich die von SÄMANN-Ätztechnik kommerziell erhältlichen Relingstützen gesehen und bin zum Schluß gekommen, daß da meine von der Qualität her nicht mithalten konnten. Leider waren aber zweizügigen im Maßstab 1:150 selbst für diesen Maßstab zu hoch. Aber die dreizügigen hatten die richtige Höhe, wenn der untere Ring zum Scharnier zum Umklappen erklärt würde. Mit dem Lasercutter habe ich noch kleine Scheiben als Fußplatten geschnitten.



Die Bohrlöcher für die Stützen wurden am oberen Rand mit einem runden Fräser erweitert, damit der untere Ring darin halbversenkt werden konnte. Es wäre schöner gewesen, Ätzteile für die Fußplatten zu haben ...



Die Kettenstage für den Schornstein haben mir etwas Kopfschmerzen verursacht, besonders die Verbindung zum Schornstein und zum Deck. Die Kette selbst ist in der oben beschriebenen Weise aus 0,07 mm Draht hergestellt. Die Herstellung und der Einbau von Schäkeln von weniger als 1 mm Länge ist aber wohl physisch unmöglich. Deswegen habe ich auf dunkelgraues Garn zurückgegriffen. Nicht ideal, aber manchmal stößt man eben an solche physischen Grenzen.



Um bereits installierte Teile nicht zu beschädigen, arbeite ich von innen nach außen. Daher kamen die Schornsteinstage als Erste an die Reihe und dann die Reling.

Wie immer sind Nahaufnahmen schrecklich ernüchternd, aber aus einem normalen Betrachtungsabstand sieht die Reling ganz akzeptabel aus (finde ich).



Das Federn des Drahtes ist ein Problem, auch wenn es bei dem doppelt verdrillten Draht weniger ausgeprägt ist. Es ist nicht so einfach eine ordentliche Kettelinie hinzubekommen in der die Kette durchhängen sollte und dann auch noch beide Durchzüge in der gleichen Ebene. Zum Glück fallen die Abweichungen nur ins Auge, wenn man senkrecht darauf schaut. An den Stagen muß ich noch arbeiten ...

Fortsetzung folgt ...
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wefalck

Fortsetzung Reling ...

Die Reling auf der Steuerbordseite des Deckshauses ist nun ebenfalls installiert. Dieses Mal gibt es ein Bild mit einer 1-Cent-Münze als Vergleich.

Zwischenzeitlich schlug ein Kollege in einem anderen Forum vor geflochtenen Draht anstatt des doppelt verdrillten für die Kettenimitation zu nehmen. Ich meine, ich hätte das bereits probiert, aber der damals verwendete Kupferdraht war zu weich und brach zu leicht. Ich werde es nochmal mit dem Konstantan-Draht versuchen und berichten. Auf diesem Schiff wurden Ketten für eine Menge von Dingen verwendet, wo wir heute Drahttauwerk einsetzen würden.




Mast und Rigg

Wie weiter oben angemerkt, wollte ich eigentlich bei der Installierung der Relings von innen nach außen arbeiten, um nicht bereits installierte Teile zu beschädigen. Mir ist dann aufgefallen, daß ich eigentlich schon den Mast samt Rigg hätte einbauen sollen. Es war also höchste Zeit dafür.



Die Bildnachweise für die früheste Form des Mastes sind ziemlich rar. Es gibt tatsächlich nur eine einzige Photographie, nämlich die allererste Aufnahme von SMS WESPE während der Ausrüstung. Alle anderen Photographien zeigen spätere Formen, bei denen ein Toppmast und eine Signalrah dazugekommen sind. Wann diese installiert wurden, lies sich bisher nicht ermitteln, aber vielleicht während des kleineren Umbaus, während dessen auch die Beibootracks eingebaut wurden, oder vielleicht etwas später als der gepanzerte Steuerstand samt Suchscheinwerfer hinzukamen. In dieser Form ist der Mast bereits auf dem einzigen weiteren Bild im 1878er Anstrich zu sehen.

Den Mast hatte ich schon vor einiger Zeit aus einem Stahldraht gedreht und mit der halbrunden Nagelbank versehen. Ich bin mir nicht mehr sicher, ob ich schon entsprechende Bilder gezeigt hatte.



Es scheint, daß es ein doppeltes Vorstag gab, das am Schornstein vorbei zur Vorderkante des Kesselraumoberlichtes führte. Es gibt aber keine Bilder oder Zeichnungen davon, wie die Stage dort festgesetzt wurden. Ich nehme an, daß es dort Augbolzen an den Rahmen des Oberlichtes genietet waren. Eigentlich hätte ich diese Augbolzen schon ordentlich vor der Bemalung installieren sollen, hatte das aber einfach übersehen. Mehrfach riß mir der Zug auf die Stage die Oberlichtgräting heraus. Jetzt hält nur die Klebung gegen den Zug – technisch eigentlich keine gute Lösung. Mal sehen, wie lange das hält.

Dann gibt es noch ein Paar Wanten auf jeder Seite – eigentlich eine Menge für diesen leichten Mast. Die Wanten sind auf Augbolzen zwischen den Relingstützen gesetzt, was man vage aus den Lithographien ableiten kann. Es gibt aber keine Information darüber, die die Stage und die Wanten steifgesetzt wurden. Wahrscheinlich gab es metallene Herzen bzw. Herzkauschen mit einer Bändselung dazwischen.

Ich gehe davon aus, daß das stehende Gut aus Drahttauwerk bestand. Auf einer späteren Photographie kann man so eben erkennen, daß das Tauwerk wohl auf seiner ganzen Länge bekleidet war. Um solches Tauwerk zu imitieren, sammele ich seit Jahren seidenumsponnenen Kupferdraht und -litze (wie sie früher z.B. in HF-Spulen verwendet wurden). Ich habe mir dafür eine 0,15 mm-Draht ausgesucht. Da die Seide grün war, habe ich dem Draht erst einmal eine dünne Schicht schwarzer Farbe verpaßt.



Bevor allerdings mit dem Aufriggen begonnen werden konnte, mußten zunächst noch Blöcke für Flaggleinen angebracht werden. Ich nahm an, daß dies gestroppte Doppelblöcke waren, was aber pure Spekulation auf Basis der Anzahl der in der Lithographie dargestellten Belegnägel ist. Für die Flaggleinen nahm ich aus meinem hochgehüteten Vorrat von Repassiergarn, wie es früher zum Reparieren der ,Damen-Nylons' verwendet wurde – ein stark verzwirntes Zweifachgarn, das seit vielen Jahren nicht mehr hergestellt wird und besser, als die Fliegenbindegarne ist. Da es zur Darstellung von Tauwerk immer noch nicht ausreichend gedreht war, habe ich dem etwas nachgeholfen und das Garn mit einem Hauch Zaponlack in dieser Form stabilisiert.

Zu dieser Zeit hätte ein Dampfschiff ein einfaches weißes Licht am Mast führen sollen, aber die einzige Photographie ist nicht deutlich genug, um zu erkennen, ob dies tatsächlich am Mast geheißt wurde. Ich habe deswegen nur ein Fall vom Masttopp aus installiert, ohne weitere Einrichtungen, wie Führungsseile. Die Lithographie aus den frühen 1880er Jahren zeigt einen Lampengalgen vor der Kasematte, der aber auf den Photographien nicht zu sehen ist.



Herzkauschen in diesen Dimensionen herzustellen und zu installieren wäre dann doch etwas zuviel gewesen, so daß ich die Arrangements etwas vereinfacht und die Bändselung direkt durch den Augbolzen und das Auge im Stag geführt habe. Ich denke im Maßstab 1:160 ist das gut genug. Es war schon schwierig genug, das Rigg zu installieren ohne die Relings und die Schornsteinstagen zu beschädigen.


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Marderkommandant

Auch wenn Seefahrt nicht mein modellbauerisches Thema ist und ich eine nautische Niete erster Güte bin:
Dein Schiff und der dazugehörige Baubericht ist einfach bewundernswert und ein wirklicher Genuss, auch für ausgemachte Landratten! (Bin Infanterist der Reserve!  :3:  ).
Ich finde die Details schlicht überirdisch gut und schon an die Ingenieursleistung grenzend, die notwendig ist ein Schiff zu bauen.
Weiterhin werde ich Deine Bauberichte genießen und freue mich auf weitere Taten!  :1:
Viel Erfolg!
Als der Herr am siebten Tag über die Erde wandelte und Sein Werk betrachtete, stellte Er fest, dass die Steine zu weich geraten waren. Darauf schuf Er den Panzergrenadier.

Kannonenvogel

Da kann ich mich nur anschliessen  :pffft:  :klatsch:  :klatsch:

wefalck

Vielen Dank, wenn auch etwas spät, für die netten Kommentare  :P

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Kettenreling auf dem Backdeck

In den letzten Wochen gab es wieder nur langsame Fortschritte, einerseits wegen diverser Reisen (Italien, Deutschland, Spanien), aber auch, weil die Installation dieser Relings ein langsamer Prozeß ist, der wegen des Trocknens von Klebstoff oder Farbe immer wieder unterbrochen wird.

Ich hatte etwas Bedenken wegen der verschiedenen scharfen Ecken die die Kettenreling um das Backdeck herum nimmt – kein Problem beim Vorbild, aber die die imitierte Kette aus doppelt verdrilltem Draht stellte sich als überraschend gefügig heraus, ohne Knicke zu bekommen, die man dann eventuell nicht mehr herausbekommt.







Die Lüfter für das Manschaftslogis unter dem Vordeck wurden nun ebenfalls installiert.

Die nächste Sache dann auf der Liste werden die Ankerbojen sein, die nach den alten Photographien an der Reling in der Nähe der Ankerkräne vertäut wurden.

Apropos Ankerkräne: mir fiel erst nachdem ich die Photos gemacht hatte auf, daß ich vergessen hatte, sie wieder einzusetzen – ich hatte sie herausgenommen, damit sie beim Einfädeln der Reling nicht im Weg sind.


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maxim

Eine Frage wegen der Lüfter auf dem Vorschiff: konnte man die abmontieren? Wurden die mit der Reling entfernt, wenn das Geschütz feuern sollte?
Im Bau: dänische Schaufelradkorvette Gejser (1/700, Brown Water Navy Miniatures)


wefalck

Ja, alle Stützen der Kettenrelings waren umlegbar und die Lüfter wurden bei 'Klar Schiff zum Gefecht' herausgehoben und die Rohre mit Kappen abgedeckt - dito bei schwerer See. Ich weiß allerdings nicht, wie und wo die Lüfter dann gestaut wurden.

Leider haben sich die entsprechenden Instruktionen offenbar nicht erhalten. Das gilt auch für andere Ausrüstungsgegenstände. Die Stützen für die Sonnensegel wurden offenbar in eine Art Racks auf dem Deckshaus gestaut. Ob das auch für die Masten und Segel der Boote galt, wenn diese nicht gebraucht wurden, weiß ich nicht. Man muß das aber wohl annehmen. Ebenso ist nicht klar, wo Festmacherleinen gestaut wurden.
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maxim

Im Bau: dänische Schaufelradkorvette Gejser (1/700, Brown Water Navy Miniatures)


Aero

Ein echtes Detailfeuerwerk was du da zeigst, Klasse umgesetzt und wirklich beeindruckend!  :klatsch:

wefalck

Vielen Dank für die freundlichen Kommentare !

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Zunächst: in der Zwischenzeit habe ich die Reling rings um die Barbette vervollständigt:



Mit der Übung durch die vorigen Relings und nur einer Ecke war dies eine recht einfache Operation.

Ankerbojen

Ein recht augenfälliges Detail auf Kriegsschiffen dieser Zeit waren die Ankerbojen für die Buganker, die üblicherweise an einen bequemen Ort in der Nähe der Ankerdavit angelascht wurden, wenn das Schiff nicht vor Anker lag. Es ist wichtig zu wissen, wo die Position der Anker zu kennen, um festzustellen ob sie nicht eventuell verschleppt wurden und auch um deren Lage Neuankömmlingen anzuzeigen, damit sie nicht ihren eigenen Anker über den eigenen werfen, was Probleme beim Lichten der Anker verursachen kann.

Zur Zeit von SMS WESPE wurde diese Ankerbojen aus galvanisiertem Eisenblech hergestellt und hatten die Form von zwei an ihren Basen verbundenen Kegeln. Eine Art Netz aus bekleidetem Drahttauwerk stellt zwei Augen zur Befestigung der Leine mit der die Boje an den Anker gelascht wird und für die Fischleine zur Verfügung.


Technisches Instruktionsblatt von 1909 der Kaiserlichen Marine zur Herstellung und Ausrüstung der Ankerbojen. Quelle: https://forum.arbeitskreis-historischer-schiffbau.de/download/file.php?id=19837&mode=view.

Nach dem obigen technischen Instruktionsblatt war das Eisenblech in Bleimenige zu streichen. Es gibt allerdings keine klaren Informationen dazu, in welcher Farbe der Schlußanstrich auszuführen sein. Modellbauer malen typischerweise die Steurbord-Ankerboje grün und die Backbord-Boje rot. Das hat eine gewisse Logik, da man auf diese Weise die Lage der entsprechenden Anker identifizieren kann, auch wenn das Boot um die Anker geschwoit sein sollte.

Es gibt ein Bild von 1876 von SMS HERTHA, das Matrosen bei der Arbeit an den Ankerbojen zeigt:


Matrosen von SMS HERTHA bei der Arbeit an Deck, ca. 1876. Quelle: https://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/kolonialesbildarchiv/content/pageview/11408859.

Man kann zwei Bojen erkennen, eine links in relativ hellem Grau und eine andere, die fast ganz durch den vorne sitzenden Matrosen verdeckt ist und viel dunkler erscheint. Wenn man in Betracht zieht, da die Glasplatten-Negative der Zeit weniger sensitiv zu Rot waren, als zu Grün, weswegen Rot dann auf dem Positiv dunkler erscheint, als Grün, dann kann man schließen, das linke Boje wohl grün und die rechte rot gemalt war. Bislang ist das das einzige Indiz, daß die Bojen unterschiedlich gemalt waren.

Während die Form eigentlich einfach ist, ist es nicht so einfach, diese zu bearbeiten und dabei zu spannen. Die beiden Kegel wurden separate gedreht und dann miteinander verklebt. Deswegen wurde als Material Plexiglas gewählt. Die Bearbeitung erfolgte in Schritten: zunächst wurde der Durchmesser der Holzkappen angedreht, dann eine Nut eingestochen, die die Gesamtlänge markiert, dann der Oberschlitten auf 28° zum Kegeldrehen gesetzt. Wie beim Vorbild wurden vier Nuten für das Tauwerk in die Holzkappen geschnitten, wozu ein auf die Seite gelegter spitzer Drehstahl verwendet wurde. Zum Schluß wurden die Kegel abgestochen. Beim Verkleben der Kegel wurde darauf geachtet, daß die Nuten für das Tauwerk in beiden Hälften um 45° versetzt zu liegen kamen.


Die noch unbemalten Ankerbojen

Eine weitere Herausforderung war das sorgfältig gespleißte und bekleidete Netzwerk auf Drahttauwerk zu imitieren. Ich habe mich schließlich für verdrillten verzinnten Kupferdraht von 0,1 mm Durchmesser entschieden. Vier Stücke mit einer Schlaufe am Ende wurden auf einen Ring aus verdrilltem Draht aufgefädelt und dieser verlötet. Die vier Enden wurde gleichmäßig auf dem Ring verteilt und ihrer Position mit einem Tropfen Zaponlack fixiert. Anschließend wurde dieses Arrangement auf den Kegel gestülpt, die Enden über der Kappe zusammengefaßt und mit einer Fadenbändselung gesichert. In ein Ende wurde ein Auge gebogen und auf der Bändselung gesichert. Die übrigen Enden wurden bis auf die Bändselung gekürzt.

Die Bojen wurden sodann rot bzw. grün gespritzt. Nachdem die Farbe getrocknet war wurden die Drahtstroppen mit einem Künstler-Markerpen in Sepia angemalt – das war einfacher als Pinselbemalung.

Ich habe von den einzelnen Bearbeitungschritten keine Bilder gemacht, da sie eigentlich recht einfach waren.


Fertige Ankerbojen

Auf verschiedenen Photographien der WESPE-Klasse ist zu sehen, daß die Ankerbojen an der Kettenreling in der Nähe der Ankerkräne gezurrt wurden. Ich weiß nicht, wie lang das Ende war mit dem die Bojen an die Anker gelascht wurden, denke aber, daß es nicht viel mehr als 20 m war. Ein dünnes Tau wurde aus bräunlichem Fliegenbindegarn auf Reeperbahn geschlagen, da ich annahm, daß dieses Tau relativ stark geteert war, um es widerstandsfähiger zu machen. Da ,Tau' wurde aufgeschossen und zusammen mit der Boje an der Reling gezurrt.


Die gezurrten Bojen

Fortsetzung folgt ...
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marjac99

Also, jetzt mal ganz ehrlich: Wie gross ist das Centstück?  :pffft:

  :7:

Immer wieder genial, was Du hier ablieferst.  :klatsch:
lieben Gruss,
Martin
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maxim

Hier lernt man immer wieder etwas dazu!  :P Ich werde mal auf diese Bojen achten.
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Wolfgang Meyer

Diese Details, in dieser Größe die sind kaum zu fassen. Ich bin schwer beeindruckt!

LG Wolfgang

Fumator

Zufällig stieß ich bei Youtube auf diesen Beitrag:
 

Die Wespe kommt zwar nicht besonders gut weg, aber immerhin fährt im Mittelteil des Films eine (mittelprächtige) Computeranimation einige Minuten über den Bildschirm. In diesem Zusammenhang wohl eher skurril, aber ich wollte es doch kurz erwähnen.

Gruß Axel

wefalck

Erst einmal vielen Dank für die netten Worte und den YouTube-Link. SMS WESPE ist dort aber etwas vereinfacht und nicht ganz richtig dargestellt.

Nach einer langen Sommerpause die ich weit weg von der Werkstatt verbrachte, wurde die Werft Anfang September wiedereröffnet, aber verschiedene Geschäfts- und Privatreisen sowie viel Arbeit führten zu weiteren Verzögerungen. Daher, brauchten die nun vorgestellten kleinen Details eine lange Zeit ...

Ein bißchen ,Unordnung' auf dem Deckshaus

Die Herstellung maßstabsgerechter Sonnensegelstützen war mir in diesem kleinen Maßstab dann doch eine zu große Herausforderung. Daher habe ich sie auf dem Modell weggelassen und ebenso die Halterungen, da ich auch keine vernünftigen Informationen über deren Aussehen hatte. Meine Entschuldigung war, daß das Modell quasi in gefechtsklarem Zustand dargestellt wird, in dem diese Stützen gestaut worden wären.


Photographie die auf dem Deckshaus gestaute Sonnensegelstützen zeigt.

Es gibt eine größere Anzahl von Sonnensegelstützen, die eine von oben nach unten zunehmende Dicke haben, wobei das obere Ende mit dem Ring etwas gekrümmt ist. Der obere Teil ist rund, während der untere Teil im Bereich der Halterung quadratisch ist.
In dem einzigen Bild das etwas dazu aussagt scheinen die Stützen in einer Art Gestell neben der Reling auf dem Deckshaus gestaut zu werden, wenn sie nicht gebraucht werden. Das gleiche trifft vermutlich auch für die Balken zu, die mittschiffs den First des Sonnensegels bilden. 
Eine Massenproduktion dieser Stützen, die gestaut kaum noch im Detail zu sehen sind, aus Draht erschien mir ein zu großer Aufwand. Ich habe sie daher mit dem Laserschneider aus Karton hergestellt. Da sie außerordentlich empfindlich sind, wurden sie wiederum mit Zaponlack eingelassen, um sie zu versteifen und dann mit Acrylfarbe bemalt. Die Farbe wurde mit dem Pinsel recht großzügig aufgetragen, um einen gewissen abrundenden Effekt zu haben.


Die beiden Lagergestelle fertig zum Einbau

Ich konnte keine weiteren Abbildungen der Lagergestelle finden und mußte daher etwas erfinden, das einigermaßen vernünftig aussieht. Offenbar waren die Gestelle irgendwie mit den Relingstützen verbunden. Ich habe daher eine Art offenen Käfig entworfen, mit einer Basis aus lasergeschnittenem Karton und vertikalen Stützen aus flachgedrücktem, verzinntem Kupferdraht. Neben den Firstbalken nahmen diese Gestelle offenbar auch den Wischer und Ansetzer für das Geschütz auf.




Die Lagergestelle an ihrem Platz

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wefalck

#319
In der Zwischenzeit bin ich an einem Stadium angelangt, in dem ich mir eine Liste aller der kleinen Details machen mußte, die noch hergestellt und eingebaut werden müssen. Zu leicht vergißt man etwas im Schlußspurt. ...

Geschoßaufgabe-Kran

Die Geschosse und die Pulverladungen wurden aus Sicherheitsgründen in verschiedenen, abgeschotteten Abteilungen unter der Barbette gestaut und hatten daher auch verschiedene Aufgabeöffnungen. Die Pulveraufgabe war mit einem runden Deckel versehen, während die Geschoßaufgabe rechteckig war, damit die Geschosse in einem Geschoßwagen herausgehoben werden konnten.
Wie einem früheren Beitrag schon einmal diskutiert worden war, zeigt die Lithographie aus den frühen 1880er Jahren keinerlei mechanische Hilfsvorrichtung, um die rund 330 kg schweren Geschosse aus dem Geschoßraum auf die Ebene der Barbette heben zu können. Ein rein manueller Transport steht außer Frage. Andererseits zeigen aber die Zeichnungen, die im Zusammenhang mit einem späteren Umbau angefertigt wurden eine als ,Geschoßwinde' bezeichnete Winsch hinter der Barbettenwand im Deckshaus und einen einfachen, abgestützten Wandkran an dieser Wand. Aus diesen Zeichnungen ist nicht zu sehen, wieder Läufer geführt wurde, es muß aber für ihn eine Öffnung in der Barbettenwand gegeben haben. Ebenfalls nicht klar ist, wie die Geschützmanschaft mit den Leuten an der Winde im Inneren des Deckshauses kommuniziert haben.
In den gleichen Zeichnungen ist auch einfacher Wandkran für die Pulversäcke zu sehen, aber keine dazugehörige Winsch. Möglicherweise wurden die rund 45 kg schweren Säcke mit einem Takel aus dem Pulverraum herausgehievt.


Die zusammengebauten und bemalten Teile von Backbord

Dieses kleine Teil von nur 3 mm mal 3 mm Größe hat mich eine Menge Zeit und Mühe in der Herstellung gekostet. Ich mußte mehrere Versionen der Schnittvorlage für den Laserschneider zeichnen, bis vernünftige Teile zustande gebracht habe. Der Zusammenbau gestaltete sich ebenfalls nervenaufreibend und diverse Teile verabschiedeten sich in das unsichtbare schwarze Loch auf dem Werktisch, so daß sie neu angefertigt werden mußten. Die Leitrolle wurde aus 1 mm Stahldraht gedreht. 

Der Haken wurde aus verzinntem Kupferdraht gebogen und die Form mit Vallejo Acrylfarbe ,öliger Stahl' aufgebaut. Ein kurzes Stück selbstgeschlagenes Tau wurde in den Ring des Hakens eingespleißt und das runde Gewicht ebenfalls mit Acrylfarbe aufgebaut.

In gleicher Weise wurde der Pulverkran aus zwei Lagen lasergeschnittene Canson-Papier aufgebaut und in Zaponlack getränkt. Es gibt aber keinerlei Informationen wie er wirklich ausgesehen hat. Das Takel habe ich nicht dargestellt, da das Modell während einer Geschützübung dargestellt werden soll, in der keine scharfen Ladungen verwendet wurden. Lediglich der Schäkel in den das Takel eingehängt wurde ist dargestellt.

Lampenbretter
Ein weiteres Detail auf meiner Liste waren die Lampenbretter für die Positionslichter. Auf der allerersten Photographie von SMS WESPE ist zu sehen, daß diese am vorderen Ende des Deckshauses um die Barbette angebracht waren. Auf den Lithographien und in späteren Photographien befinden sie auch Ständern am hinteren Ende der Barbette und oberhalb der Reling.
Die drei Seiten der Lampenbretter wurden aus Canson-Paper lasergeschnitten, mit Zaponlack zusammengesetzt und dann entsprechend gepönt. Die Petroleumlampen sind nicht dargestellt, da sie tagsüber im Lampenschapp aufbewahrt wurden.


Die zusammengebauten und bemalten Teile von Steuerbord

Angesichts des Aufwandes and Zeit und Arbeit ist das eigentlich recht wenig Vorzeigbares ...

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wefalck

Die letzten beiden Wochen war ich auf Geschäftsreise, in Stockholm (einschließlich eines neuerlichen Besuchs im dortigen Seefahrtsmuseum ) und in Brüssel. Freitag und Sonnabend habe ich am Informationsstand der Association des Amis du Musée de la Marine, das nun endlich wiedereröffnet wurde ausgeholfen (siehe der entsprechende Beitrag). Also nicht viel Zeit für die Werkstatt. Immerhin habe ich Zeit gefunden die Treppengeländer fertigzustellen:

Treppengeländer

Diese Treppengeländer sind eine ziemlich empfindliche Angelegenheit, so daß ich die Arbeit daran so lange wie möglich hinausgeschoben habe, immer von ,innen nach außen' arbeitend, um andere empfindliche Teile nicht zu beschädigen.

Die Informationen dazu, wie Treppengeländer tatsächlich aussahen, ist etwas lückenhaft. Einige sind in der Lithographie gezeichnet und von der einen oder anderen Treppe sind Teile auf Photographien zu sehen. Es gab im Prinzip zwei Typen: aus rohr gebogene und solche mit geraden Stützen, die in Muffen auf den Treppenwangen gehalten werden, und mit hölzernem Handlauf.



Da die Metallteile in der Lithographie gelb ausgemalt sind, ist anzunehmen, daß sie aus Messing oder Bronze bestanden. Eine Photographie scheint einen Handlauf in nacktem Metall zu zeigen. Ich habe die Geländer also aus 0.3 mm Ms-Draht hergestellt. Im Moment glänzt dieser noch etwas stark, ich gehe aber davon aus, daß das Messing mit der Zeit etwas anlaufen wird.



Die Rohrgeländer wurden über einer skalierten Kopie der Lithographie in Form gebogen. Die Enden sind dort, wo sie an den Treppenwangen befestigt sind, flachgedrückt, was entsprechend im Modell nachvollzogen wurde.

Bei den Geländern mit Handlauf aus Holz habe ich etwas gemogelt. Anstatt einzelne Stützen zu fertigen habe ich ein Stück Draht dort, wo der Handlauf aufliegt flachgedrückt und dann die Stützen scharf abgebogen. Die Muffen wurden aus Ms-Rohr mit einem Außendurchmesser von 0,5 mm abgelängt, das sich auf den Draht aufschieben läßt. Eine Seite wurde entsprechend der Neigung der Treppe abgefräst. Der hölzerne Handlauf besteht aus jeweils zwei lasergeschnittenen Papierstreifen, die mit Zaponlack aufeinander laminiert wurden. In der Nachsicht wäre es vielleicht besser gewesen, die Geländer ganz aus Messing herzustellen und in einer Vorrichtung zu verlöten, was vielleicht ein saubereres Resultat ergeben hätte. 



Alle Teile wurden mit Zaponlack an den Treppenwangen befestigt.

Insgesamt, haben die eigentlich recht einfachen Teile ziemlich viel Zeit in Anspruch genommen.

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Aero

Wenn ich den Cent auf dem Modell sehe, wirkt das surreal, einfach unglaublich die Details in der Größe!  :P

wefalck

Und wieder ist mir das 'richtige' Leben dazwischengekommen, mit verschiedenen überwiegend privaten Reisen in Europe und natürlich die Vorbereitungen für Weihnachten. Nur geringe sichtbare Fortschritte, auch wenn die Vorbereitungen zur Installation in vollem Gange sind.

Installation der noch fehlenden Schornsteinstage

Immer dem ,Von innen nach außen'-Prinzip folgend, wurde die Installation der äußeren Schornsteinstage so lange zurückgestellt, als sie anderen Arbeiten hätten im Weg sein können.


Der fertig verstagte Schornstein

Die Stage bestanden wiederum aus Kette und diese wurde auf die gleiche Weise simuliert, wie schon z.B. die Relingsketten. Zum Glück sind die diese Kettenstage als gerissene Linien in der Lithographie dargestellt, so daß die Befestigungspunkte bekannt sind. Miniatur-Ringschrauben wurden durch verdrillte Drahtösen dargestellt, die auch noch lasergeschnittene Scheiben von 0,5 mm Durchmesser bekamen. Steifgesetzt werden die Stage mit einer Laschung aus Garn so wie es früher zum Stopfen von ,Damennylons' verwendet wurde.

Ich bin mir nicht mehr sicher, ob ich früher schon einmal Bilder von der Herstellung der simulierten Ketten gezeigt habe. Ausgangsmaterial war in diesem Fall schwarz ocidierter Konstantan-Draht (eine Cu/Ni-Legierung) von 0,06 mm Durchmesser. Das ist bisher beste Material, das ich dafür gefunden habe, da es reißfester ist als Kupfer.


Verdrillen von zwei 0.06 mm Drähten, so daß die Schlaglänge etwa der Länge der zu simulierenden Kettengliedern entspricht.


Der verdrillte Draht wird halbiert und dann nochmals mit sich selbst, aber in die Gegenrichtung verdrillt.


Die fertige ,Kette'.

Je nach Einsatzzweck könnte man die Kette noch mit etwas Graphit durch die Finger ziehen, um die Kettenglieder stärker hervortreten zu lassen.

Mikro-Marlspieker
Zwischenzeitlich habe ich auch etwas Zeit an der Drehbank verbracht und habe mir einen ordentlichen Marlspieker für die anstehenden Takelarbeiten zu fabrizieren. Bisher habe ich immer eine Injektionskanüle einfach in den Fingern gehalten, was aber nicht so praktisch war. Ich kannte zwar hohle Marlspieker aus der Arbeit mit Drahttauwerk, hatte aber nie daran gedacht, eine solchen auch im Modellbau zu verwenden. Dank ,archjofo' dafür, daß er seinen aus einem angeschärften Ms-Rohr hergestellten Marlspieker hier irgendwo beschrieben hatte.


Injektionskanüle als Marlspieker

Aus meiner Sammlung von Injektionskanülen wählte ich eine von geeignetem Durchmesser aus. Das Heft aus richtigem Ebenholz befand sich schon lange in meiner Krabbelkiste und wartete auf eine angemessene Verwendung. Ich nehme an, daß es aus dem Nachlaß meines Vaters stammt, der während des Krieges Medizin studiert hatte. Zu dieser Zeit wurden viele Instrumente besserer Qualität für biologische, medizinische oder Sezierarbeiten mit Ebenholz- oder Elfenbeinheften hergestellt – was ihnen aus heutiger Sicht einen ,wertigeren' Eindruck verleiht.

Das Heft hatte schon fast die richtige Form und Dimension und mußte nur noch im Bereich der Zwinge etwas abgedreht werden. Die Zwinge habe ich aus einem Stück 6 mm-Ms-Rundstab gedreht und entsprechend ausgebohrt. Für die 0,8 mm-Kanüle wurde ein tiefes Loch in das Heft vorgebohrt. Die Zwinge ist zwar ein fester Sitz auf dem Heft, wurde aber mit einem Tropfen Weißleim gesichert. Die Kanüle ist nur in das mit etwas Untermaß gebohrte Loch eingeschoben.


Mikro-Marlspieker

Injektionskanülen sollen natürlich durch die Haut schneiden und haben zu diesem Zweck sehr scharfe Kanten – nicht so praktisch für Takelarbeiten. Deswegen wurden diese Kanten mit einem Arkansasstein gebrochen.


Mikro-Marlspieker

Mit diesem Marlspieker kann man durchaus Bändselspleiße in 0,18 mm-,Tau' herstellen.

Der nächste Beitrag wird sich mit der Installation der Boote beschäftigen – vielleicht der größte Angstgegner an diesem Modell, da einige der Teile außerordentlich empfindlich sind.

Fortsetzung folgt ...
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wefalck

Und wiederum hat eine Geschäftsreise und der Kampf mit kleinen, empfindlichen Teilen diese nächste Folge des Berichts lange hinausgezögert ...

Installierung der Schiffsboote

Das war ein weiterer Angstgegner in diesem Projekt, wegen der Empfindlichkeit der Teile. Die Davits und die Blöcke der Bootstaljen sowie natürlich die Boote waren schon vor längerer Zeit hergestellt worden.

Es gibt nur eine einzige Photographie, die allererste von SMS WESPE, die das Arrangement mit den außenbords in Davits hängenden Booten zeigt. Es war zwar eine häufige Anordnung auf kleineren Kriegschiffen der Zeit aber schon zehn Jahre früher berichteten die Kapitäne der preußischen Kanonenboote, daß selbst moderater Seegang die Schiffsboote der Gefahr aussetzte weggerissen zu werden. Daher wurden schon sehr früh die Davits verlängert und die Boote auf Barrings gesetzt. Für dieses engültige Arrangement gibt es diverse photographische und zeichnerische Belege.

Auf irgendeine Weise muß verhindert worden sein, daß die Boote in ihren Davits hin- und herschwingen. Das übliche Arrangement dafür war eine hölzerne Stange, die quer vor die Davits gelascht wurde und gegen die die Boote mit Zurrings gezogen wurden. Ich habe mich für diese Option entschieden, auch wenn es dafür keine Belege gibt. Es gibt dazu aber noch zwei offene Fragen, nämlich, ob die Zurrings aus Leinwandstreifen bestanden oder Plattlings waren und ob an der Stange Polster angebracht waren. Alle diese Optionen sind auf zeitgenössischen Photographien und Modellen andere Schiffe dokumentiert.

Ich habe vor kurzem wieder einmal das Marinemuseum in Stockholm besuchen können, das mich an eine mögliche Lösung an einem Modell der fraglichen Zeit erinnert hat. Die Bootszurrings bestehen dort aus Leinwand an deren Ende dreieckige Ringe eingenäht sind. Die Ringe sind in ein Auge am Kopf des Davits angelascht, laufen dann diagonal um das Boot, hinter dem anderen Davit herum und werden mit einer zwischen den beiden Zurrings mit einer Talje steigesetzt. Es befinden sich keine Polster auf der Stange.


Zurrings auf der Schachtel mit dem Buch-Reperaturband

Ich habe beschlossen, auf die Talje zu verzichten und nur eine Laschung zu verwenden, da der Zugang hinter den Booten schon schwierig genug ist.

Die dreieckigen Ringe wurden aus 0,15 mm verzinntem Kupferdraht hergestellt, der um das Heft einer Dreikantfeile mit 1 mm Kantenlänge gewickelt wurde, wovon dann die einzelnen Ringe abgeschitten wurden. Die Zurrings selbst bestehen aus einem speziellen Material, nämlich Seidenpapierband das mit einem hitzeaktivierten Akrylkleber belegt ist. Solches Band wird z.B. zur Reperatur von Buchseiten verwendet. Die Marke usw. sind auf einem der Photos unten zu sehen. Die 1 mm breiten Streifen wurden mit einer neuen Skalpellklinge Nr. 11 zugeschnitten und zur Mitte hin gefaltet, wobei die Ringe in die Enden eingelegt wurden. Das Material ist etwas klebrig, was bei diesen Operationen hilft. Der Kleber wurde mit dem Heißluftlötgerät aktiviert, das auf 110°C eingestellt worden war, wobei die Hälften mit einem Anreibelöffel  (wie man ihn in alten Zeiten für Anreibebuchstaben verwendet hat) aufeinander gedrückt. Dies Zurring wurden abschließend mit Vallejo-Acryl, Farbton ,Hanf', bemalt.


Zurrings im Detail

Es brauchte mehrere Anläufe, um eine brauchbare Sequenz für den Einbau der Davits, der Stange, Zurrings und Bootstaljen zu finden, angesichts auch der schwierigen Zugänglichkeit. Schlußendlich wurden zunächst die Zurrings an die Davits gelascht, dann die Taljen eingehängt und die laufende Part auf der Klampe hinter den Davits belegt.


Die zur Installation an Bord vorbereiteten Davits.

Die Davits wurden dann mit einem Tropfen Weißleim in ihre Sockel eingesetzt. Im nächsten Schritt wurde die Stange an die Davits gelascht. Danach konnten die Zurring ausgelegt und deren Laschung hinter den Davits eingefädelt werden.


Davits bereit zur Hängung des Bootes.

Damit sind die Davits zur Aufnahme des Bootes vorbereitet, das hinter die Zurrings geschoben wird und wonach die Bootstaljen in die zugehörigen Ringe am Boot eingehakt werden. Anschließend können die Zurrings mit der Laschung steif gesetzt werden, so daß das Boot gegen die Stange zwischen den Davits gezogen wird.


Kutter in den Davits gestaut.

Unter dem Strich verlief die ganze Operation recht zufriedenstellend. Allerdings hängt das Boot um einige Millimeter zu tief. Der Kiel hätte eigentlich auf der Höhe des Handlaufs der Reling sein sollen. Irgendwie sind mir Bootstaljen zu lang geraten wobei auch die Haken schon eine Idee zu lang sind.

Das ist nicht 100%ig befriedigend, aber ich werde jetzt nicht den ganzen Prozeß der Blockherstellung usw. wieder aufrollen. Nehmen wir einfach an, daß die Crew etwas nachlässig war und die Offiziere das noch nicht bemerkt haben ...

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marjac99

Zitat von: wefalck in 05. Februar 2024, 21:25:40Nehmen wir einfach an, daß die Crew etwas nachlässig war und die Offiziere das noch nicht bemerkt haben ...

Du bist ein Mensch, und keine Maschine?  8o   :7:

Fantastisch, was du hier wieder zeigst (auch wenn ich kaum ein Wort von dem verstanden habe, was Du geschrieben hast). Aber die Bilder sprechen für sich.
lieben Gruss,
Martin
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