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50 Jahre Mondlandung: Saturn IB, 1:144

Begonnen von hakkikt, 21. Juli 2019, 18:45:10

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hakkikt

Wann, wenn nicht heute, ist ein guter Tag, diesen Baubericht zu starten.... heute vor 50 Jahren holte ein Vater seinen gerade schulpflichtigen Sohn mitten in der Nacht aus dem Bett, um die ersten Schritte eines Menschen auf dem Mond zu sehen.  Damals hab ich vieles nicht begriffen (z.B. warum die Aufnahmen so schlecht waren :) ), heute bin ich dankbar, irgendwie live dabei gewesen zu sein.


Zum Original:

Die Saturn IB ist die ältere, aber kleinere Schwester der Mondrakete Saturn V.
Die Saturn-Familie im Überblick (klein = Saturn I / IB, groß = Saturn V):


Die Saturn IB besteht im oberen Teil aus dem, was später die 3. Stufe der Saturn V werden sollte (S-IVB), d.h. ab der ersten Verjüngung der Saturn V (von unten gesehen) sind die zwei zu großen Teilen identisch.
Der wesentliche Unterschied liegt im unteren Teil: wo die später gebaute Saturn V zwei fette Stufen hatte, um die voll beladene S-IVB in die Erdumlaufbahn zu bringen, reichte der Saturn IB eine einzelne Stufe, die aus dem Sauerstofftank einer Jupiter-Rakete und acht drumherum drapierten Tanks von Redstone-Raketen (vier mit Flüssigstauerstoff [LOX] und vier mit Brennstoff [einer Art Kerosin]) bestand.  Sie hatte acht Triebwerke, von denen die äußeren vier beweglich gelagert waren.

Die Saturn IB diente im Wesentlichen der Erprobung der verschiedenen Komponenten des Apollo-Programms; einige wenige Starts dienten dem Transport von Astronauten zur Raumstation Skylab.

Gleiches Ziel (niedrige Erdumlaufbahn), gleiche Oberstufe (S-IVB) - wieso ist dann die eine Rakete doppelt so hoch wie die andere?

Der Unterschied liegt in der Nutzlast. Die Saturn IB war nicht in der Lage, eine Mondlandefähre UND ein Kommandomodul gleichzeitig in die Erdumlaufbahn zu bringen.  Auch wenn z.B. bei der Mission AS-202 (im Bild unten in der Mitte) die Oberstufe aussah wie die einer Mondrakete, fehlte hier (1) die Crew und (2) die Mondlandefähre.  Bei der Mission AS-204 (im Bild rechts) wurde die Mondlandefähre erprobt, aber das Kommandomodul war nicht aufgesetzt.


Zum Bausatz

Der Airfix-Bausatz der Saturn IB ist ein Veteran aus dem Jahre 1970.
Seit ich meinen ersten Airfix-Katalog in Händen hielt (das war glaube ich der von 1976), war der Bausatz auf meinem Radar, aber nicht ein einziges Mal in irgendeinem Laden zu ergattern.
2014 war sie bei in einem Onlineshop zu haben, und war eh klar, was passieren mußte. :)

Der Airfix-Bausatz teilt in vielen Aspekten die Eigenschaften des Saturn-V-Bausatzes.  Die Formentechnologie ist die der 60er Jahre, und so kann man nicht erwarten, daß alles super paßt oder überall scharfe Kanten vorherrschen.  Damit kann man natürlich gut leben.

Was die Saturn V und die Saturn IB auch gemeinsam haben (oder besser: hatten), ist das falsche Kommando- und Servicemodul ("CSM", der silberne Zylinder mit der kleinen Kegel ganz oben auf der Rakete - weiter oben ist nur noch die Rettungsrakete).  Die Bausätze entstanden auf der Grundlage der Pläne des CSM Block 1; nach dem Brand (am Boden) der Kommandokapsel von Apollo 1, bei dem Grissom, Chaffee und White ums Leben kamen, wurde das CSM umkonstruiert, und nur diese Variante flog jemals bemannt.  Die Mission AS-201 (Test des CSM Block 1) trug tatsächlich das von Airfix dargestellte CSM, doch alle weiteren (und vor allem alle bemannten) Apollo-Missionen flogen nur mit dem CSM Block 2.

Glücklicherweise hatte Airfix ein Einsehen, und ab einem bestimmten Punkt der Modellgeschichte (ich glaube, alle roten Schachteln) wurde der oberste Teil des Modells neu gestaltet, und entsprechend liegt den Bausätzen ein neuer Spritzling bei.  Unter anderem wurde der Durchmesser des CSM dem maßstabgerechten angepaßt und merkbar vergrößert.

Was passiert, wenn man die "alte" Kommandokapsel auf das "neue" Servicemodul setzt, sieht man hier (rechts daneben das CSM mit der Verkleidung der Kommandokapsel, die dem Servicemodul angepaßt wurde):
BB-S-IB_04.jpg
BB-S-IB_05.jpg

Mit etwas Bauchweh, weil ich noch nie ernsthaft mit Resin gearbeitet habe, habe ich mir das weithin gelobte Upgrade-Set von Thomas Kladiva für die Saturn IB geleistet.
https://www.scalemates.com/kits/new-ware-nw133-saturn-ib-apollo-detail-set--1081036

Die Resinteile waren mir zu viele, um sie anständig geordnet zu fotografieren... und ehrlich gesagt weiß ich bei 70% der Teile (nach Masse gerechnet) nicht, wohin sie kommen. Ich vertraue einfach darauf, daß das Ganze keine Hexerei sein kann, und daß ich schon zurechtkommen werde. :D

Hier sind aber die dazugehörigen Ätzteile:
BB-S-IB_02.jpg

Und los gehts.

hakkikt

#1
Als ersten Schritt muß man sich überlegen, wie man die Rakete darstellen will.

Die Stufen der Airfix-Saturns können durch Bajonettverschlüsse voneinander gelöst werden.  Das fand ich bei meiner ersten Saturn V (noch existent, aber nicht wirklich zeigbar :) ) voll klasse und habe sie sicher 100x auseinander- und zusammengebaut, um die Mondmission nachzuspielen.  Wenn die Rakete umfällt (soll vorkommen), brechen natürlich die kleinen Verschlüßchen, und man kann die Stufen nur noch zusammenstecken und spart sich das Drehen.  Und natürlich hat das Ganze wesentliche Auswirkungen auf das Aussehen... soll heißen:  Stufen, die man voneinander trennen kann, sehen getrennt nicht mehr besonders originalgetreu aus.

Ich bin also über meinen Schatten gesprungen und habe mich entschieden, den Bausatz komplett zu verkleben.  Dabei geholfen hat mir  (1) daß Apollo 7 (die Mission, die ich darstellen will) ohne Mondlandefähre geflogen ist, der langgezogene Konus also ohnehin leer sein müßte, und  (2) daß die Oberseite der ersten Stufe sowas von nicht zum Original paßt und ich mir die Arbeit sparen kann, sie anzupassen. :)

Es wird also die erste Stufe zusammengebaut.  Eine "Decke", ein "Boden", zwei Seitenteile.  Und dann noch eine Art Zusatzstockwerk, bestehend aus einem Ring, der die Flossen trägt, und einem Boden für die Triebwerke.
Den Zwischenraum zwischen den beiden "Böden" habe ich mit Bleikugeln gefüllt, damit die Rakete etwas besser steht.  Leider nicht fotografiert.  :2:

Airfix hätte gern, daß man den untersten Boden (den Hitzeschild) so einklebt, daß von den Wandteilen noch etwas übersteht.  Wie das Foto weiter unten zeigt, stimmt das nicht.  Aber wie bringe ich den Boden dazu, nicht nach unten an seine vorgesehene Klebeposition zu fallen?

Ich habe es so gelöst: zwischen Hitzeschild und Zwischenboden kommt etwas zusammengeknüllte Küchenrolle, um den Hitzeschild zum "Schweben" zu bringen; mit einem geraden Metallteil wird der Hitzeschild dann so beschwert, daß er fluchtend mit der Außenkante liegt.  Dann mit ein paar Tropfen 2-Komponenten-Epoxy erstmal so einkleben, daß er hält - die federnde Küchenrolle von unten und das schwere Metallteil von oben verhindern, daß sich der Boden bewegt.  Natürlich später rundherum einkleben, spachteln und schleifen.
BB-S-IB_01.jpg

Leider folgt daraufhin bereits die erste Schnippelorgie, denn das Unterteil der Saturn IB von Airfix und das der Saturn IB von Apollo 7 haben nicht sehr viel gemeinsam, wie dieses Foto einer Saturn IB im Kennedy Space Center zeigt:

hakkikt

#2
Das bedeutet:
- Weg mit den vier vorstehenden Verkleidungen für die äußeren Triebwerke.
- Boden schön plan schleifen.
- Flossen entfernen.
- Rippenteile am Flossenträger verspachteln.  Schön rund natürlich.
- Neue Flossen aus Resin aussägen  :rolleyes: und ankleben.
- Korrekte Rippenteile aus Ätzteilen anbringen.
- Neuen Ätzteil-Hitzeschild anbringen.

Zur Verdeutlichung ein Bild im Profil: man kann erkennen, wie die Verkleidungen ein paar Millimeter überstehen - soviel weiter aussen ist der Boden angeklebt worden.
Alles oberhalb der roten Linie muß weg.
BB-S-IB_07.jpg

Momentaner Status: Flossen sind weg.
BB-S-IB_03.jpg

Man sieht gut den Unterschied zwischen den alten und den neuen Flossen.  Garantiert eine Verbesserung, wenn es denn gelingt, die brüchigen Flossen mit dem winkeligen Ansatz ohne Beschädigung vom Anguß zu lösen.  Hab ich ehrlich gesagt meine Bedenken, aber wenn mans nicht probiert... ich hoffe einfach, ich kann etwaige Schäden gut ausbessern.
Update folgt nach erfolgter Operation. :)

pilotace

Das ist ja schon mal ein sehenswerter "Lift Off" den du hier hinlegst, sehr anschaulich dokumentiert bisher, bitte weiter so!
Vorallem gehst du auch auf die Unterschiede der diversen Versionen und Missionen ein, gefällt mir. :P

Eine kleiner Einwand: Die 1. Stufe der Saturn 1 wurde nicht, wie oft in den üblichen Quellen zu lesen, aus "überschüssigen" Tanks der Jupiter und Redstone Raketen gebaut. Vielmehr hat man die bereits vorhandenen Maschinen und Werkzeugformen der besagten Raketen genutzt um die Tanks für die Saturn 1 zu bauen, die waren aber erheblich länger als die "originalen" Tanks. Klar, der Bezug zu Jupiter und Redstone ist vorhanden, aber es war nicht so dass man etwas aus "Lagerware" zusammengebastelt hat. Aber das nur als Ergänzung am Rande.


Zufälligerweise habe ich genau diesen Bausatz auch noch im Lager liegen und liebäugle auch schon länger mit dem NewWare Detail Set. Mir fehlt ebenso jegliche Erfahrung mit Resin und Fotoätzteilen, von daher bin ich gespannt wie du dich schlägst! :pffft:

Sind die Umbauten und Details der SA-205 (Apollo 7) im NewWare Kit aufgeführt oder benutzt du noch andere Quellen?

Gruß
Daniel

hakkikt

NewWare bietet jeweils eigene Umbaukits für Apollo 1, SA-203, SA-204 und für die Airfix Apollo 7 an.
Ich nehme an, die anderen Kits enthalten dann auch entsprechende Resinteile.
Ein Vergleich der Unterschiede zwischen den Missionen findet nicht statt - tatsächlich enthält die Anleitung von NewWare nur wenig Text, hauptsächlich Zeichnungen und Nummern von Teilen, die am fertigen Modell schattiert dargestellt werden.  Muß man sich ein bißchen durchbeißen, aber es ist alles da, und man muß halt mitdenken, was man jetzt wohl wegschneiden muß.

Zur Quellenlage: Ich hab mir im Lauf der Zeit eine Menge Info zusammengetragen, wahrscheinlich mehr als für einen zügigen Baufortschritt gut ist :)
Zum Beispiel:
http://heroicrelics.org/info/saturn-i-and-ib/saturn-i-ib-turbine-exhaust/?C=S;O=A
Irgendwo muß halt dann Schluß sein... :D

bughunter

Erstmal - sehr schöner BB, gerade für mich als Nicht-Experten :P

Zitat von: hakkikt in 21. Juli 2019, 18:45:10
heute vor 50 Jahren holte ein Vater seinen gerade schulpflichtigen Sohn mitten in der Nacht aus dem Bett, um die ersten Schritte eines Menschen auf dem Mond zu sehen.
Ich ging noch nicht zur Schule, wurde aber auch aus dem Bett geholt und kann mich noch an diese s/w-Bilder und die Situation erinnern.

Zitat von: hakkikt in 21. Juli 2019, 18:45:10
Mit etwas Bauchweh, weil ich noch nie ernsthaft mit Resin gearbeitet habe
Ich säge und schleife das Zeug nur nass, da der Staub ungesund ist, aber das weißt Du sicher.
Hast Du eine scharfe Resinsäge? Falls nicht kann ich die Sägen von RB Productions empfehlen:
http://www.radubstore.com/index.php?main_page=index&cPath=77_112

Viele Grüße,
Bughunter

Wikipedia sagt: "Ein Modell ist ein vereinfachtes Abbild der Wirklichkeit."
Deshalb baue ich lieber verkleinerte Originale.

f1-bauer

Interessanter baubericht  :P

Ich durfte das damals auch sehen - ich war acht und wir hatten noch einen s/w Fernseher. Am Samstag kam die Original-Sendung von 1969 im WDR - in Farbe  :D - Günther Siefarth, Ernst von Khuon, aufgeschnittenes 1:1 Modell der Mondfähre, über ein Dutzend Professoren in Reih und Glied usw. Mann wie haben die damals Fernsehen gemacht  8o.

Vieles hatte ich vergessen, aber ein paar Dinge waren noch im Gedächtnis - der Typ, der imm an der Magnettafel erklärt hat, wo die Schiffe gerade sind - die zwei Figuren, die in dem LM rumgehampelt sind - die belehrende Art aller beteiligten - diese hektischen Aufrufe: Köln ruft Houston, wie lange noch? Haben sie präzise Informationen aus dem Kontrollzentrum?

War schon sagenhaft.

Gruß
Jürgen  :winken:

hakkikt

#7
Also los gehts mit Bearbeiten. Schleifen und Spachteln, meine Lieblingsarbeit!  :2:
Zur Erinnerung: acht Flossen abgetrennt (natürlich nicht restlos), und alles was an Rippenstruktur im Bereich der Flossen zu sehen war, muß weg - neue Rippen werden später an den richtigen Stellen angebracht, in Form von Ätzteilen.

Mit 400er-Papier geht nichts weiter, also her mit einem Buchenbrettchen und dem 180er-Schleifpapier drüber.
Ergebnis: sieht rund aus, im Streiflicht sieht man, daß sich die Hoffnung nicht erfüllt hat, ohne Spachteln auszukommen. :)

Man sieht ausserdem, daß das Glätten des Bereichs für die Flossen erst der Anfang ist - die unterste Stufe der Saturn IB ist nicht rund, sondern setzt sich aus acht Zylinderoberflächen zusammen, die dann in einen Kegel übergehen. Muß auch alles glatt werden, da wird man hinschauen...
BB-S-IB_08.jpg

hakkikt

#8
Und hier kommt die erste Resinbearbeitung.  Zuerst einmal bitte ich um Nachsicht von den Routiniers - wie gesagt, habe ich noch nie ernsthaft mit Resin gearbeitet, also war das Sägen der Resinteile ein bißchen ein Angstgegner für mich.  :1: Vielleicht gehts ja anderen auch so, drum schreibe ich mal, wie ich vorgegangen bin.

Die Anleitung von NewWare hat meine Besorgnis auch nicht gerade zerstreut: sie schlagen zwei Alternativen vor, wie man die geknickte Sägelinie verwirklichen kann (geknickt sägen oder mit 2 Schnitten auseinandersägen und dann wieder zusammenkleben).
BB-S-IB_10.jpg

@bughunter: Vielen Dank für den Tipp mit der Säge!  Ich hatte mir schon eine andere besorgt, also versuch ichs erstmal mit der, aber sie ist aufgrund der Bauweise auf nicht sehr tiefe Schnitte beschränkt, da werd ich mir noch was Anderes besorgen.

Es geht also los mit Sägen.
Ich beginne dort, wo das Resin am stärksten ist (im Foto rechts), aber nach ein paar Millimetern wird mir klar, daß es nicht besonders klug ist, sich den dünnsten Teil für den Schluß aufzubehalten... da bricht wohl am ehesten was.  Also Planänderung, und weiter gehts von der scharfen Vorderkante aus.  Zur Sicherheit immer einen Millimeter oder mehr von der eigentlichen Schnittkante entfernt - hinterher zur "richtigen" Kante hin abfeilen/-schleifen ist weniger mühsam als frustriert ein falsch eingesägtes Teil in der Hand zu halten.
BB-S-IB_09.jpg

Absägen hat geklappt, jetzt weiter mit der Feile in Richtung Kante.
BB-S-IB_12.jpg

Die Feile war dann doch zu schwach, das Brettchen mit dem 180er-Schleifpapier war grade richtig.
Man sieht auch, was für eine tolle Qualität das Resinteil hat - keine Bläschen, keine Bearbeitungsspuren, einfach nur sauber. Das Resin war auch angenehm zu sägen, dicht und feinkörnig.
Und: fertig.  Jetzt das Ganze noch siebenmal...
BB-S-IB_11.jpg

Testpassung an der Raketenstufe: paßt 1A.
BB-S-IB_06.jpg

Flugwuzzi

Prima wie diese Resinteile den Airfix Oldie aufwerten  :P
Dein Baubericht ist sehr interessant und da bleib ich gerne dran  :1:

lg
Walter
DAS GEHEIMNIS DES ERFOLGES IST ANZUFANGEN. (Mark Twain)