Florentinische Armee um 1260 im Maßstab 28mm....update 11.05.13!

Begonnen von T. Dürrschmidt, 25. Oktober 2012, 00:14:39

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T. Dürrschmidt

Hallo zusammen,

nach langem hin und her habe ich mich endlich dazu durchgerungen, mit meinem nächsten Großprojekt in die Pötte zu kommen. Ein florentinischer Carroccio (ausgesprochen Karrodscho) um das Jahr 1260. Der Carroccio war eine Art von Ochsen gezogener Prunk- oder Fahnenwagen. Er diente als mobile Gottesdienstplattform, zur moralischen Erbauung der Truppen und als Sammelpunkt für die Armee.

Ich will also eine Armee der Stadt Florenz zur Zeit der italienischen Kommunalkriege auf dem Marsch darstellen. Die italienische Firma Mirliton bietet dafür alles, was das Herz begehrt. Vom Fahnenwagen angefangen, über die "Martinella" (ein fahrbarer Glockenturm) bis hin zu den begleitenden Rittern, Fußknechten, Troßleuten, Maultieren, Wägen, Gepäckkarren, etc. etc....

Also habe ich mich in Kulmbach vor drei Jahren mit diesen Sets eingedeckt und fange nun endlich an. Den Fortgang möchte ich hier dokumentieren. Wenn alles gut läuft, will ich den Wagen nächstes Jahr in Kulmbach auf dem Dioramenwettbewerb ausstellen.

Erstmal das Herzstück des Zuges, der Carroccio. Er wird später noch mit Priestern und Trompetern bestückt werden. Das Trumm zu bauen war echt ein "Pain in the a..", wie ich in einem englischen Forum dazu schreiben würde. Alles aus Zinn, große schwere Platten, die nicht sonderlich gut zusammenpassen, teils doppelte Teile, teils fehlende Teile, Grate ohne Ende. Das Ding hat mich echt Nerven gekostet. Das Gewicht des Wagens ist zum Beispiel so hoch, dass sich die Zapfen der Räder verbiegen und die Räder mit der Zeit nach innen grätschen. Aber mit dickflüssigem Sekundenkleber im Wert von ca. 5 Euro und ein paar Stahlnadeln geht doch irgendwann alles.



Die Größe dieses Teils wird deutlicher, wenn man mal Figuren daneben stellt. Da hat es Herr Grazzini (der Designer) schon gut gemeint. Aber gut, das Teil ist ja das Herzstück des Zuges und soll ruhig wuchtig sein und auffallen. Für den kritischen Zeitgenossen (sowas hätte doch nie die Fahrt auf den holprigen Straßen überstanden) sei gesagt, dass durchaus dran gedacht wurde, eiserne Bänder und Verstrebungen an den Wagen anzumodellieren. Meist auf der Unterseite, die man natürlich nicht mehr sehen kann. Aber sie sind da.  



Figurenmäßig habe ich also mit den Fußknechten begonnen. Es werden zwei Sets mit Marschierern angeboten. Eins mit Armbrust- und Bogenschützen, eins mit Hieb- und Stichwaffenträgern.  Zusammen 24 Figuren. Über die Hälfte habe ich schon. Es sind alles Multipose-Sets in Zinn, die sind unterteilt in Unterkörper, Oberkörper, Arme, Kopf, Waffen, etc. So gut das System bei Plastefiguren auch hinhaut, bei Zinnfiguren ist es Horror, erstmal die ganze Entgraterei, dann gefühlte Liter von Sekundenkleber zum Zusammenbau und es passt hinten und vorne nix. Bei den Bogenschützen haben dann noch alle Pfeilköcher gefehlt. Also habe ich mir mit Perry- und GW-Teilen beholfen. Bei der Gelegenheit kamen auch gleich einige Plastikköpfe anderer Hersteller zum Einsatz (Perry und Fireforge Games).








Bei der Bemalung versuche ich möglichst viele Beige- und Brauntöne reinzubringen. Eben für die Gambesons oder Lederpanzer, welche die meisten Knechte tragen. Aber auch etliche Farbtupfen. Hoffe, das wirkt einigermaßen stimmig.

Dann kommt das nächste Problem, zu dem ich gerne Euere Meinung hätte. Herr Grazzini hat es meines Erachtens mit seinen Zugochsen für den Wagen etwas übertrieben. Siehe Foto. Diese Ochsen sind wahre Monster. Sind ca. doppelt so groß/breit wie die Zugochsen, die es von den Perrys gibt. Und sie sind um etliches größer als ein Reitpferd in 28mm. Zum wuchtigen Wagen passen sie hervorragend. Neben einem Menschen wirken sie doch relativ monströs. Auf dem Diorama werden natürlich Ochsenführer mit von der Partie sein. Ich habe viel hin- und herüberlegt. Bin aber letztendlich zu der Entscheidung gelangt, dass ich sie statt Dutzender von Perry-Ochsen und völlig neu konzipierter Anspannvorrichtung für den Wagen vielleicht doch verwenden möchte. Eventuell kürze ich die Hufe etwas ein und stelle die Ochsen auf dem Diorama in Wegfurchen, damit sie etwas kleiner wirken.
Was meint ihr, gehen die noch als realistisch durch? Das ist ungefähr ein Pfund Zinn pro Ochse.


tigrazor2012

#1
Pfff... was sagt man dazu. Mal wieder ein ausgefallenes Projekt in meinem Lieblingsmasstab (jedenfalls was Figuren angeht). Un endlich weiss ich, wie dieser fahrbare Glockenturm im Original heisst, den GamesWorkshop so oft abgekupfert hat.  :D So weit ist die Szene schon mal super gelungen. Ich nehme mal schwer an, dass die Figurensockel nur der leichteren Bemalung dienen und noch entfernt werden?! Die Fahnen sind vorgedruckt oder in Eigenarbeit entstanden? ;)

Mein Beileid für die Zinnfiguren hast Du, was ich da beim Samurai-Dio*nacharbeiten musste (ein Teil der Figuren stammt ebenfalls von Perry)... Tztztz. Aber: Wir haben es ja so gewollt ;) Die Bemalung ist echt super bisher und wirkt sehr stimmig. Ob sie auch authentisch ist - da bin ich überfragt!

Lucas.

*
http://www.modellboard.net/index.php?topic=41773.0

Michel

...der Wahnsinnige ist wieder da!!!! :3:

Da mußt du in Kulmbach bei der Preisverleihung aber auch einen Anzug anziehen... X(

Bernd B.

Sehr schön gemacht bislang - allerdings gefällt mir persönlich der Carroccio von Perry weitaus besser.

Bradhower

ich bin fassungslos von so viel Liebe zum Detail....  8o


tigrazor2012

Zitat von: Michel in 25. Oktober 2012, 07:57:04
...der Wahnsinnige ist wieder da!!!! :3:

Da mußt du in Kulmbach bei der Preisverleihung aber auch einen Anzug anziehen... X(

Meinst Du jetzt Jens Nissen oder.... ;)

Minimoy

echter Wahnsinn , dein Figurenmalerei.... ich würde übrigens doch lieber kleiner Ochsen nehmen, allein schon um nicht am Ende ein Ochsendorama zu haben... die Hufelefanten drängen sich sonst unangebracht un den Vordergrund!
LG
M

T. Dürrschmidt

Danke für Euere Kommentare und Tipps! Inzwischen wurde an anderer Stelle das Geheimnis um die Riesenochsen auch gelüftet. Es handelt sich um sogenannte Chianina-Rinder, die größte Rinderrasse der Welt. Also werde ich sie wohl so verwenden.




Dazu Wikipedia:

Das Chianina ist die größte Rinderrasse der Welt. Bereits auf Darstellungen der Etrusker finden sich Chianina-Rinder und schon Plinius der Ältere hat sie erwähnt: Sie sind die älteste Rinderrasse Italiens. Chianina-Rinder stammen ursprünglich aus der Toskana, Umbrien und den Marken in Mittelitalien. Der Name Chianina leitet sich vom Chiana-Tal in der Toskana ab.

Die Stiere werden bis zu 180 cm groß und 1500 kg schwer. Chianinakühe erreichen eine Widerristhöhe von 160 cm und ein Lebendgewicht von 800 kg. Die Tiere sind rein weiß, die Kälber werden jedoch mit rötlich braunen Haarkleid geboren. Das Fleisch dieser Tiere hat eine außergewöhnliche Qualität und wird in der Toskana oft als Bistecca alla fiorentina angeboten.

Das ursprünglich als Arbeitstier gezüchtete Rind wird heute als reines Fleischrind gezüchtet und aufgrund seiner Tropentauglichkeit als Kreuzungspartner für Rinder aus Entwicklungsländern genutzt.

Das Rind gilt als besonders sensibel und mag keine Veränderungen. So kann beispielsweise das Wechseln des Besitzers eine Verschlechterung der Fleischqualität zur Folge haben.

1955 stellte der Chianina-Stier "Donetto" in Arezzo einen bis heute gültigen Rinder-Gewichtsrekord mit 1740 kg auf.

Am 8. November 2007 kam der Chianina-Ochse "Fiorino" mit einer Widerristhöhe von 2,05 m ins Guinness Buch der Rekorde.[1]

Jedes Jahr am letzten Juni Wochenende findet in einer alten italienischen Kleinstadt namens Sestino die "Sagra della Bistecca Chianina" statt.


T. Dürrschmidt

Zitat von: tigrazor2012 in 25. Oktober 2012, 11:47:24
Zitat von: Michel in 25. Oktober 2012, 07:57:04
...der Wahnsinnige ist wieder da!!!! :3:

Da mußt du in Kulmbach bei der Preisverleihung aber auch einen Anzug anziehen... X(

Meinst Du jetzt Jens Nissen oder.... ;)

Ne, das war ein Insider-Joke. Der Michel hat letztes Jahr in Kulmbach Gold und "Best of Show" für sein Bauernkriegsdio gewonnen. Ich hab nur gesagt, er soll sich das nächste mal etwas dem Anlass entsprechender anziehen und nicht in T-Shirt und Shorts dort auflaufen.

Die Fahnen sind übrigens aus bedrucktem Papier und liegen dem Modell bei. Allerdings habe ich sie noch etwas nachgemalt und matt lackiert. 

tigrazor2012


Michel


tigrazor2012

Ach DA hast Du Dich versteckt. ;) Super Sache, das Diorama. So, genuch OT hier, jetzt kanns mit den Florentinern weiter gehen.

Lucas.

T. Dürrschmidt

Und weiter geht´s mit den weißen Riesen. Ich zeige Euch die Malstufen an den sechs Zinnochsen.

1. Grundierung mit Sprühfarbe Mattweiss
2. Grundbemalung der Details in Mattschwarz
3. Erste Farbschicht der Details
4. Überzug mit Armypainter "soft tone"
5. Nach Trocknung Farbschichten und Farbakzente (sehr dünnflüssig gemische Farben)
6. Letzte Details und Lichter mit abschließendem Mattlacküberzug.





Das Endresultat. Ich bin ganz zufrieden damit. Als nächstes werden dann die Joche und die Wagenbesatzungen bemalt.

T. Dürrschmidt

Und des nächtens wurd gepinselt.....es geht weiter mit den Kriegsknechten und der Wagenbesatzung. Die Fotos sind diesmal etwas schlechter geworden. Bitte beachten, das sind 28mm Figuren. In der Vergrößerung hier verlieren sie doch etwas an Charme.






Hier kann man den an sich guten Multipose-Charakter der Figuren sehen. Auch wenn sie Hände wie Klodeckel haben...







Die fanatischen Kleriker versuchen den religiösen Eifer der Soldaten anzufachen. Figuren von Wargames Foundry


Mit Musik geht alles besser. Der Mirliton Trompeter links wäre eigentlich 2 x im Carroccio-Set enthalten gewesen....wäre. Gott sei Dank habe ich noch einen alten Bretonentrompeter im Fundus gehabt. Der ist eh schöner modelliert.


Die Arbeit an den Fußknechten ist damit so gut wie abgeschlossen. Vielleicht füge ich noch ein paar Plastikumbauten mit dem neuen Fußsoldaten-Set von Fireforge-Games ein. Eine bunte Truppe. Dennoch tragen die Soldaten viele gemeinsame Elemente. Die Stadtfarben kommen auf den kleinen Kreuzabzeichen vor, auf Schilden, Kleidungsstücken und auf den bemalten Helmen.

Als nächstes werde ich erst mal wieder Tonnen von Zinnteilen entgraten, schleifen und kleben müssen. Die 12 Ritter harren der Behandlung.


Corum

Hallo!

Um es kurz zu machen: Wirklich Klasse!!!

Besonders gut finde ich deine Bemalstufen Bilder der Ochsen. Schön das auch ein alter Bretone Einzug in die Reihen deiner Figuren gefunden hat (habe damals bei Warhammer u.a. Bertonen gespielt und auch noch nen ganzen Haufen davon hier unbemalt liegen...).

Freue mich auf die nächsten Updates.

Gruß Christian

Der Hoff

Also das mit den Ochsen, echt top. Find ich genau stimmig die Viecher.

Was mir aber nicht so gefällt sind die Figuren, nein nein nicht die Bemalung die ist wahrlich gelungen, aber die Detailierung ist  :2: kann mich mit diesem Maßstab so garnicht anfreunden. Hände zu groß, Köpfe ... irgendwie passt das für mich hinten wie vorne nicht, anscheinend legt man in diesem Maßstab wenig wert auf Maßstabsgenauigkeit, ist irgendwie sehr schade. Da sind viele 1:72 Figuren besser modelliert, aber dafür kannst du ja nix.

Und in der Masse gehen zum Glück viele Sachen unter. Das Projekt ist dennoch große Klasse  :P :P  und ich werde es mit großem Interesse weiter verfolgen.

:winken:

Georg


Corum

Hallo Georg,

da muß ich intervenieren: Es gibt im 28mm Maßstab sehr wohl proportional korrekt modellierte Figuren. Es kommt immer auf die Macher der Figuren und auch die Vertreiber an. Games Workshop Figuren sind zB größtenteils sehr übertrieben modelliert, Figruren von Dark Sword zB wiederum sehr realistisch. Beides Hersteller von Fantasyfiguren aus Zinn (okay, GW mittlerweile nicht mehr...). Und auch bei 1:72 findet man zT Figuren die nicht gerade dem Maßstab entsprechen ;). Kommt eben alles auch auf den Hersteller, das Alter und den Verwendungszweck an...

Gruß Christian

T. Dürrschmidt

#17
Die Kritik an den Figuren verstehe ich gut. Das komische daran ist, wenn man sich mal länger mit 28mm Figuren und deren oft knubbeligem Stil beschäftigt, merkt man die falschen Proportionen fast gar nicht mehr. Sieht man sich dann z. B. eine Preiser-Figur an, wird man schnell wieder auf den eigentlichen Boden der Tatsachen zurückgeholt. Meine 28mm Figuren ernten meist die größte Kritik bei den alten Herren, die seit 50 Jahren anatomisch korrekte 30mm Flachfiguren anmalen.

In den kleinen Maßstäben ist m. E. ein gewisser Grad an Stilisierung notwendig, um bestimmte Details oder Charakterzüge einer Figur rauszustellen. Anatomisch falsch sind sie dennoch. Es stimmt natürlich, dass es auch in jedem Maßstab genug Beispiele von richtigen und falschen Proportionen gibt. Bei 28mm Wargaming-Figuren herrscht jedoch zugegeben eine gewisse Art von Gnomenhaftigkeit vor. Bei Herstellern wie Perry eher weniger, bei Mirliton eher mehr. Die Hände von den Jungs sind wirklich wahre Klodeckel. Ist letztlich Geschmackssache. In 1/72 (vor allem auf der Seite der Kleinhersteller) herrscht inzwischen vermehrt die anatomische Korrektheit. Denkt man an die Schwollschädel der ESCI- und Italieri-Figuren, hat sich doch einiges getan.

Hilft nix, ich zieh das jetzt durch.  :1:

Der Hoff

Ansich sind diese Dinge ja auch nur halb so schlimm und kommen in der Makro Aufnahme wahrscheinlich doppelt so schlimm rüber wie sie sind. Ich bin da wahrscheinlich von den 1:72 Minis von Valdemar, Hecker&Goros und Nikolai verwöhnt.

Ist halt schade, da man da nicht mehr macht, wenn man schon so tolle Posen herausbringt.

ZitatHilft nix, ich zieh das jetzt durch.  Zustimmen

Das hoff ich doch  :winken:

dirk r

Der "Haufen" macht schon etwas her - sieht gut aus.

Mich irritiert nur etwas die Augen, aber wahrscheinlich kommmt das nur auf dem Bild etwas unrealistisch rüber !?

Ich freu mich auf jeden Fall auf weitere Bilder von dir  !

T. Dürrschmidt

#20

Martinella-Glockenwagen. Seile etc. werden bei Aufbau des Dioramas ergänzt.


Nahaufnahme der Wagenbesatzung. Die Jungs steigern sich grad richtig rein. Eine Truhe und eine Leiter (der Ausstieg ist recht hoch) werde ich im Wagen noch unterbringen.

Viele Grüße

Thomas D.

Der Hoff

Sieht richtig gut aus, nein, nicht richtig, sondern erstklassig  :P :P :P

dirk r

Ist schon recht schick geworden, mein Freund !  :klatsch:

Aber wie schon im anderen Forum erwähnt, würde ich den roten Wagen noch etwas altern, abgenutzter aussehen lassen. Aber wahrscheinlich hast du das eh noch vor !

Freu ich schon auf deine nächsten Fortschritte !

T. Dürrschmidt

Hier schon mal die Schilde der begleitenden Ritter. Wappen teils handgemalt (auch der Hund), teils übermalte Decals (Wolf, Löwen etc.)


Der Hoff

In 1:72 sind die schon klein, bei 28mm noch immer. Hut ab, sehen wirklcih sehr gelungen aus. Schöne Details  :P :P :P